Blühendes Leben in völliger Dunkelheit – Forscher warnen vor Lichtverschmutzung in der Arktis
Ein internationales Forscherteam spricht im Zuge der arktischen Polarnacht von zunehmender „Lichtverschmutzung“. Die arktische Polarnacht ist eine Zeit, in der die Sonne nicht in einem 24-Stunden-Zyklus aufgeht und „unter dem Horizont“ bleibt. Es ist dunkel, aber nicht vollständig. In der Tierwelt vermuteten Forscher in dieser Zeit eine Inaktivität.
Vor allem bei den kleinsten Organismen ging man bislang davon aus, dass der Mangel an Licht sie größtenteils ruhen lässt. Seit einem Jahrzehnt erforscht ein internationales Forscherteam die Polarnacht. Ziel ist, zu erkennen, wie Organismen im Dunkeln überleben.
Im Verlauf ihrer Forschungen erkannte man, dass allein schon das Licht der Forschungsschiffe ausschlaggebend ist. Die Lichter auszuschalten und mit autonomen Unterwasserfahrzeugen (ohne Licht) zu forschen, brachte ganz neue Forschungsergebnisse. Beispielsweise hat das Forscherteam Vögel beobachten können, die auf der Jagd nach Plankton und Krill in den dunklen Ozean eintauchten. Man konnte sogar beobachten, wie Tiefwasserfische in nur 2 Meter tiefen Seetangbetten nach Nahrung suchten.
Lichtverschmutzung ausschlaggebend für die Tierwelt
Forschungsleiter Jørgen Berge, Biologe am „The Arctic University of Norway“ erklärt: „Da die Sonne am Himmel kaum sichtbar ist, wird die relative Bedeutung des Mondes, der Sterne und sogar der Aurora Borealis immer wichtiger.“ Das internationale Team konnte nun herausfinden, wie die Lichtintensität das Verhalten der Tiere verändert. Die in „Communications Biology“ veröffentlichte Studie besagt, dass schon eine kleine Lichtquelle die Organismen beeinflussen.
Einige Lebewesen reagierten auf Lichtwerte von nur einem Millionstel des Tageslichts. Vor allem Algenzellen stellten sechs Wochen vor der Rückkehr des Sonnenlichts auf einen photoaktiven Zustand um. Die Forscher sind sich sicher, dass alle früheren hiesigen biologischen Untersuchungen vom Plankton bis zu den Fischbeständen grundlegend überdacht werden müssen.
Der Studienleiter erklärt: „Wir konnten lichtregulierte biologische Prozesse dokumentieren, die während der gesamten Polarnacht noch andauern“, sagte Berge. „Viele Fisch- und Zooplanktonarten bleiben aktiv und wandern über einen Zeitraum von 24 Stunden vertikal in der Wassersäule. Diese Wanderungen werden durch kleine Änderungen des Sonnenlichts oder des Mondlichts vollständig reguliert.“
Algen ermöglichen die Hälfte allen Lebens
Der Biologe Geir Johnsen bestätigt, dass diese Licht-Empfindlichkeit überaus intensiv sei und auch wichtige Konsequenzen habe. „Sogar das Licht eines Forschungsschiffs oder eines Schiffes, das die Bestandsgröße von Zooplankton und Fischen schätzt, kann Organismen bis zu 200 Meter unter der Meeresoberfläche beeinflussen.“
Johnsen erklärt in der Studie: „Sie können entweder vom Licht angezogen werden oder vor ihm fliehen. All dies macht es sehr schwierig, etwas Genaues über Verhalten oder der Populationen zu sagen. Das kann – vor allem in der Nacht – die Bestandsaufnahme von Fischen weltweit beeinflussen.“
Laut den Forschern wird das Bild zunehmend komplizierter. Die wachsende menschliche Aktivität in der Arktis in Bezug auf Fischerei, Öl und Gas, Mineralgewinnung, neue Transportwege und Tourismus nimmt rapide zu. Infolge der „Lichtverschmutzung“ gilt die Arktis heute als eine Region mit der am schnellsten wachsenden Verschmutzung.
Laut Johnsen ist es für Forscher wichtig, so viel wie möglich über die Funktionsweise dieses Ökosystems zu lernen, bevor es irreparabel verändert wird. „Ungefähr 50 Prozent des Sauerstoffes, den wir atmen, stammt von diesen mikroskopisch kleinen Algen in den Weltmeeren. Ohne diese Schlüsselgruppen gäbe es kein Leben. So einfach ist das“, sagt er. (cs)
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