Tödliche Falle: Die Anziehungskraft von stinkendem Plastik auf Meeresschildkröten

Neue Forschungen zeigen, dass auf der im Ozean schwimmenden Plastik sich innerhalb einer Woche eine Schicht aus Algen und Mikroorganismen bildet – und die Plastik für Meeresschildkröten nach Nahrung riecht.
Meeresschildkröte
Meeresschildkröte.Foto: iStock
Von 10. März 2020

Meeresschildkröten auf der ganzen Welt sind durch Plastikabfälle aus dem Meer bedroht, vor allem durch Verschlucken und Verfangen. Nun veröffentlichten Forscher in der Zeitschrift Current Biology neue Beweise, die erklären, warum all das Plastik für die Schildkröten so gefährlich ist: Sie verwechseln den Geruch von stinkendem Plastik mit Nahrung.

„Wir haben herausgefunden, dass Unechte Karettschildkröten auf Gerüche von biologisch verunreinigtem Plastik genauso reagieren wie auf Nahrungsgerüche. Dies deutet darauf hin, dass Schildkröten nicht nur durch das Aussehen, sondern auch durch den Geruch von Plastikabfällen angezogen werden“, sagte Joseph Pfaller von der University of Florida.

„Diese ‚Geruchsfalle‘ könnte eine Erklärung dafür sein, warum Meeresschildkröten so häufig Plastik aufnehmen und sich darin verfangen“, erklärte Pfaller weiter.

Unerwünschte Ansiedlungen bedrohen Meeresschildkröten

Dieser Prozess wird „Biofouling“ genannt und bezeichnet die Ansiedlung von Mikroben, Algen, Pflanzen und Kleintieren auf nassen, künstlichen Oberflächen. Diese unerwünschten Anhaftungen sind auf Holz und Plastik, sowie Metall, wie beispielsweise Schiffsrümpfe, möglich.

Man hat lange geglaubt, dass Meeresschildkröten Plastik sehen und es visuell mit Beute, wie zum Beispiel Quallen, verwechseln. Doch Pfaller und seine Kollegen erkannten, dass über die sensorischen Vorgänge, die Meeresschildkröten zu Plastik locken könnten, wenig bekannt war.

Darüber hinaus fand Mitautor Matt Savoca von der Stanford University heraus, dass die Geruchsstoffe, die Meeresräuber zur Suche nach guten Futterplätzen verwenden, auch von biologisch verunreinigten Plastiktrümmern stammen können.

Zur Bestätigung ihrer Theorie untersuchten die Forscher das Verhalten 15 junger Unechter Karettschildkröten und ihre Reaktion auf verschiedene Geruchsstoffe. Zu den Test-Gerüchen gehörten deionisiertes Wasser sowie sauberes Plastik als Kontrollwerte ebenso wie die Gerüche von (vermeintlichem) Futter aus Fisch- und Garnelenmehl oder biologisch verunreinigtes Plastik.

Die Verhaltensstudien ergaben, dass Meeresschildkröten auf biogefaulten Kunststoff genauso reagierten wie auf ihr Futter. Im Vergleich zu den Kontrollwerten von Wasser und sauberer Plastik hielten die Schildkröten ihre Nasen mehr als dreimal länger aus dem Wasser, um einen guten Eindruck zu bekommen.

„Kunststoffproblem im Ozean ist komplexer als Plastiktüten“

„Wir waren überrascht, dass Schildkröten auf Gerüche von biologisch verunreinigtem Plastik mit der gleichen Intensität reagieren wie auf ihr Futter „, sagte Pfaller. Die Forscher erwarteten, dass die Schildkröten auf Futter stärker reagieren würden, „da sie es seit fünf Monaten riechen und fressen.“ Die starke Reaktion auf die mit Algen besetzte Plastik überraschte ihn.

Laut dem Forscher seien zukünftige Studien notwendig, um besser zu verstehen, welche Chemikalien die Kunststoffen emittieren, die das Interesse der Schildkröten wecken. Außerdem soll untersucht werden, wie Geruchsstoffe im Wasser ins Spiel kommen könnten. Die neuen Erkenntnisse zeigen jedoch auch, dass Kunststoffe aller Art für Meeresschildkröten und andere Meerestiere Probleme darstellen.

„Das Kunststoffproblem im Ozean ist komplexer als Plastiktüten, die wie Quallen aussehen oder ein verirrter Strohhalm in der Nase einer Schildkröte“, sagte Pfaller. „Es sind beunruhigende Teile des Puzzles, aber alle Plastiktüten stellen eine Gefahr für Schildkröten dar.“



Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion