Seit Januar: Ein Drittel weniger Pkw-Neuzulassungen – 100.000 Jobs wegen Umstellung auf E-Auto gefährdet

Allein aufgrund des Wandels der Autoindustrie zur Elektromobilität werden rund 100.000 Arbeitsplätze verloren gehen, erwartet Ferdinand Dudenhöffer. Im ersten Halbjahr 2020 sanken die Neuzulassungen von Pkw in Deutschland um knapp 35 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
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Warten auf einen COVID-19-Test am 7. Juli 2020 in Austin, Texas.Foto: Sergio Flores/Getty Images
Von 14. Juli 2020

Ferdinand Dudenhöffer, Direktor des Center Automotive Research (CAR) Duisburg, erwartet für Autobauer und Zulieferer aufgrund des Wandels zum E-Auto den Abbau von Produktionskapazitäten. „Nach unserer Einschätzung kostet die Krise in Deutschland gut 100.000 Arbeitsplätze in der Automobil- und Zulieferindustrie.“

Hinzu käme, dass Automobilhersteller versuchen, die Produktion wieder mehr in ihre eigenen Werke zu holen und Zulieferer abzustoßen. „Sei es bei den elektrischen Antriebssträngen oder bei der Software für die Betriebssysteme der Fahrzeuge. Die entsprechenden Arbeitsplätze gehen dann im Zweifel bei den Zulieferunternehmen verloren.“

Er schätzt, dass in diesem Jahr nur noch rund 3,4 Millionen Pkw in Deutschland gebaut werden meist mit Benzin- und Dieselmotoren. Im Jahr 2011, auf dem Höchststand der Produktion, waren es 5,9 Millionen Fahrzeuge.

Rund 6 Millionen Arbeitsplätze hängen von Autoindustrie ab

„An keiner anderen Branche der Privatwirtschaft hängen so viele Jobs in Deutschland wie an der Automobilindustrie“, hieß es in der „Zeit“. Zum Jahresende 2019 beschäftigte die reine Autobranche rund 833.000 Menschen, wie der Verband der Automobilindustrie VDA berechnete. Die Zahlen basieren auf Angaben des Statistischen Bundesamtes.

Die „Welt“ sprach davon, dass von diesen „allein durch den Umstieg auf die Elektromobilität bis zum Jahr 2030 netto voraussichtlich 15 bis 20 Prozent verloren gehen“ werden.

Die Autoindustrie benötigt umfangreiche Vorleistungen wie Gummi, Kunststoffe und Metalle und Dienstleistungen (Handel, Verkehr, Lager, Werbung und Studien). Alles in allem könnten rund 1,8 Millionen Arbeitsplätze eng mit der Autoindustrie – oder vier Prozent aller Erwerbstätigen – verbunden sein.

Auf nochmal rund das Vierfache kommt Arndt Kirchhoff, geschäftsführender Gesellschafter der Kirchhoff-Gruppe und Vizepräsident des VDA: „Die Autoindustrie ist einfach der allergrößte Hebel. Davon hängen mehr als sechs Millionen Arbeitsplätze ab.“ Insgesamt gibt es um die 45 Millionen Beschäftige in Deutschland.

Neuzulassungen von Pkw gesunken

Im ersten Halbjahr 2020 sanken die Neuzulassungen von Pkw in Deutschland um knapp 35 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Wie das Kraftfahrt-Bundesamt mitteilte, gingen die privaten Zulassungen sogar um 38,2 Prozent zurück. Gewerbliche Zulassungen nahmen mit minus 29,0 Prozent etwas weniger ab.

In der EU ging die Zahl der Neuzulassungen von Pkw im Mai um rund 52 Prozent zurück (im April waren es 76 Prozent). So der europäische Herstellerverband Acea. Es wurden nur 581.161 Neuwagen im Mai EU-weit zugelassen, im Vorjahresmonat waren es über 1,2 Millionen.

Auch der Weltmarkt für Pkw schrumpft. Er wird nach Angaben des VDA im Jahr 2020 wohl um 17 Prozent auf rund 65,9 Millionen Einheiten zurückgehen.

Auf dem chinesischen Markt wurden hingegen erstmals seit fast zwei Jahren sechs Prozent mehr Nutzfahrzeuge verkauft als zuvor: 1,6 Millionen.

Die Anzahl der Autowerke wird abnehmen

„In Europa gibt es derzeit eine Überkapazität für den Bau von 1,5 bis 1,6 Millionen Fahrzeugen im Jahr, das entspricht fünf bis sechs Werken“, so die „Welt“.

Die deutsche und europäische Automobilindustrie muss ihre Fertigungskapazität für Pkw mit Verbrennungsmotoren um etwa zehn Prozent reduzieren, es werden einfach nicht mehr so viele Autos mit Benzin- oder Dieselmotoren gekauft werden.“

Das einzige Autowerk, welches derzeit komplett neu erbaut wird, ist das Tesla-Werk in Grünheide bei Berlin. Tesla liefert nur relativ kleine Stückzahlen aus, ist jedoch an der Börse aktuell mehr wert als alle großen deutschen und US-Autobauer zusammen.

„Die Kernkompetenz, die Tesla so wertvoll macht, liegt weniger im Feld E-Mobilität“, so der Vorstandschef des zweitgrößten Autozulieferers Continental, Elmar Degenhart, zu dpa. Entscheidend seien „Elektronik-Architekturen, deren Programmierung, drahtlosen Updates, die damit verbundenen Sicherheitsanforderungen und die Vernetzung des Autos mit der Cloud“.

Tesla könnte in Corona-Zeiten „die Auslieferungen gegen den Trend um rund 20 bis 35 Prozent steigern“, vermutet der Autobranchen-Experte der NordLB, Frank Schwope. Damit würde Musk auch hier mittelfristig als Gewinner aus der Viruskrise hervorgehen.

(Mit Material der Agenturen)



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