Wirtschaftsweise Grimm: „Bevölkerung muss sich auf Härten einstellen“

Die Wirtschaftsweise Veronika Grimm verkündet dem Land düstere Prognosen: Den Menschen drohen harte Zeiten und „reale Einbußen“. Die Ökonomin sieht besonderes Krisenpotenzial in der Wirtschaft und in der Gasversorgung. Zudem unterbreitet sie den Deutschen einen unbequemen Vorschlag.
Veronika Grimm
Die Wirtschaftsweise Prof. Dr. Veronika Grimm.Foto: Matthias Kehrein/Epoch Times
Von 13. August 2023

Die Menschen in Deutschland müssen sich in naher Zukunft auf harte Zeiten einstellen. Die Wirtschaftsweise Veronika Grimm warnt das Land vor den Folgen der aktuellen politischen, wirtschaftlichen und demografischen Situation.

In der gegenwärtigen Stagnationsphase der deutschen Wirtschaft komme es weniger darauf an, „ob wir knapp über oder unter der Nulllinie liegen.“ Das sagte die Ökonomin, die dem Sachverständigenrat der Bundesregierung angehört, den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.

„Fakt ist: In einer Phase mit sehr geringem oder sogar negativem Wachstum müssen sich die Menschen auf Härten einstellen. Es kommt zu realen Einbußen“, zitiert „t-online“ die Wirtschaftswissenschaftlerin.

Umbau der Wirtschaft ist teuer

Das sei laut der „Welt“ für Grimm eine große Herausforderung in einer Transformationsphase, insbesondere politisch. „Wichtig ist mir, dass die Politik den Leuten reinen Wein einschenkt und deutlich macht: Der Umbau der Wirtschaft zur Klimaneutralität kostet etwas – auch den einzelnen Bürger“, sagte Grimm.

Sie warf der Politik mangelnden Mut vor. „Fehlender Mut hat schon die Regierungszeit von Angela Merkel geprägt. Man geht immer nur so weit, wie man es dem Wähler verkaufen kann. Das geht mit der Ampelregierung so weiter.“

Die Kritik der Wirtschaftsweisen: „Man schielt immer auf die nächste Wahl, bei der man abgestraft werden kann, und traut sich nicht, das Notwendige zu tun. Und jetzt verspricht man in einem Umfang Fördermittel, in dem sich das nicht durchhalten lässt – auf Kosten des Handlungsspielraums zukünftiger Generationen.“

Bei Gas Menschen erneut sensibilisieren

Ein weiterer Punkt, den Grimm erwähnte, war die Energieversorgung. Auch bei der Gasversorgung könne es im Winter durchaus wieder eng werden – trotz der inzwischen gebauten Flüssiggasterminals. „Es gibt ja noch Länder in Europa, die russisches Gas beziehen, und wenn die Versorgung eingestellt würde, müssen wir zu Hilfe eilen“, sagte die Ökonomin.

„Was für den letzten Winter galt, gilt für diesen Winter auch. Und man kann hoffen, dass es wieder glimpflich abgeht.“ Idealerweise werde die Bevölkerung „ähnlich sensibilisiert wie im letzten Jahr – und heizt dann auch sparsamer“.

Derzeit sind Deutschlands Gasspeicher zu rund 91 Prozent gefüllt. Das ist laut NDR rund 14 Prozentpunkte über dem Mittel der Jahre 2017 bis 2021. Im vergangenen Winter hatte Deutschland ein mehr als ausreichenden Gasvorrat. Mit fast 79 Prozent Füllmenge waren die Gasspeicher zum 1. Februar sogar fast doppelt so voll wie die von der Bundesregierung anvisierten 40 Prozent der Kapazität.

Rente bald nicht mehr finanzierbar?

Darüber hinaus forderte die Wirtschaftsweise eine Anhebung des Renteneintrittsalters, wie „Merkur“ berichtet. „Es ist fraglos notwendig, das gesetzliche Rentenalter weiter anzuheben – man sollte die Regelaltersgrenze für den Renteneintritt an die Lebenserwartung koppeln“, sagte sie.

In der jetzigen Form sei die Rente auf absehbare Zeit nicht mehr finanzierbar, warnen Experten. Als Grund nannte Grimm den demografischen Wandel. Immer weniger Beitragszahler müssen für immer mehr Rentenbezieher aufkommen. Ein Ausweg aus dieser Misere sei die Anhebung des Renteneintrittsalters, die allerdings auf heftigen Widerstand – auch von Gewerkschaften – trifft.

„Die Formel in Zukunft könnte sein: Nimmt die Lebenserwartung um ein Jahr zu, so würden zwei Drittel des zusätzlichen Jahres der Erwerbsarbeit zugeschlagen und ein Drittel dem Ruhestand.“ Ausnahmen müsste es laut der „Tagesschau“ bei gesundheitlichen Beeinträchtigungen geben, sagte Grimm, die Mitglied des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung ist.

Grimm: Menschen sollen „länger arbeiten wollen“

Grimm beklagte außerdem eine zunehmende Zahl von Frühverrentungen. Um den Fachkräftemangel in Deutschland zu bekämpfen, müsse die Erwerbsbeteiligung auch bei Älteren steigen.

„Wir müssen dafür sorgen, dass die Menschen länger arbeiten wollen und auch können, dass also das tatsächliche Rentenalter steigt“, sagte sie. „Der Trend zur Frühverrentung darf sich nicht fortsetzen.“ Nach geltender Rechtslage wird die Altersgrenze ohne Rentenabschläge laut der FAZ schrittweise von 65 auf 67 Jahre angehoben. Für jene, die 1964 aufwärts geboren wurden, gilt die Regelaltersgrenze von 67 Jahren. Eine weitere Anhebung hat die Ampelkoalition bisher ausgeschlossen.

Grimm ist eines von fünf Mitgliedern im Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, der die Politik in grundsätzlichen ökonomischen Fragen berät. Das 1963 eingerichtete Gremium ist unabhängig und liefert unter anderem Jahres- und Sondergutachten sowie Konjunkturprognosen.



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