Fortschritt in der Kernfusion? Deutsches Start-up erhält Millionen-Finanzierung

Ein deutsches Start-up-Unternehmen hat sich sieben Millionen Euro gesichert, um einen Reaktor für Kernfusion zu entwickeln. Kann ein neuer Ansatz die bisherigen Probleme dieser vielversprechenden Energiequelle lösen?
Kernfusion
Konzept des Kernfusionreaktors Wendelstein 7-X (W7-X).Foto: Bildschirmfoto YouTube, ‚Urknall, Weltall und das Leben‘

Das Münchner Start-up Proxima Fusion entwirft Fusionskraftwerke auf der Grundlage des Stellarator-Konzepts. Mit dem Max-Planck-Institut für Plasmaphysik (IPP) ging das neue Unternehmen für Kernfusion nun eine Kooperation ein und erhielt eine Pre-Seed-Finanzierung in Höhe von sieben Millionen Euro.

Das erste Fusionskraftwerk soll irgendwann in den 2030er-Jahren entstehen, teilte das Unternehmen in einer Pressemitteilung vom 30. Mai mit. Dieses soll auf Basis eines sogenannten Stellarators laufen. Die Stellarator-Technologie halten viele Fachleute für eine umsetzbare Fusionsenergie.

Kerne verbinden statt spalten

Heutige Kernkraftwerke basieren auf der Spaltung von Atomen und nutzen die dadurch entstandene Energie. Fusionsenergie entsteht hingegen, wenn die Kerne von zwei leichten Atomen zusammenkommen, um ein größeres Atom zu bilden.

Der Vorteil, den die Kernfusion gegenüber der Spaltung hat, ist, dass eine Fusion mehr Energie erzeugt. Zudem fallen bei der Fusionsenergie keine radioaktiven Abfälle oder direkte Emissionen an. Die Kernfusion ist ein üblicher Prozess in Sternen. Um diesen Prozess auf der Erde zu betreiben, müssen starke magnetische Felder eine hochenergetische ionisierte Materie, auch „Plasma“ genannt, kontrollieren.

Francesco Sciortino, Mitgründer von Proxima Fusion, erklärt die derzeitigen Ansätze, wie dies umgesetzt werden könnte. Es gibt Tokamaks und Stellaratoren. Beide sollen einen magnetischen „Käfig“ in donutförmigen Geräten erzeugen. „Stellaratoren verwenden einen komplexen Satz von Elektromagneten außerhalb des Plasmas, während Tokamaks externe Elektromagneten mit einem großen Strom innerhalb des Plasmas kombinieren. Das vereinfacht das Gesamtdesign, bringt jedoch erhebliche Kontrollherausforderungen mit sich“, erklärte Sciortino.

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Der Aufbau von Tokamaks und Stellaratoren. Foto: Bildschirmfoto YouTube

Aktuelle magnetische Geräte zur Kontrollierung des Plasmas erreichen in der Regel Plasmatemperaturen von über 100 Millionen Grad. Das ist zehnmal höher als die Temperatur im Kern der Sonne.

Stellarator vs. Tokamak

Obwohl Stellaratoren, wie der Wendelstein 7-X (W7-X) von Proxima Fusion, ein komplexeres Design als Tokamaks haben, bieten sie mehrere Vorteile. Stellaratoren können in einem stabileren Zustand arbeiten und gelten als eine „attraktive Lösung zur Bewältigung übermäßiger Wärmebelastungen auf Materialoberflächen“. Stellaratoren benötigen zudem weniger hinzugefügte Leistung, um das Plasma aufrechtzuerhalten.

Früher hatten Stellaratoren mehrere Nachteile, von denen die Forscher in den letzten Jahren viele beseitigen konnten. „Experimentelle Fortschritte von W7-X und jüngste Fortschritte in der Stellarator-Modellierung haben das Bild radikal verändert“, sagt Sciortino.

Trotz der guten Leistungen von W7-X könnte es noch lange dauern, bis Stellaratoren eine kommerzielle Energiequelle darstellen. Schätzungen gehen von etwa 25 Jahren aus.

Fortschritte bei der Kernfusion

Während seiner Aussage vor dem US-Senatsausschuss für Energie und natürliche Ressourcen am 15. September 2022 drückte Bob Mumgaard, CEO des privaten amerikanischen Fusionsunternehmens Commonwealth Fusion Systems, die Hoffnung aus, dass kommerzielle Fusionskraftwerke „ab Anfang der 2030er-Jahre ans Netz gehen könnten“.

Eine Umfrage der Fusion Industry Association aus dem Jahr 2022 ergab, dass der Sektor in diesem Jahr über 4,7 Milliarden Dollar (4,36 Milliarden Euro) an privaten Investitionen aufgebracht hat. Das ist eine Steigerung von über 2,8 Milliarden Dollar (2,6 Milliarden Euro) innerhalb eines Jahres.

Ein bedeutender Durchbruch in der Fusionsenergie gelang im Dezember 2022 Wissenschaftlern der National Ignition Facility des Lawrence Livermore Laboratory in Kalifornien. Sie schafften es, eine Fusionsreaktion auszulösen, die mehr Energie freisetzte als die ursprünglich zugeführte Energie. Das war das erste Mal in der Geschichte, dass die Kernfusion unter kontrollierten Bedingungen funktionierte.

Proxima Fusion ist ein Spin-off des IPP. Spin-off steht für die Ausgliederung einer Organisationseinheit aus bestehenden Strukturen zu einem eigenständigen Unternehmen. Anfang 2023 bildete sich Proxima Fusion. Zum Gründungsteam gehörten sechs ehemalige Wissenschaftler des IPP sowie des MIT (Massachusetts Institute of Technology, USA) und Google-X an. Der Stellarator W7-X ist im IPP beheimatet.

Prof. Sibylle Günter, wissenschaftliche Direktorin des IPP, sagte in einer Pressemitteilung: „Wir wollen mit unserer Forschung Stellaratoren Richtung Anwendungsreife weiterentwickeln. Durch den technologischen Fokus von Proxima Fusion sehen wir große Synergien in einer Kooperation und freuen uns auf die gemeinsame Arbeit in einer Public-Private-Partnership.“

Auch der Mitgründer Martin Kubie äußerte sich zu dieser visionären Form der Energieerzeugung: „Fusion ist die Herausforderung unserer Zeit. Unsere Aufgabe wird es sein, sie zu einer kommerziellen Realität zu machen. Im nächsten Jahr wird Proxima […] darauf abzielen, sein anfängliches Design für ein Fusionskraftwerk abzuschließen.“

(Mit Material von dem Artikel Real-World Nuclear Fusion: Startup Secures Over $7 Million for Energy Machine von theepochtimes.com.)



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