Schätze aus dem Mittelmeer: Taucher entdecken byzantinisches Schiffswrack

Fischsaucen, Oliven, Datteln, Feigen und vieles mehr fanden Archäologen in dem Wrack vor der Küste Israels. Das über 1.200 Jahre alte und 25 Meter lange Schiff schreibt die Geschichte neu.
Das einst 25 Meter lange Schiff am Fundort Ma'agan Mikhael B liegt in nur etwa drei Meter Tiefe – nachdem etwa 1,5 Meter Sand weggespült worden war.
Das einst 25 Meter lange Schiff am Fundort Ma'agan Mikhael B liegt in nur etwa drei Meter Tiefe – nachdem etwa 1,5 Meter Sand weggespült worden war.Foto: A. Yurman, RIMS, University of Haifa
Von 29. Oktober 2022

Auf dem Grund des Mittelmeeres lauern unzählige Schätze unbekannten Ausmaßes und warten nur darauf, entdeckt zu werden. Dieser Überzeugung sind Historiker und Archäologen und werfen deshalb regelmäßig einen Blick in die Tiefe. Besonders interessant ist vor allem die Küste Israels, vor der Forscher einen großen Schiffsfriedhof entdeckt haben. Die Schiffe sind dort im Laufe vieler Jahrtausende gesunken.

Weil das Mittelmeer hier im Vergleich zu anderen Bereichen deutlich flacher ist, sind die dortigen Wracks für Untersuchungen leichter zugänglich. Außerdem schützt und bewahrt der sandige Meeresboden vor Israel die Schiffe und ihre Schätze. Besonders an stürmischen Tagen wird der Sand aufgewirbelt und kann längst vergessene Relikte freilegen. Dies geschah auch bei der jüngsten Entdeckung vor Ma’agan Michael. Hier stießen zwei Hobbytaucher auf ein Stück Holz, das aus dem Meeresboden ragte, und meldeten es den Behörden.

Ein Schiffswrack, das das Gegenteil beweist

Wie sich später herausstellte, handelte es sich bei dem Fund um ein byzantinisches Schiffswrack aus dem 7. oder 8. Jahrhundert nach Christus. Dieses aus Tannen- und Walnussholz gefertigte Handelsschiff war mit Schätzen aus dem gesamten Mittelmeerraum beladen. Was zu seinem Untergang vor mehr als 1.200 Jahren führte, ist unbekannt.

Das Schiffswrack enthielt mehr als 200 Amphoren mit Resten von Fischsaucen, Oliven, Datteln und Feigen.

Das Wrack enthielt mehr als 200 Amphoren mit Resten von Fischsaucen, Oliven, Datteln und Feigen. Foto: A. Yurman, RIMS, University of Haifa

Fest steht jedoch, dass das Schiff während einer Zeit großer religiöser Turbulenzen von Hafen zu Hafen fuhr. Damals verlor das christlich geprägte Byzantinische Reich an Einfluss über den östlichen Mittelmeerraum und die islamische Herrschaft dehnte sich aus. Das Schiffswrack vor Ma’agan Michael sei ein Beweis dafür, dass der Handel mit dem Rest des Mittelmeers trotz der religiösen Spaltung weiterging, erklärt Deborah Cvikel, Unterwasserarchäologin von der Universität Haifa (Israel).

„In den Geschichtsbüchern steht oft, dass der Handel fast zum Erliegen kam. Es gab keinen internationalen Handel mehr im Mittelmeer. Es soll hauptsächlich kleinere Schiffe gegeben haben, die entlang der Küste segelten und Küstenschifffahrt betrieben“, so Cvikel. Doch diese Annahme scheint nun nicht mehr zuzutreffen.

Köstlichkeiten aus fernen Ländern

Stattdessen gibt das Schiffswrack selbst sowie seine Ladung eindeutige Hinweise darauf, dass Händler aus dem Westen sich nicht vor dem Glaubens- und Machtwechsel scheuten. Sie liefen auch nach der islamischen Eroberung die Häfen im Heiligen Land an, so die Forscher.

„Hier haben wir ein Wrack, von dem wir annehmen, dass das ursprüngliche Schiff etwa 25 Meter lang war. Außerdem war es mit Fracht aus dem gesamten Mittelmeerraum beladen“, sagte Cvikel. So trugen einige der Frachtstücke beispielsweise Symbole der christlich-byzantinischen Kirche, während andere arabische Schrift aufwiesen.

Um die Waren zu transportieren, besaß das Schiff über 200 Amphoren. In ihnen fanden die Forscher Reste von Fischsaucen, Oliven, Datteln und Feigen. Eine genauere Untersuchung zum Ursprung der Waren ergab, dass das Handelsschiff auf Zypern und in Ägypten angelegt haben muss. Weitere mögliche Anlaufstellen könnten die heutige Türkei und Städte an der nordafrikanischen Küste gewesen sein.

Neben den Handelsgütern selbst blieben zudem Teile der Schiffsausrüstung wie Segel und Seile sowie persönliche Gegenstände der einstigen Crew erhalten. Besonders bemerkenswert sei zudem, dass die Überreste von Schädlingen wie Käfern und Nagetieren nachgewiesen werden konnten. „Man muss sehr aufmerksam sein, denn einige der Überreste wie Rattenknochen oder Olivenkerne sind so winzig, dass sie ganz schnell übersehen und verloren gehen können“, so Cvikel.

Einen weiteren interessanten Einblick liefern die archäozoologischen Untersuchungen von Fischresten aus dem Wrack. Wie die leitende Archäozoologin Sierra Harding der Epoch Times mitteilte, wurden in drei Amphoren die Reste von kleinen gesalzenen Fischen entdeckt. Dabei könnte sich um die Verpflegung der Schiffscrew handeln oder um Handelsware. Letzteres würde laut Harding die Annahme unterstützen, dass der Handel nach Ausdehnung der islamischen Herrschaft nicht zum Erliegen kam.

Neben Handelswaren blieben unter 1,5 Meter Sand auch Teile der Schiffsausstattung erhalten.

Neben Handelswaren blieben unter 1,5 Meter Sand auch Teile der Schiffsausstattung erhalten. Foto: A. Yurman, RIMS, University of Haifa

Zweiter Schiffsfriedhof im Schwarzen Meer

Erst vor wenigen Jahren entdeckte ein Forscherteam während einer Mission im Schwarzen Meer einen großen Schiffsfriedhof aus mehr als 40 Wracks. Der Großteil der gesunkenen Schiffe stammt aus dem Byzantinischen und Osmanischen Reich und liegt dort teilweise seit 1.000 Jahren. Die jüngsten unter ihnen sanken dagegen erst im 19. Jahrhundert.

Aufgrund ihrer eisigen Tiefe von knapp einem Kilometer, dem Mangel an Sauerstoff und der absoluten Dunkelheit blieben die Schiffe ungestört in lebensfeindlicher Umgebung liegen, sodass ein Zersetzen der hölzernen Bauteile nicht möglich war. Trotz der enormen Zeit unter Wasser sind sie in einem derart guten Zustand, dass Seile, Ruder und kunstvolle Schnitzereien erhalten geblieben sind.

Das Schwarze Meer war vor Tausenden Jahren bereits Dreh- und Angelpunkt für internationalen Handel. So sollen die Tataren beispielsweise Christen versklavt und nach Kairo verschifft haben. Für die Europäer bot das Gewässer dagegen Anschluss an den nördlichen Teil der Seidenstraße und ermöglichte den Import von Seide, Satin, Muskat und anderen Gewürzen sowie Parfüm und Juwelen. Weitere beliebte Handelsgüter in der frühen Zeit waren Getreide, Felle, Pferde, Öle, Kleidung und Weine.

Darüber hinaus verteilten sich italienische Handelsstädte entlang der Küste. Die erzielten Gewinne waren derart gewaltig, dass Venedig und Genua mehrere Kriege über die Kontrolle der Handelswege führten – auch um die Routen im Schwarzen Meer.

Aufgrund des guten Erhaltungszustandes der Wracks vermuten Forscher, im Inneren noch viele erhaltene Güter zu finden. „Wir finden vielleicht Bücher, Pergamente und andere Schriftstücke. Wer weiß, wie viel davon transportiert wurde? Aber jetzt haben wir die Möglichkeit, es herauszufinden …“.



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