Von China lösen: So können die „Five Eyes“-Staaten die strategische Abhängigkeit überwinden

Eine Studie der Henry Jackson Society hat zum Ergebnis, dass die Staaten der „Five Eyes“-Allianz, darunter die USA, Großbritannien und Australien, in zahlreichen Kategorien strategisch von China abhängig sind. Nun wollen Politiker wie Marco Rubio handeln.
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Ein mit Containern beladenes Frachtschiff am 14. Januar 2020 in einem Hafen in Qingdao im Osten der chinesischen Provinz Shandong.Foto: STR/AFP über Getty Images
Von 9. Juni 2020

In einem umfangreichen Bericht hat sich der US-amerikanische Think-Tank „Henry Jackson Society“ (HJS) mit der Frage der Verwundbarkeit der USA und der anderen Mitglieder der „Five Eyes“-Allianz durch strategische Abhängigkeit von China befasst. Den Five Eyes gehören neben den USA noch Großbritannien, Australien, Neuseeland und Kanada an. Die größte strategische Abhängigkeit ist bei Australien zu verzeichnen.

Im Zuge der Untersuchung wurden „Comtrade“-Data der Vereinten Nationen genutzt. Insgesamt wurden 5.910 Produktkategorien betrachtet, die als besonders bedeutungsvoll im Sinne einer strategischen Abhängigkeit gesehen werden können.

Als strategisch abhängig gilt ein Land, wenn mehr als 50 Prozent der Importe eines bestimmten Guts aus China kommen, wenn es ein Nettoimporteur dieses Guts ist oder China mehr als 30 Prozent des Weltmarktes für dieses Gut kontrolliert.

Australien am stärksten unter den Five Eyes von China abhängig

Five-Eyes-Mitgliedstaaten sind den Ergebnissen der Studie zufolge in 831 unterschiedlichen Importkategorien von China abhängig, das besonders Problematische daran: 260 davon werden der „Kritischen Nationalen Infrastruktur“ (CNI) zugerechnet.

Dazu gehören elektronische Geräte ebenso wie Laptops und Mobiltelefone sowie eine Vielzahl an Bestandteilen zur Fertigung derselben. Auch fertige Pharmaprodukte oder Grundstoffe sind betroffen, die zur Herstellung von Antibiotika, Schmerzmitteln oder medizinischen Präparaten gegen Viren benötigt werden.

Am stärksten von strategischer Abhängigkeit betroffen sind Pazifik-Anrainerstaaten. Australien ist in 595 Produktkategorien auf Importe aus China angewiesen, davon in 167, die zur CNI gehören. In Neuseeland besteht die Abhängigkeit in 513 Produktgruppen, davon sind 144 CNI. In den USA sind es 424 (114), in Kanada 367 (83) und in Großbritannien 229 (57).

Sofortmaßnahmen – Abhängigkeit abbauen

Um den Abhängigkeiten entgegenzuwirken und den damit verbundenen Gefahren gegenzusteuern, empfiehlt die HJS mehrere Sofortmaßnahmen. Zum einen sollte es eine Gesetzgebung geben, die Überprüfungen zulässt, wo im Bereich von Rohstoffen, Komponenten und komplexen Versorgungsketten Abhängigkeiten von China bestehen.

Außerdem sollen die strategischen Industrien identifiziert und priorisiert werden, bei denen es erforderlich sei, sie vor Abhängigkeit von China zu schützen. Auch bilaterale Handelsvereinbarungen und solche auf internationaler Ebene sollten unter die Lupe genommen und darauf geprüft werden, ob sie mit dem Ziel, strategische Abhängigkeit von China zu verhindern, vereinbar seien. Zusätzlich solle überlegt werden, inwieweit eine Vertiefung bestehender Handelspartnerschaften mit anderen Nationen die Abhängigkeit von China reduzieren würde.

In weiterer Folge stehen drei Strategien zur Verfügung, um die eigenen Freiräume gegenüber dem totalitären Regime zu bewahren.

Die erste ist jene der negativen Entflechtung, die zum Ziel hat, China den Zugang zu strategischen Industrien zu verwehren. Dazu zählen Gesetze und Mechanismen, um die Kontrolle Chinas über strategische Industrien oder Diebstahl geistigen Eigentums zu verhindern. Auch Sanktionen infolge unfairer Handelspraktiken und Gesetze auf nationaler Ebene, um die eigene Autonomie in Bezug auf strategische Industrien zu sichern, fallen in diesen Bereich.

Versorgungsketten aus China verlagern und eigene Qualifikationen stärken

Die zweite Strategie wäre die positive Entflechtung – durch die Schaffung geeigneter Rahmenbedingungen auf nationaler Ebene, um strategische Industrien im eigenen Land aufblühen lassen zu können.

Eine nationale Wirtschaftsstrategie müsste in diesem Bereich den Zugang zu strategischen Bedarf für die Industrien sicherstellen, wenn möglich ganze Versorgungsketten ins eigene Land zurückverlagern, eine Verbesserung der eigenen Infrastruktur sicherstellen, die Autonomie über Schlüsselbereiche stärken und STEM-Qualifikationen im eigenen Land forcieren.

Der dritte Ansatz wäre die kooperative Entflechtung. Hier geht es darum, dass die Five-Eyes-Staaten ihre Kooperation untereinander und mit ihren internationalen Partnern ausbauen. Es solle dabei unter anderem eruiert werden, wo Mitgliedsländer Güter aus China importieren, die sich durch solche aus Partnerländern oder verlässlichen Drittländern substituieren ließen. Gleichzeitig geht es um eine gemeinsames und abgestimmtes Vorgehen, um chinesischen Zugriff auf strategische Industrien zu vermeiden.

Politiker in allen Mitgliedstaaten wollen HJS-Empfehlungen umsetzen

Die Ansätze sollten demnach nicht nur auf Ebene der Five Eyes, sondern auch im Rahmen multilateraler Handelsabkommen verfolgt werden – von der Transpazifik-Partnerschaft über die Partnerschaft der Südostasiatischen Nationen bis hin zum Abkommen zwischen den USA, Mexiko und Kanada. Zudem solle eine Freihandelszone im gesamten Bereich der Five Eyes angestrebt werden.

Die Studie der HJS hat bereits jetzt Abgeordnete in allen Mitgliedstaaten dazu veranlasst, auf nationaler Ebene Initiativen zur Umsetzung der Empfehlungen in die Wege zu leiten.

In den USA ist Floridas Senator Marco Rubio die treibende Kraft hinter den Bemühungen. Aber auch unter den Torys in Großbritannien und in konservativen Parteien der anderen Mitgliedstaaten gewinnt die Idee an Rückenwind, den Handel mit potenziell feindlichen Mächten wie China zu reduzieren und eine Eigenversorgung im Bereich elementarer Güter von strategischer Wichtigkeit aufzubauen.



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