Öl-Staaten verringern Fördermenge – Wohin entwickeln sich nun die Spritpreise?

Die Verlängerung der Ölförderkürzungen durch Saudi-Arabien und Russland treibt den Ölpreis auf ein Jahreshoch. Was bedeuten diese Entwicklung für Autofahrer an der Zapfsäule?
Eine Berliner Aral-Tankstelle weist kurz nach Ende des Tankrabatts bereits erhöhte Spritpreise aus.
Der Rohölpreis steht auf einem Jahreshoch. Früher oder später wird sich das an den Tankstellen bemerkbar machen.Foto: Christoph Soeder/dpa
Von 9. September 2023

Saudi-Arabien verkündete die Verlängerung seiner Ölförderungskürzung um eine Million Barrel täglich bis zum Ende des Jahres. Das schreibt das „Handelsblatt“ und beruft sich hier auf eine entsprechende Erklärung der saudischen Nachrichtenagentur.

„Diese zusätzliche freiwillige Kürzung erfolgt, um die Vorsichtsmaßnahmen der OPEC+-Staaten zu verstärken, die Stabilität und das Gleichgewicht der Ölmärkte zu unterstützen“, hieß es in dem Bericht unter Berufung auf einen nicht genannten Vertreter des saudischen Energieministeriums.

Am vergangenen Dienstag hatte auch schon Russland erklärt, das Land werde seine Ölfördermenge bis zum Ende des Jahres weiter um 300.000 Barrel täglich kürzen. Mit diesen Angaben zitierte die staatliche Nachrichtenagentur Tass am Dienstag den stellvertretenden Ministerpräsidenten und früheren Energieminister Alexander Nowak.

Ölpreis stieg auf Jahreshoch

Insgesamt werden dem Weltmarkt damit von beiden Ländern 1,3 Millionen Barrel täglich entzogen. Das löste am Ölmarkt sofort Wirbel aus. Die Referenzsorte Brent wurde kurz nach dem Durchsickern der Entscheidungen mit 90 Dollar pro Barrel (je 159 Liter) gehandelt. Brent ist für Europa die wichtigste Rohölsorte. Die Preise von etwa 60 Prozent der weltweit gehandelten Ölsorten werden ihren Eigenschaften entsprechend mit einem Auf- oder Abschlag zum Brent-Preis versehen. Dieses Preisniveau von Öl gab es seit November letzten Jahres nicht mehr.

Schon seit Juni drosselt der Ölverbund OPEC+ die Fördermengen. Damit versuchte man sich gegen die aus ihrer Sicht zu niedrigen Ölpreise zu stemmen. Bis jetzt hatte das noch sehr wenig Einfluss auf den Ölpreis. Mit der Verlängerungsverkündung durch die beiden wichtigsten Staaten innerhalb der Ölallianz hat sich der Wind nun aber gedreht.

Der Finanzmarkt hatte durchaus mit einer Verlängerung der Förderdrosselung gerechnet. Allerdings spekulierte man lediglich auf eine Verlängerung von einem Monat.

Für eine Belastung des Rohölmarktes sorgten zuvor schon die schlechten Konjunkturdaten aus China. China ist eines der größten Ölverbrauchsländer der Welt.

Spritpreise nicht gerechtfertigt

Für die deutschen Autofahrer sind diese Entwicklungen keine guten Nachrichten. Die Spritpreise dürften steigen. Gerade erst teilte der Autoclub ADAC mit, dass in den letzten Wochen der Spritpreis sank, nachdem er im Juli angestiegen war.

Laut einer ADAC-Auswertung vom 5. September müssen Autofahrer für einen Liter Super E10 im bundesweiten Durchschnitt im Moment 1,874 Euro bezahlen. Auch Diesel wurde laut ADAC-Angaben billiger: Ein Liter kostet durchschnittlich 1,786 Euro.

Der Preisrückgang komme „auf den ersten Blick unerwartet“, schreibt der Automobilclub. Insbesondere im Hinblick auf den Preisanstieg des Rohölpreises ist der Abfall des Spritpreises tatsächlich ungewöhnlich. Allerdings hält der ADAC das Grundniveau, auf dem sich der Spritpreis seit Monaten befindet, deutlich zu hoch. Daher betonte der Club immer wieder, dass der Anstieg vor allem seit Juli nicht gerechtfertigt sei. Seit Monaten seien die Preise an den Tankstellen deutlich überhöht. Der ADAC sieht daher weiter „großes Potential für zusätzliche Preissenkungen.“

Ob es diese Preissenkung geben wird, ist eher unwahrscheinlich. In der Vergangenheit war es immer wieder so, dass die Konzerne Preiserhöhungen zur Anhebung des Spritpreises nutzten – gesunkene Rohölpreise allerdings nur sehr zögerlich in Form von Absenken des Spritpreises weitergaben.

„Wir sehen einen angespannten Erdölmarkt“

Der Rohölmarkt wird in diesem Jahr vermutlich wenig positive Signale senden. Carsten Fritsch, Rohstoffexperte bei der Commerzbank, sagte gegenüber der „Rheinischen Post“: „Wir sehen einen angespannten Erdölmarkt.“

Fritsch glaubt, dass der Ölpreis ab 2024 wieder fallen könnte. „Die Prognosen legen nahe, dass sich der Erdölmarkt Anfang des kommenden Jahres wieder entspannen wird“, so der Rohstoffexperte. Hierbei könnte die wirtschaftliche Entwicklung Chinas eine wichtige Rolle spielen.

Im ersten Halbjahr war die Nachfrage nach Öl in China deutlich gestiegen. Das sei ein Nachholeffekt nach Aufhebung der Corona-Beschränkungen, erklärte Fritsch. „Die Nachfragedynamik dürfte in den kommenden Monaten nachlassen, weil der Nachholeffekt inzwischen abgeschlossen ist und die chinesische Konjunktur an Schwung verliert. China könnte deshalb mehr Benzin exportieren, was sich preisdämpfend auswirken würde.“

CO₂-Abgaben steigen im nächsten Jahr

Ein anderer Umstand könnte das Absenken des Spritpreises im kommenden Jahr dann doch infrage stellen: Anfang 2024 wird die CO₂-Abgabe auf Benzin und Diesel erhöht. Die ursprünglich für 2023 vorgesehene Erhöhung des CO₂-Preises hatte die Bundesregierung wegen der Energiepreiskrise verschoben. Anfang des kommenden Jahres soll die CO₂-Abgabe nach bisheriger Planung auf 35 Euro pro Tonne ausgestoßenes Kohlendioxid steigen. Aktuell liegt die Abgabe bei 30 Euro pro Tonne. Laut ADAC würde eine Erhöhung auf 35 Euro pro Tonne zu einem Aufschlag von etwa 1,5 Cent pro Liter Diesel oder Benzin führen.

Die Reduzierung der Fördermenge und die daraus resultierende Erhöhung des Ölpreises könnten die Bemühungen, die Inflation zurückzudrängen, erschweren.

In den vergangenen Monaten erhöhten Zentralbanken wie die Europäische Zentralbank (EZB) und die US-Notenbank (Fed) die Zinssätze, um die anhaltend hohe Inflation einzudämmen. Kürzlich gab der US-Notenbanker James Bullard zu, dass die Reduzierung der Fördermenge die Aufgabe der Fed nicht einfacher mache.

Ob die Entscheidung Russlands und Saudi-Arabiens großen Einfluss auf die Entwicklung der Verbraucherpreise haben wird, bleibt abzuwarten. In den letzten Monaten hatten die Energiepreise weniger Einfluss auf die allgemeine Teuerung als zuvor. Die Preisanstiege bei Dienstleistungen und Lebensmitteln fallen bei der Preisentwicklung inzwischen viel stärker ins Gewicht. Daher könnten die Energiepreise bei zukünftigen Zinsentscheidungen der Zentralbanken in den Hintergrund rücken.



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