Bund der Steuerzahler und Wirtschaftsexperten warnen: Corona-Krise als Vorwand für Schulden-Exzesse

Dafür, dass Ausnahmesituationen wie die Corona-Krise auch haushaltspolitische Ausnahmen von der Normalität erfordern, zeigt Reiner Holznagel vom Bund der Steuerzahler Verständnis. Er befürchtet allerdings, dass die Krise zum Vorwand für neue Rekord-Schulden wird.
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Reiner Holznagel, Präsident des Bundes der Steuerzahler.Foto: Britta Pedersen/dpa
Von 12. Oktober 2020

Namhafte Wirtschaftsjournalisten und der Bund der Steuerzahler haben der Bundesregierung vorgeworfen, die Corona-Krise als Universal-Ausrede für eine enthemmte Schuldenpolitik heranzuziehen. Dies bezieht sich unter anderem auf eine Rekord-Neuverschuldung durch Kreditaufnahmen für Ausgaben im Zusammenhang mit der Krisenbewältigung, aber auch auf Weichenstellungen, die in die Zukunft reichen – etwa im Zusammenhang mit der Pflegeversicherung.

Bund der Steuerzahler: „Scholz löst alte Schulden durch neue ab“

Im Interview mit dem „Morning Briefing“-Podcast von Gabor Steingart warnt der Präsident des Bundes der Steuerzahler, Reiner Holznagel, die Bundesregierung nutze die Corona-bedingte Ausnahmesituation aus, um neue Schulden-Exzesse zu rechtfertigen.

Mit neuen Schulden würden „zunehmend allgemeine Politik-Wünsche auf breiter Front finanziert, die in keinem direkten Zusammenhang mit der Bewältigung der Pandemie stehen“, lautet der Vorwurf. Darüber hinaus lasse Bundesfinanzminister Olaf Scholz nicht erkennen, welches Konzept er entwickelt habe, um jene 119 Milliarden Euro zu tilgen, die über die Regel-Neuverschuldung hinaus vom Bund aufgenommen wurden, um die Corona-Folgen zu bewältigen.

Laut Beschluss der Koalition sollten diese ab dem Jahr 2023 über 20 Jahre abgezahlt werden. Wie das in Anbetracht eines Schuldenstandes von 80 Prozent der Wirtschaftsleistung, der für 2021 erwartet wird, funktionieren solle, bleibe jedoch offen. Holznagel argwöhnt, dass Scholz alte Schulden durch neue ablösen wolle.

Stabilisierung der vergangenen Jahre am Ende

Der Schuldenuhr des Bundes der Steuerzahler zufolge steige die Gesamtschuldenlast aller Gebietskörperschaften in Deutschland mittlerweile um 10.242 Euro pro Sekunde. Das sei ein Rekordwert in der 25-jährigen Geschichte des Instruments.

Dass in den vergangenen Jahren durch Ansätze von Haushaltsdisziplin eine Stabilisierung und 2018 und 2019 sogar ein leichter Rückgang zu verzeichnen war – zuletzt um 66 Euro pro Sekunde -, sei nun ein Höchstwert erreicht, der den bisherigen Rekord von 4.439 Euro aus dem Jahr 2009 um mehr als das Doppelte übersteigt.

Die Schulden der Banken seien dabei nicht einmal mit umfasst. „Wir fokussieren uns ausschließlich auf den Staat“, erklärt Holznagel. „Die Schuldenuhr umfasst lediglich die Schulden des Bundes, der Länder und der Kommunen.“

Im laufenden Jahr werden Bund und Länder etwa 330 Milliarden Euro an neuen Schulden aufnehmen, 218 Milliarden davon der Bund. Auch für das nächste Jahr ist eine Neuverschuldung auf Bundesebene von 96 Milliarden Euro vorgesehen.

Schulden-Exzesse nicht mehr mit Corona begründbar

Holznagel sagte dazu: „Dass Bund und Länder die Not-Option der Schuldenbremse in der Krise gewählt haben, ist nachvollziehbar. Doch jetzt schießen sie mit ihrer Rekord-Neuverschuldung weit über das Ziel hinaus.“

In Krisenzeiten sei die Schuldenuhr immer wieder mal schneller gelaufen, so der Steuerzahlerbund-Präsident. So sei der bisherige Höchststand 2009 die Konsequenz aus der Finanzkrise gewesen. So schnell wie derzeit lief sie jedoch noch nie. Die Entwicklung nannte Holznagel „gefährlich“, schließlich müssten die Schulden eines Tages auch zurückgezahlt werden:

„Dies bedroht natürlich auch die Stabilität in Deutschland. Sicherlich, wir sind gemessen am Bundesinlandsprodukt noch etwas davon weg, aber wichtig bleibt, dass Bund und auch Länder zurückfinden zu einer soliden Haushaltspolitik.“

Vor der Corona-Krise hätte Olaf Scholz sich als Verteidiger der „Schwarzen Null“ und eines sorgsamen Haushaltens präsentiert, mittlerweile habe er sich jedoch deutlich gewandelt. Besonders beängstigend sei, dass er „keinen Sparwillen zeigt, überhaupt keine Prioritäten setzt“ und im Bundesfinanzministerium das Motto „Viel hilft viel“ gelte.

Da auch auf europäischer Ebene selbst mittlerweile massenhaft Schulden aufgehäuft würden, sei mit entsprechenden Rückforderungen an die öffentliche Hand zu rechnen und vor allem Deutschland werde dafür haften müssen. Er sehe derzeit nicht, so Holznagel, dass in Deutschland oder anderen europäischen Ländern mit den immensen Summen, die nun zur Verfügung stünden, etwas Sinnvolles gemacht werde.

Spahns teure „Investition in die Mitmenschlichkeit“

Aber nicht nur die aktuelle Ausgabenpolitik zur Bewältigung der Corona-Folgen, der Olaf Scholz seine Zustimmung gegeben hat, ruft Skepsis hervor. In der „Welt“ zitiert Chefökonomin Dorothea Siems Experten, die davor warnen, Bundesgesundheitsminister Jens Spahn könne mit seinen Weichenstellungen in der sozialen Pflegeversicherung zu einer Kostenexplosion beitragen. Diese würde von jüngeren Generationen nicht mehr bewältigt werden können.

Spahn selbst preist seine Pflegereform als „Investition in die Mitmenschlichkeit in einer alternden Gesellschaft“ an, die Pflegebedürftige und deren Angehörige entlasten und die Arbeitsbedingungen für Beschäftigte im Pflegesektor verbessern solle.

Ein zentraler Punkt dabei sei die Deckelung des Eigenanteils an den Pflegekosten auf 700 Euro monatlich für maximal drei Jahre. Über die etwas mehr als 25.000 Euro Selbstbehalt hinaus sollen die Pflegekosten über einen Bundeszuschuss an die Pflegekasse finanziert werden. Die jährlichen Gesamtkosten, die dadurch entstehen, schätzt Spahn auf sechs Milliarden Euro.

„Obwohl die Ausgaben in keinem anderen Zweig des Sozialsystems derart steil in die Höhe gehen, werden ohne Rücksicht auf die Kosten immer wieder neue Verbesserungen beschlossen“, kommentiert Siems. „Die langfristigen Finanzierungsprobleme als Folge des demografischen Wandels werden auf diese Weise noch vergrößert.“

Kostenexplosion seit Einführung der Pflegeversicherung

Seit Einführung der Pflegeversicherung, die einst unter Sozialminister Norbert Blüm,  im Jahr 1995, auf der Basis des Umlageverfahrens konzipiert worden war, seien die Ausgaben von fünf auf zuletzt 44 Milliarden Euro im Jahr angewachsen.

Allein das dreistufige Reformkonzept von Spahns Amtsvorgänger Hermann Gröhe zwischen 2013 und 2017 hatte zu einem Ausgabenplus von mehr als 50 Prozent beigetragen. Kernpunkte waren unter anderem eine Neuerung für Demenzkranke, die eine eigene Pflegestufe zuerkannt bekamen, und höhere sowie zudem dynamisierte Leistungsversprechen.

Spahn wiederum setzte das „Pflegepersonalstärkungsgesetz“ durch, das zusätzliche Pflegestellen und bessere Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten schaffen sollte. Er setzte sich zudem für einen Flächentarifvertrag im Bereich der Altenpflege ein, der weitere jährliche Milliardenkosten zur Folge haben sollte. Zudem setzte er durch, dass Angehörige bis zu einem Einkommen von 100.000 Euro im Jahr nicht mehr für die Pflegekosten der Eltern herangezogen würden.

Anreiz zur Abschiebung in Heime?

Nicht zuletzt diese Regelung wird von Kritikern als Schritt in Richtung „Vollkaskoversicherung in der Pflege“ kritisiert. Damit würden – entgegen den ursprünglichen Leitgedanken der Begründer der Pflegeversicherung – auch eine Vielzahl an Personen von der Kostenbeteiligung ausgenommen, die eigentlich dazu in der Lage wären.

Die „Welt“ zitiert den Finanzwissenschaftler Bernd Raffelhüschen von der Universität Freiburg, der von einem „neuen Erbenschutz-Programm“ spricht und erklärt, dies nütze „nur denen, die ein Vermögen haben, das sie bisher für die Pflege aufbrauchen“. Zudem könnten sich Personen, die zur Beteiligung herangezogen werden könnten, „für maximal 25.000 Euro freikaufen“ – was den Anreiz verstärke, Pflegebedürftige ins Heim abzuschieben.

Mehrheit der Alten würde Reformen zugunsten Jüngerer verhindern

Die Corona-Krise habe die Sozialversicherungssysteme in zusätzliche Engpässe manövriert, sodass der Bund bereits im laufenden Jahr 1,8 Milliarden Euro als Bundeszuschuss in die Pflegekasse leisten müsse und auch für 2021 mit einem ähnlichen Zuschuss zu rechnen sein werde.

Langfristig würde die Pflegereform Ökonomen zufolge in Anbetracht der demografischen Entwicklung die Beitragszahler überfordern. Die Zahl der Pflegebedürftigen würden vor allem nach 2030 stark ansteigen, weil dann die geburtenstarken Jahrgänge der Babyboomer nach und nach hochbetagt sein werden.

Dass die Politik keine nennenswerten Anstrengungen treffen werde, um diesem Trend gegenzusteuern, etwa durch späteren Renteneintritt oder mehr kapitalgedeckte Vorsorge, sei auch der Wahlarithmetik geschuldet:

„In einer alternden Gesellschaft sind höhere Steuerzuschüsse, zumal wenn sie über neue Schulden finanziert werden, […] leichter durchzusetzen.“




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