Geschäftsmodell Pensionskasse: Wer zahlt, wenn der Arbeitgeber insolvent ist ?

Pensionskassen im Zinsdilemma, die BaFin macht sich Sorgen. Hier lesen Sie, was Sie bei Leistungskürzungen und Insolvenz Ihrer Pensionskasse tun können. Aktuell sind bereits 31 von 139 Pensionskassen in einer wirtschaftlichen Schieflage und stehen unter Aufsicht der BAFin.
Titelbild
Versicherungsnehmer können bei Insolvenz des Arbeitgebers leer ausgehen. Das Bundesarbeitsministerium will das Betriebsrentengesetz anpassen. BaFin-Chef Dr. Frank Grund sieht Pensionskassen wegen der Niedrigzinsen bedroht.Foto: iStock
Von 9. Dezember 2019

Millionen Arbeitnehmer sparen für ihren Lebensabend in einer Pensionskasse. Doch im schlimmsten Fall könnte es zu einer Kürzung oder gar einem kompletten Ausfall kommen.

Dr. Frank Grund, Exekutivdirektor Versicherungs- und Pensionsfondsaufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) erklärte nun gegenüber dem „Report Mainz“ von ARD:

Pensionskassen sind durch die aktuelle Niedrigzinsphase besonders betroffen. (…) Wir beobachten die Situation mit Sorge.“

Leistungskürzungen wegen wirtschaftlicher Schieflage

„Die Niedrigzinsphase führt dazu, dass es für die Pensionskassen immer schwieriger wird, an den Kapitalmärkten die Erträge zu erzielen, die bei Abschluss der Verträge als Garantie festgelegt wurden“, sagte Georg Thurnes, stellvertretender Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft betriebliche Altersvorsorge gegenüber Focus. Der Garantiezins beträgt laut Statista aktuell 0,9 Prozent (2009: 2,25 Prozent und 1999: 4 Prozent).

Aktuell sind bereits 31 von 139 Pensionskassen in einer wirtschaftlichen Schieflage und stehen unter Aufsicht der BAFin. Doch welche, verrät die BaFin nicht. Diese Pensionskassen müssen Sanierungs­pläne vorlegen. Drei Pensionskassen machten in den letzten Monaten bereits von Kürzungen Gebrauch – die Kölner Pensions­kasse, die Caritas Pensions­kasse und die Deutsche Steuerberater-Versicherung.

Was Rentner tun können

Wenn die Pensionskasse die Betriebs­rente kürzt oder wegen Insolvenz nicht zahlen kann, muss der ehemalige Arbeitgeber haften. Der Rentner bekommt dann von diesem die Betriebsrente aufgestockt.

Hinweis: Der Rentner muss den ehemaligen Arbeitgeber aber auch auffordern, den Ausgleich zu zahlen, betont Klaus Stiefermann, Geschäfts­führer der Arbeits­gemeinschaft für betriebliche Alters­versorgung (Aba).

Kleine und mittlere Unternehmen kann dies jedoch in existenzielle Schwierigkeiten bringen, warnt der „Versicherungsbote„.

Für 21 von 139 Pensionskassen gibt es Ausnahmen, nämlich jene, die freiwillig eine Mitgliedschaft bei dem Sicherungsfonds Protektor abgeschlossen haben. Hier kommt der Fonds auf.

Gut zu wissen: Mitglied bei Protektor dürfen – unter weiteren Voraussetzungen – nur ‚deregulierte‘ Pensionskassen werden, ‚regulierte‘ Pensionskassen können nicht beitreten. ‚Regulierte‘ Pensionskassen dürfen im Unterschied zu ‚deregulierten‘ ihre Leistungsversprechen brechen, denn sie dürfen höhere Betriebsrente zusagen, als es sich nach dem Garantiezins ergeben würde.

Keine Rente bei Insolvenz des Arbeitgebers

Wichtig wird die Unterscheidung, wer zahlt, wenn der Arbeitgeber insolvent ist. Für Pensionskassen, die bei Protektor Mitglied sind, kommt der Fonds auf. Hier können Sie sehen, ob Ihre Pensionskasse Mitglied bei Protektor ist. Für alle anderen Pensionskassen gibt es keinen Schutz. Ist der Arbeitgeber insolvent, gehen Sie endgültig leer aus.

Hinweis: Das Bundesarbeitsministerium plant, diesen Fall künftig über den Pensions-Sicherungs-Verein abzusichern. Allerdings dürften die Versicherungsbeiträge des Arbeitgebers extrem steigen. 

Die aktiven Anwartschaften bei Pensionskassen belaufen sich gemäß Altersversorgungsbericht auf 4,8 Millionen (aktuellster Stand 2015). Von der Änderung könnten nach Schätzungen des Bundesarbeitsministeriums rund drei Millionen Versicherungsnehmer, 20.000 Arbeitgeber und 100 Pensionskasse betroffen sein, wie das Handelsblatt berichtete.

Auch Selbstständige gehen leer aus, da es hier keine Arbeitgeber gibt.

Was Arbeitnehmer tun können

Wenn die Pensionskasse schon während der Einzahlphase in eine wirtschaftlichen Schieflage gerät, bietet es sich an, den Vertrag beitragsfrei zu stellen. Das ist vor allem dann sinnvoll, wenn der Arbeitnehmer einen nicht unwesentlichen Beitrag zahlt.

Wenn der Arbeit­geber den Großteil zahlt, sollte der Vertrag weiterlaufen, rät Finanztest. Für den Arbeitgeber bedeutet dies aber eine höhere finanzielle Belastung.

Merten Larisch, Experte für Altersvorsorge bei der Verbraucherzentrale Bayern rät im Interview mit Focus Arbeitnehmern außerdem dazu, ihre Rentenlücke überprüfen zu lassen und, wenn man kann, mehr zurückzulegen.

Für Unternehmen finanzielles Aus möglich

Ivan Mlinaric, Geschäftsführer der Quant.Capital Management GmbH  meint:

Ich befürchte, dass der Niedrigzins manche Pensionskasse überlebt. (…) Es ist mittlerweile sehr klar, dass der niedrige Zins nicht einfach ausgesessen werden kann.“

Für die Pensionskassen sieht er nur drei Handlungsmöglichkeiten: mehr Geld einzahlen, weniger auszahlen oder mit dem Kapital höhere Renditen erzielen, wobei die beiden ersteren Lösungen „verständlicherweise sehr unpopulär“ sind.

Sinnvoll könnten weniger Anleihen und mehr Investments in risikoreichere Anlageklassen sein. Da sich hier aber eine parallele Entwicklung im Auf- und Abschwung zeichnet, solle man möglichst jede einzelne Position gegen Risiken absichern.



Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion