Heiß, hoher Druck und schneebedeckt: 300 km tiefer Eisen-„Schnee“ im Erdkern entdeckt

Schnee im Erdinneren scheint ein Widerspruch an sich zu sein, doch es gibt nicht nur "Wasserschnee". Forscher der Universität Texas sprechen von "Eisenschnee", winzige Eisenpartikel, die aus dem Äußeren Erdkern fallen und bis zu 300 km hohe Schneehaufen bilden.
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Eisenschnee im Erdkern.Foto: ts/EpochTimes / iStock
Epoch Times26. Dezember 2019

Das Erdinnere ist heiß, unter immensem Druck — und schneebedeckt. Das ist das neueste Ergebnis der Forschungsarbeiten an der University of Texas (TU) in Austin. Dieses Wissen könnte in Zukunft den Forscher helfen, die Kräfte, die auf den gesamten Planeten wirken, besser zu verstehen.

Der „Schnee“ besteht aus winzigen Eisenpartikeln – viel schwerer als jede Schneeflocke auf der Erdoberfläche. Die Partikel fallen aus dem geschmolzenen äußeren Kern aus und türmen sich auf dem inneren Kern auf. Dadurch entstehen mehr als 300 Kilometer dicke Schneehaufen, die den inneren Kern bedecken.

Ein außerirdisches Winterwunderland im Erdkern

Das Bild mag wie ein außerirdisches Winterwunderland klingen, aber die leitenden Wissenschaftler der Forschung sagten, es sei ähnlich wie die Bildung von Gestein im Inneren von Vulkanen.

„Der metallische Kern der Erde funktioniert wie eine Magmakammer, die wir in der Kruste besser kennen“, sagt Jung-Fu Lin, Professor an der Jackson School of Geosciences an der TU und Mitverfasser der Studie in einer Pressemitteilung.

Da der Erdkern nicht direkt durch den Menschen erforscht werden kann, nutzen Wissenschaftler Signale von seismischen Wellen (eine Art Energiewelle). Allerdings haben die Abweichungen zwischen den jüngsten Daten über seismische Wellen und den Werten, die aufgrund des aktuellen Modells des Erdkerns zu erwarten waren, Fragen aufgeworfen: Die Wellen bewegen sich langsamer als erwartet, wenn sie die Basis des äußeren Kerns durchqueren, und sie bewegen sich schneller als erwartet, wenn sie die östliche Hemisphäre des oberen inneren Kerns durchqueren.

Eine vereinfachte Grafik des Erdinneren, wie es die neue Forschung beschreibt. Die weißen und schwarzen Schichten stellen eine Schlammschicht mit Eisenkristallen dar. Die Eisenkristalle bilden sich in der Schlammschicht des äußeren Kerns (weiß). Diese Kristalle „schneien“ bis zum inneren Kern, wo sie sich anhäufen und zu einer darüber liegenden Schicht verdichten (schwarz). Die verdichtete Schicht ist auf der westlichen Hemisphäre des inneren Kerns (W) dicker als auf der östlichen Hemisphäre (E). Foto: University of Texas at Austin/Jackson School of Geosciences

Schlammschicht in den 1960er Jahren

Die Studie schlägt den eisernen schneebedeckten Kern als Erklärung für diese Abweichungen vor. Der Wissenschaftler S. I. Braginkskii schlug bereits in den frühen 1960er Jahren vor, dass zwischen dem inneren und äußeren Kern eine „Schlammschicht“ aus Eisenpartikeln existiert. Dagegen sprach jedoch das vorherrschende Wissen über die Hitze- und Druckbedingungen in der Kernumgebung.

Neue Daten aus Experimenten an kernähnlichen Materialien, die aus der neueren wissenschaftlichen Literatur gezogen wurden, ergaben jedoch, dass eine Kristallisation möglich ist. Außerdem könne etwa 15 Prozent des untersten äußeren Kerns aus eisenbasierten Kristallen bestehen. Diese würden schließlich in den flüssigen äußeren Kern fallen und sich auf dem festen inneren Kern absetzen.

„Es ist eine bizarre Sache, darüber nachzudenken“, sagte Nick Dygert, Assistenzprofessor an der University of Tennessee. „Man hat Kristalle im äußeren Kern, die über mehrere hundert Kilometer auf den inneren Kern herabrieseln.“

Schematischer Aufbau der Erde. Foto: Dantor/Wikimedia Commons

Ähnliche Prozesse an Erdoberfläche fassbar

Die Forscher weisen auf die angesammelte Schneedecke als Ursache der seismischen Abweichungen hin. Die schlickerartige Zusammensetzung verlangsamt die seismischen Wellen. Die Variation der Schneehaufengröße – dünner auf der östlichen Hemisphäre und dicker im Westen – erklärt die Geschwindigkeitsänderung.

„Die innere Kerngrenze ist keine einfache und glatte Oberfläche, was die Wärmeleitung und die Konvektionen des Kerns beeinflussen kann“, sagte Youjun Zhang, Professor an der Universität Sichuan in China und Leiter der Studie.

In der Studie vergleichen die Forscher das Schneien von Eisenpartikeln mit einem Prozess, der im Inneren von Magmakammern näher an der Erdoberfläche abläuft. Dabei kristallisieren zunächst die Mineralien aus der Schmelze und verkleben anschließend miteinander. In den Magmakammern entsteht durch die Verdichtung der Mineralien die sogenannten „Kumulate“. Im Erdkern trägt die Verdichtung des Eisens zum Wachstum des inneren Kerns und zum Schrumpfen des äußeren Kerns bei.

Nahaufnahme eines Kumulates (sulfidischer Metatroctolith) vom Johns-Manville Riff, Beartooth Mountains, Montana (USA). Foto: James St. John/Wikimedia Commons

Magnetfeld, Plattentektonik und die Entstehung des Erdkerns

Die Forscher hoffen nun, zentrale Fragen über den Einfluss des Erdkerns auf Phänomene und die Funktionsweise dieser Prozesse beantworten zu können. Dies betreffe von der Erzeugung des Magnetfeldes bis zur Abstrahlung der Wärme, die die Bewegung der tektonischen Platten antreibt.

Bruce Buffet, ein Professor für Geowissenschaften an der Universität von Kalifornien, untersuchte ebenfalls das Innere des Planeten und ist der festen Überzeugung, dass sich die Forschung mit langjährigen Fragen über das Erdinnere auseinandersetzt und sogar dazu beitragen könnte, mehr über die Entstehung des Erdkerns zu erfahren.

Er sagte: „Wenn wir die Modellvorhersagen mit den anomalen Beobachtungen in Beziehung setzen, können wir Rückschlüsse auf die mögliche Zusammensetzung des flüssigen Kerns ziehen. Dann können wir diese Informationen vielleicht mit den Bedingungen verbinden, die zum Zeitpunkt der Entstehung des Planeten herrschten.“ (TU/ts)



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