Umstellung auf Wasserstoff im Straßenverkehr könnte Emissionen senken – je nach Herstellung
Wasserstoffbetriebene schwere Nutzfahrzeuge könnten einen bedeutenden Beitrag zu Klimazielen leisten. Zu diesem Schluss kommen Forscher des Potsdamer Instituts für transformative Nachhaltigkeitsforschung (IASS). Anhand mehrerer Szenarien untersuchten die Forscher den hypothetischen Umstieg auf den Treibstoff Wasserstoff. Woher dieser stammt, bleibt ungewiss.
Insbesondere der Schwerlastverkehr sei eine „tief hängende Frucht“ des Klimaschutzes. Führen alle LKW mit Wasserstoff, könnten die Emissionen um bis zu 57 Megatonnen CO2-Äquivalente sinken. Das entspricht etwa sieben Prozent der derzeitigen deutschen Treibhausgasemissionen.
„Kaum Fortschritte im Straßenverkehr“ – (Kein) Stillstand seit 30 Jahren?
Fahrzeuge mit Brennstoffzellen auf Wasserstoffbasis „bieten im Vergleich zu batterieelektrischen Fahrzeugen Wettbewerbsvorteile hinsichtlich schwerer Lasten, längerer Reichweiten und kürzerer Tank- beziehungsweise Ladezeiten“. Dementsprechend seien Nutzfahrzeuge (einschließlich Bus und LKW) „eine erwägenswerte Möglichkeit auf dem Weg zur Dekarbonisierung des Straßenverkehrs“.
Der Verkehrssektor gilt nach wie vor als einer der emissionsintensivsten Bereiche. Nach Angaben der Potsdamer Forscher war der deutsche Verkehr für 18,4 Prozent der CO2-Emissionen verantwortlich. 96 Prozent davon stammen von Straßenfahrzeugen. Weiter schreiben die Forscher:
Während Deutschland seine Emissionen seit 1990 in den meisten Wirtschaftsbereichen senken konnte, wurden im Verkehrssektor kaum Fortschritte erzielt. Der Verkehr ist es, der Deutschlands Ziel einer (dauerhaften) 40-prozentigen Reduktion der Treibhausgasemissionen bis 2020 im Vergleich zu 1990 vereitelt.
Klimaziele dank Corona-Lockdown doch noch erreichbar
Während 1990 jedoch nur etwa 30 Millionen PKW zugelassen waren, fuhren 2015 schon 44 Millionen PKW. Bei etwa gleichbleibenden Gesamtemissionen des Verkehrssektors bedeutet dies eine Verringerung der Emissionen im Verkehrssektor um etwa 30 Prozent.
Statt technischem Stillstand in der Motorenentwicklung sind also das Wachstum der Fahrzeugflotte, immer längere Strecken und zusehends übermotorisierte Fahrzeuge für die vermeintlich steigenden Emissionen verantwortlich.
Aufgrund außerordentlicher Umstände könne Deutschland seine Klimaziele für 2020 doch noch erreichen. Ein derartiger Stillstand kann jedoch keine Lösung sein. Dementsprechend erwarten die Forscher nicht, dass es sich um eine dauerhafte Reduzierung handelt. Im Juni erreichten die Emissionswerte nahezu Vorjahresniveau.
Mehr Emissionen bei Umstellung auf „falschen“ Wasserstoff
Auch die Wirkung der Umstellung auf Wasserstoff sei nicht selbstverständlich. Nach Analyse der Forscher ändern sich die Emissionen bei einer vollständigen Umstellung auf Wasserstoff jährlich zwischen -179 und +95 Megatonnen CO2-Äquivalenten.
Entscheidend für die Emissionsreduktion ist die Art und Weise der Produktion von Wasserstoff.
Grüner Wasserstoff – das heißt auf Basis regenerativ betriebener Wasserelektrolyse – führt zum größten Einsparungspotenzial. Dabei könnten flüchtige organische Kohlenwasserstoffe (VOCs), Stickoxide (NOx) und Kohlenmonoxid (CO) um bis zu 42 Prozent sinken.
Wird die Elektrolyse hingegen aus dem aktuellen, überwiegend fossilen, Strommix gespeist, steigen die Emissionen. Man müsse jedoch nicht alle Fahrzeuge (sofort) auf Wasserstoff umstellen.
„Nach unseren Berechnungen würden wir, wenn lediglich das Segment der schweren Nutzfahrzeuge diesen Übergang vollziehen würde, bereits fast ein Drittel der möglichen [Gesamtwirkung] erreichen. […] Eine eindeutig tief hängende Frucht“, so die Forscher. Zudem hat Wasserstoff die höchste Energiedichte nach Masse (nicht nach Volumen) und kann auch durch unsteten Wind- und Solarstrom erzeugt werden.
Doch anders als das IASS schreibt kann reiner Wasserstoff weder in herkömmlichen Gasleitungen, per Schiff oder LKW transportiert noch an der Tankstelle wie Diesel getankt werden. Eine gefahrlose, unkomplizierte Verwendung wird erst durch die Umwandlung in andere – flüssige – Energieträger wie Methanol, Ethanol oder durch die Bindung an sogenannte LOHC-Stoffe möglich.
(Mit Material des Instituts für transformative Nachhaltigkeitsforschung (IASS))
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