Von der „DDR light“ zum nationalen Sozialismus? Ökonom warnt vor Teufelskreis der Verteilungspolitik

Sozialismus wird national, sobald ihm das Geld anderer Leute ausgeht – In einem Kommentar für „Cicero“ diagnostiziert Unternehmensberater Daniel Stelter nicht nur eine tiefgreifende Beratungsresistenz etablierter Politiker und Medien.
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Sozialismus auf dem Papier kann verlockend aussehen ...Foto: iStock
Von 15. Oktober 2018

Der renommierte Ökonom und Unternehmensberater Daniel Stelter hat sich auf „Cicero“ mit akademischen Studien und der Frage beschäftigt, wie Medien und Politik sich diese so zurechtbiegen, dass sie ihren politischen Agenden dienen.

Als abschreckendes Beispiel nennt Stelter dabei insbesondere die sogenannte Populismus-Studie, die jüngst von der Bertelsmann-Stiftung veröffentlicht wurde und die vor allem klare politische Handlungsempfehlungen abgibt, mit denen die Autoren augenscheinlich offene Türen einrennen: mehr Staat, mehr Umverteilung. Nur so ließen sich mehr für „Populismus“ anfällige Menschen wieder für die etablierte Politik begeistern.

Bei genauerer Betrachtung zeige sich jedoch mitnichten, dass Deutschland über ein überdurchschnittliches Armutsrisiko, über eine besonders weit auseinanderlaufende Einkommensschere oder über besonders niedrige Steuern verfüge. Im Gegenteil: Zahlen der OECD zeigten eher das Gegenteil. Die verfügbaren Einkommen der ärmsten zehn Prozent seien zwischen 2007 und 2014 schneller gewachsen als das sogenannte Mittlere Einkommen, was einem geringeren Ausmaß an Ungleichheit entspreche.

Einwanderung in Sozialsysteme verstärkt Armutsrisiko und Ungleichheit

Stattdessen mache offenbar ein ganz bestimmtes Thema den Unterschied zwischen „populistischem“ und „unpopulistischem“ Lager: Migration und Flucht. Doch dieses Thema passe nicht zu der gewünschten Nachricht, so Stelter:

„Besser ist es doch, statt sich dem eigentlichen Thema zu widmen, die Unzufriedenheit großer Bevölkerungsteile dazu zu nutzen, um auf anderen politischen Gebieten aus der Angst vor der AfD Kapital zu schlagen. Höhere Steuern, mehr Umverteilung und immer stärkere staatliche Eingriffe stehen auf dem Programm.“

Die Migration sei vielmehr einer der wenigen Faktoren, die tatsächlich das Armutsrisiko zumindest relativ erhöhten: Während nämlich bei der Bevölkerung ohne Migrationshintergrund das Armutsrisiko bei 11,3 liege, sei es bei Menschen mit direktem Migrationshintergrund bei 22,2 Prozent, bei Nachkommen nach Deutschland eingewanderter Menschen nur noch bei 16,1 Prozent.

Der insgesamt festzustellende Anstieg der Armutsquoten liege entsprechend weniger daran, dass die Bevölkerung insgesamt ärmer geworden sei, sondern dass der Anstieg an direkten Einwanderern, also Personen mit statistisch deutlich höherem Armutsrisiko, zu einer Veränderung ihrer Zusammensetzung geführt habe.

Die derzeit praktizierte Einwanderungspolitik trage erst zu höherem Armutsrisiko und mehr Einkommensungleichheit bei – die dann wiederum als Rechtfertigung herangezogen würden, nach noch mehr Umverteilung zu rufen und diese zu praktizieren. Dies wiederum belaste die ohnehin durch die Folgen verfehlter Politik unter Druck geratene Mittelschicht noch stärker und mache es dieser unmöglich, Vermögen aufzubauen.

Statt die Migrationspolitik anzupassen, weite man die Verteilungspolitik noch weiter aus. Die stimmenstarken Kohorten der Wähler im Rentenalter ködere man durch zusätzliche Leistungsversprechungen in diesem Bereich ein, obwohl die verdeckten Schulden des Staates für Renten und Pensionszusagen schon heute unfinanzierbar seien.

Auch „die Reichen“ haben immer weniger übrig

Die linkspopulistische Antwort auf dieses mehrfache Staatsversagen sei dann noch mehr staatliche Verteilungspolitik – zu Lasten der „Reichen“. Aber die Wahrscheinlichkeit, schon als Mittelschichtangehöriger diesen zugerechnet zu werden, steigt zunehmend an. Stelter dazu:

[…] immer, wenn die Politik von ‚den Reichen‘ spricht, meint sie eigentlich diejenigen, die gut verdienen. Doch Reichtum und ein hohes Einkommen sind zwei verschiedene Sachverhalte.

Der Spitzensteuersatz (also der Höchstsatz vor der ‚Reichensteuer‘) wird bereits ab einem Einkommen von knapp über 54.000 Euro fällig – das entspricht rund dem 1,3-fachen des Durchschnittseinkommens. Zum Vergleich: 1965 musste man noch das 15-fache des Durchschnittseinkommens verdienen, um den Spitzensteuersatz zu bezahlen. Auf heute übertragen wären das mehr als 620.000 Euro.“

Die Verhinderung der Vermögensbildung aus eigener Arbeit durch hohe Steuern und die dadurch bewirkte Beschränkung sozialer Mobilität bewirke, dass auch von nominell hohen Verdienstsummen immer weniger übrig bleibe – insbesondere dann, wenn die Immobilien- und Mietpreise weiter steigen.

Auch bei den Vermögen habe die Ungleichheit zugenommen, während Deutschland im internationalen Vergleich ohnehin über ein verhältnismäßig geringes Durchschnittsvermögen verfüge.

„Der Großteil der Bevölkerung verfügt über kaum Ersparnisse und hält diese hauptsächlich in Form von Geldvermögen“, erklärt Stelter dazu. „Im Gegensatz zu den Besitzern von Sachvermögen (Immobilien und Unternehmensbeteiligungen) profitieren sie damit nur wenig von der Politik des billigen Geldes der Europäischen Zentralbank.“

Noch mehr und noch tiefere Eingriffe in die Märkte

Erst eine Entlastung der Mittelschicht könne die Entwicklung umkehren und den Menschen wieder Raum geben, um Vermögen aufzubauen und für das Alter vorzusorgen. Bei der Förderungspolitik sollten zudem nicht Geldvermögen wie Riesterverträge oder Pensionsfonds im Vordergrund stehen, sondern Anlagen in Produktivvermögen und Immobilien.

Gegen den sogenannten Populismus helfe also nicht mehr, sondern weniger Umverteilung. Zudem seien drei Faktoren entscheidend: Abgabenentlastung, Förderung der Vermögensbildung in produktiven Anlageformen und Begrenzung der Zuwanderung in das Sozialsystem.

Aber, so Stelter: „Alle drei Punkte passen jedoch nicht in die ideologischen Vorstellungen jener, die mit Hilfe mehr oder weniger fundierter Studien und daraus abgeleiteten politischen Empfehlungen (mit Erfolg!) versuchen, die öffentliche Meinung und damit die Politik des Landes zu beeinflussen.“

Demgegenüber strebe die Politik noch weitreichendere Eingriffe in die freie Wirtschaft und die Vertragsfreiheit an. Mietpreisbremsen und die Kürzung der Modernisierungsumlage machen das Vermieten von Wohneigentum teurer und werden für eine weitere Verknappung des Angebots sorgen. Auch werde es weniger an Investitionen in den Wohnungsbau geben.

„Richtig wäre, das Wohnungsangebot durch erleichterten Dachausbau und vor allem durch das Mobilisieren von Flächen zu vergrößern“, meint der Ökonom. „In Berlin beispielsweise gibt es viele Freiflächen, auch das Gelände des ehemaligen Flughafens Tempelhof ließe sich sofort bebauen. Dies aber ist von staatlicher Seite nicht gewollt.“

Sozialismus wird national, sobald ihm das Geld anderer Leute ausgeht

Während kritische Stimmen die Entwicklung des Landes zu einer „DDR light“ eher mit Blick auf gesellschaftspolitische Richtungsentscheidungen und die Redefreiheit beklagen, spricht Stelter von einer solchen Tendenz in ökonomischer Hinsicht:

Hohe Abgaben, immer mehr Empfänger von Transferleistungen und Immobilien, die mangels Investitionen langsam verrotten. Hauptsache, es bleibt uns eine weitere Radikalisierung und Polarisierung der Gesellschaft erspart. Doch das ideologisch motivierte Verdrängen der eigentlichen Ursache hinter der Zunahme populistischer Tendenzen in unserer Gesellschaft wird dazu führen, dass diese nicht schwinden, sondern zunehmen.“

Sozialistische Staatswesen zeigen unterdessen immer wieder das gleiche Muster: Wo einem umfassenden Verteilungsstaat die Mittel ausgehen, werden seine Möglichkeiten, darauf zu reagieren, immer geringer. Eine Option war immer die – nicht selten von erheblicher staatlich geduldeter Gewalt begleitete – umfassende Zwangsenteignung noch vorhandener vermögender Bevölkerungsteile, etwa „Kulaken“ in der Sowjetunion, „Junker“ in der DDR oder Farmer in Simbabwe oder Südafrika.

Eine andere war die Beschränkung sozialer Wohltaten auf eine enger gefasste Gruppe von Empfängern, beispielsweise im Sinne eines „nationalen Sozialismus“. Eine solche Gefahr sieht Stelter auch in Deutschland:

„Wer in einer solchen Situation wider besseres Wissen eine Kampagne für noch mehr Umverteilung lanciert, läuft man Gefahr, den Populisten ein weiteres Thema zu liefern. Er legt die Basis für eine wahrhaft national-sozialistische Bewegung. Der Front National in Frankreich ist schon auf diesem Kurs. Die AfD bewegt sich rasch in diese Richtung. Ein hoher Preis für das Leugnen der wahren Ursachen des zunehmenden Populismus.“



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