Deutsches U-Boot nach 75 Jahren aufgetaucht – Kommandant (96) spricht in „Bild“ über Versenkung seiner U-23

Vor knapp 75 Jahren versenkt, entdeckten Forscher im Schwarzen Meer das Wrack eines U-Bootes. "Ich habe keine Zweifel. Das ist U-23", so die Forscher. Nun spricht der letzte Kapitän der U-23, Rudolf Arendt (96) über seinen letzten Befehl aus Berlin: "Versenken!"
Epoch Times5. Februar 2019

Wie der türkische Fernsehsender TRT World berichtet, haben Forscher vor dem Küstenbezirk Sile in Istanbul Überreste eines deutschen U-Bootes aus dem Zweiten Weltkrieg gefilmt. Das U-Boot soll U-23 sein, eines der sechs kompakten U-Boote der nationalsozialistischen Kriegsmarine, die als „Hitlers verlorene Flotte“ bezeichnet werden.

Nach der Auswertung des Videomaterials wurde der elfte und letzte Kommandant der U-23, Rudolf Arendt, verständigt. Mit „Bild“ sprach der heute 96-jährige, ehemalige Oberleutnant über den letzten Befehl aus Berlin und was nach der Sprengung geschah.


Leutnant zur See Rudolf Arendt (links) mit zwei Offizieren des deutschen U-Bootes U-18.

Karl Dönitz an U-23: Versenken!

Laut Arendt kam der Befehl zum Versenken direkt aus Berlin, die Schiffe – außer U-23 auch U-20 und U-19 – sollten nicht in die Gefangenschaft oder die Hände der Sowjets fallen und versenkt werden.

„Weil vor der bulgarischen Küste das Wasser zu flach war, um die Boote verschwinden zu lassen, sind wir Richtung Türkei. Die war damals neutral, deshalb durften wir auch deren Hoheitsgewässer nicht verletzen“, sagte Arendt zur Bild.

„Unsere letzten drei Torpedos schossen wir in Richtung eines russisch besetzten Hafens. Dann haben wir unsere drei letzten Sprengpatronen genutzt. Eine kam ins Achterschiff hinter die E-Maschine, da liegt die Munition. Die anderen beiden kamen in den Sehrohrschacht und in die Torpedorohre.“

Auf einem Rettungskissen verließen die Seemänner U-23 und ruderten mit improvisierten Paddeln in Richtung Türkei. Sieben Minuten später detonierten die Sprengkapseln, doch die Explosion war näher, als sie die Männer erhofft hatten. „Der Wind hatte das U-Boot hinter uns hergetrieben!“, sagte der Kommandant. Arendt und seine Männer überlebten.

Näher als gedacht: Der Wind hatte U-23 hinter Arendt und seinen Männern hergetrieben und explodierte in unmittelbarer Nähe. Der Kommandant und seine Männer überlebten dennoch. (Symbolbild) Foto: Keystone/Getty Images

Kriegsgefangenschaft, Todesstrafe und 25.000 Rubel Kopfgeld

Im Anschluss wollte der damals 22-Jährige mit seiner Mannschaft über den Landweg fliehen, „wenn möglich bis zu den griechischen Inseln.“ Doch Arendt und seine Männer wurden von türkischen Soldaten aufgegriffen und festgenommen.

Weil der Kommandant im Verhör mit einem türkischen Offizier, den Ort seines versenkten U-Bootes nicht preisgeben wollte, drohte dieser mit der Erschießung. Arendt stand auf und sagte, „dann müssen Sie das machen.“ Letztendlich verschonte der Offizier, der in Heidelberg studiert hatte und sehr gut Deutsch sprach, das Leben des Kommandanten.

Als Arendt zurück nach Deutschland kam, erfuhr er rechtzeitig, dass die Sowjets ein Kopfgeld für alle U-Boot-Fahrer aus dem Schwarzen Meer ausgelobt hatten und konnte in den Westen fliehen. „25.000 Rubel hätte es für mich gegeben.“ Später trat Arendt wieder der Marine bei und fuhr als Konteradmiral der Bundesmarine unter anderem den Leichnam Konrad Adenauers über den Rhein.

Das Tagebuch des Kommandanten und die Flagge der U-23 haben den Krieg dank Arendt überdauert und sind heute im Marinemuseum in Cuxhaven zu sehen. Vor der Sprengung auf Befehl von Dönitz versenkte oder beschädigte die Besatzung der U-23 insgesamt 14 Schiffe. Darunter befanden sich drei Kriegsschiffe und ein Versorgungsschiff der Kriegsmarine.

Der einzige registrierte Angriff auf U-23 fand jedoch nicht im Schwarzen Meer, sondern im Skagerrak satt. Im Oktober 1939 feuerte das britische Unterseeboot „HMS Sturgeon“ drei Torpedos auf U-23 ab. Alle drei verfehlten ihr Ziel.

Das nasse Grab der U-23

Das von einem ferngesteuerten Fahrzeug (ROV) gefilmte und in der staatlichen TRT-Dokumentation „Blue Passion“ ausgestrahlte Video zeigt Wrackteile des Schiffes, das zu Beginn des Zweiten Weltkriegs auf dem Landweg von Deutschland nach Rumänien geschickt wurde.

Der Meeresforscher Selcuk Kolay, der an Bord des türkischen Forschungsschiffes war, sagte TRT, dass das Video bestätigte, dass das Wrack zu U-23 gehört. Er sagte: „Sein Standort ist genau festgelegt. Ich habe bestimmte Teile, die typisch für U-Boote wie dieses sind, auf den Videobildern untersucht, die wir von ROV erhalten haben. Ich kann hiermit zustimmen, dass dies ein U-23-Unterseeboot ist.“ Sein Kollege Cenk Ilgun ergänzte: „Wir sind froh, eine Seite aus der Geschichte aus dem Dunkeln ans Licht zu bringen.“

Die U-23 wurde im April 1936 bei der Friedrich Krupp Germaniawerft in Kiel auf Kiel gelegt und im September desselben Jahres in Dienst gestellt. Sie wurde im Schwarzen Meer insbesondere gegen sowjetische Schiffe eingesetzt dort, 14 Tage vor Beendigung ihres achten Dienstjahres, am 10. September 1944 von ihrer eigenen Besatzung versenkt.

Das Schiff wurde im Februar 2008 bei 41.11°N und 30.00°O, etwa fünf Kilometer vor der türkischen Küste, entdeckt. (reuters/ts)