FDP-Kemmerich: Lieber Deutschlandkoalition statt Ampel im Bund
Kurz vor dem Landesparteitag der FDP in Thüringen hat sich ihr designierter Spitzenkandidat, Landesverbandschef Thomas Kemmerich (58), für einen Austausch der Grünen in der Bundesregierung starkgemacht. Ginge es nach ihm, so würde Deutschland besser von einem schwarz-rot-gelben Bündnis regiert.
Mit den Worten „Wir sind in einer rot-grünen Zitronenpresse und werden langsam zerquetscht“, beschrieb Kemmerich den aktuellen Zustand seiner FDP innerhalb der Bundesregierung gegenüber dem Nachrichtenmagazin „Spiegel“. Es sei für ihn deshalb kein Tabu, über einen Ausweg nachzudenken: „Wenn es nicht mehr geht, müssen wir raus aus der Ampel.“
FDP nur noch bei vier Prozent – wegen der Grünen?
Die FDP hatte bei Wahlumfragen zuletzt stark an Zuspruch eingebüßt. Eine Forsa-Studie maß am 17. Oktober bei der Sonntagsfrage bundesweit nur noch vier Prozent für die Freien Demokraten. Auch in Kemmerichs Bundesland Thüringen allein hatte das Meinungsforschungsinstitut INSA Mitte September vier Prozent für die FDP festgestellt. In beiden Fällen wäre die FDP nicht mehr in den Parlamenten vertreten.
Kemmerich sucht den Grund für den Niedergang seiner Partei offenbar vor allem beim grünen Ampelkoalitionspartner in Berlin. Die Grünen würden viel zu oft nur Politik für ihre eigene Wählerklientel machen, ohne Rücksicht auf die „gesellschaftlichen Folgen“ zu nehmen, meinte Kemmerich im „Spiegel“-Interview (Bezahlschranke). Das könne man etwa bei den Themen Klimapolitik oder Seenotrettung gut erkennen. „Und vielleicht muss man dann irgendwann die Frage stellen: Macht es noch Sinn, weiter zusammen den Weg zu gehen?“, fragte der frühere Kurzzeit-Ministerpräsident.
Zuweilen auf AfD-Stimmen angewiesen
Wie bereits im MDR-Sommerinterview von Anfang August sprach sich Kemmerich auf Landesebene erneut gegen eine Koalition mit der „Alternative für Deutschland“ (AfD), aber für einen pragmatischen Umgang mit ihr aus. So wolle die FDP im Erfurter Landtag demnächst ein Verbot von Windkraftanlagen im Wald vorschlagen – ein Antrag, der wahrscheinlich auch in den AfD-Reihen auf Zustimmung treffen wird. „Sollen wir jetzt darauf verzichten, nur weil die AfD ihn vielleicht unterstützen könnte?“, fragte Kemmerich. „Dann können wir uns gleich als Opposition verabschieden“.
De facto hatten FDP und CDU im Landtag bereits vor einem guten Monat gemeinsam mit der AfD für eine Gesetzesänderung gesorgt: Alle drei Fraktionen stimmten gegen den Willen der amtierenden rot-rot-grünen Minderheitsregierung Ramelow II für eine niedrigere Grunderwerbsteuer.
Die besonders von der CDU viel beschworene „Brandmauer“ war damit nicht zum ersten Mal durchbrochen. Für Kemmerich scheint sie ohnehin nicht mehr die allerwichtigste Rolle zu spielen: „Wie weit soll eine solche Mauer gehen?“, lautete die nächste rhetorische Frage des Oppositionspolitikers. Und er ergänzte: „Wir können unsere Arbeit doch nicht einstellen, nur weil Rot-Rot-Grün uns in eine bestimmte Ecke zu drängen versucht. SPD und Grüne hätten ja mit uns stimmen können“.
Kemmerich warnte zudem davor, die AfD-Wähler in einen Topf zu werfen: „Nicht jeder, der die AfD wählt oder darüber nachdenkt, sie zu wählen, ist ein Nazi“, stellte Kemmerich fest. Der Landesverfassungsschutz Thüringen beobachtet den AfD-Landesverband als „gesichert rechtsextremistisch“.
42. Landesparteitag der FDP Thüringen
Am Samstag, 21. Oktober, findet in Waltershausen der 42. Ordentliche Landesparteitag der FDP Thüringen statt.
Nach Parteiangaben steht die Vorbereitung der Wahlen zum Europäischen Parlament im Mittelpunkt. Außerdem soll Thomas Kemmerich erneut zum Spitzenkandidaten für die Landtagswahl am 1. September 2024 gekürt werden. Nach Agenturinformationen soll eine FDP-Liste für die Landtagswahl aber erst im kommenden Jahr aufgestellt werden.
Thüringen 2020: Kemmerich-Rücktritt nach Merkel-Intervention
Seit dem 4. März 2020 regiert in Thüringen ein rot-rot-grünes Bündnis unter der Regie des linken Ministerpräsidenten Bodo Ramelow. Die Linken hatten es bereits am 27. Oktober 2019 auf 31,0 Prozent der Stimmen gebracht, die SPD auf 8,2, die Grünen auf 5,2. Diese gemeinsamen 44,4 Prozent genügten zwar höchstens für eine geduldete Minderheitsregierung. Doch für CDU (21,7) und FDP (5,0) allein reichte es ebenfalls nicht für eine Mehrheit. Ein bürgerliches Bündnis von CDU, FDP und AfD (23,4 Prozent) hätte zwar zusammen 50,1 Prozent erreicht, war aber von den Christdemokraten und den Liberalen von vorneherein ausgeschlossen worden.
Trotzdem galt es bei der Abstimmung zur Wahl des Ministerpräsidenten am 5. Februar 2020 für die drei bürgerlichen Parteien, eine erneute Amtszeit des Linken Ramelow zu verhindern. Nach langem Hin und Her wählte die Mehrheit der Parlamentarier im Erfurter Landtag dann überraschend Thomas Kemmerich zum Ministerpräsidenten. Doch weil dies den überrumpelten FDP- und CDU-Abgeordneten nur mit den Stimmen der AfD-Fraktion gelungen war, schickte die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die gerade in Südafrika unterwegs war, sofort eine Botschaft, dass die Wahl ein „einzigartiger Vorgang“ und „unverzeihlich“ sei. Daher müsse die Wahl „rückgängig gemacht“ werden (Video auf „ZDF.de“).
Kemmerich beugte sich dem Druck und trat wenige Tage später zurück, ohne sein Kabinett ernannt zu haben. Am 4. März 2020 ging dann alles über die Bühne, wie von Merkel und großen Teilen der AfD-Konkurrenzparteien erwünscht: Bodo Ramelow gewann und ist seitdem Regierungschef in Thüringen. Da er sich nicht an sein Versprechen hielt, den Souverän vor Ablauf der Legislatur – nämlich schon 2021 – zum Urnengang zu rufen, ist er noch heute im Amt.
Das Bundesverfassungsgericht entschied zwar im Juni 2022, dass Merkels Einschreiten aus der Ferne die Rechte der AfD verletzt hatte, doch das änderte nichts mehr. Es gab keine rechtlichen Konsequenzen. (Video auf „Youtube.de“).
Mit Informationen von Agenturen.
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