Hubble-Teleskop entdeckt 28 Milliarden Lichtjahre entfernten Stern

Das Weltraumteleskop "Hubble" erspähte den mit Abstand entferntesten bekannten Stern und stellt scheinbar die gesamte Entstehungsgeschichte des Universums Kopf. Möglich wurde die Entdeckung dank eines besonderen Phänomens.
Der Stern mit dem Namen «Earendel» liegt hinter einem Galaxienhaufen, der als Gravitationslinse dient.
Der Stern mit dem Namen «Earendel» liegt hinter einem Galaxienhaufen, der als Gravitationslinse dient.Foto: Space Telescope Science Institut/ESA/Hubble/dpa
Von 31. März 2022

Während sein Nachfolger – das „James Webb Space Telescope“ – schon erste Bilder liefert, sorgt das 32 Jahre alte Weltraumteleskop „Hubble“ noch einmal für Schlagzeilen. Es hat einen Stern entdeckt, dessen Licht heute 28 Milliarden Jahre zur Erde unterwegs wäre. „Wäre“, denn einerseits existiert der Stern schon lange nicht mehr. Andererseits ist das Universum nur etwa 13,7 Milliarden Jahre alt. Existierte „Earandel“ – der „Morgenstern“ – schon vor dem Urknall?

Dr. Victoria Strait, erklärte dazu: „Als das Licht, das wir von Earendel sehen, ausgesandt wurde, war das Universum weniger als eine Milliarde Jahre alt, also nur sechs Prozent seines heutigen Alters. Damals war [Earandel] 4 Milliarden Lichtjahre von der Proto-Milchstraße entfernt. Aber während der Milliarden Jahre, die das Licht brauchte, um uns zu erreichen, hat sich das Universum so ausgedehnt, dass es jetzt erstaunliche 28 Milliarden Lichtjahre entfernt ist.“

Der Stern ist also nur etwa 12,9 Mrd. Jahre alt und leuchtete, als das Universum gerade 900 Millionen Jahre jung war. Das ist ein Rekord und ein gewaltiger Sprung vorwärts. Der bisherige Rekordhalter war lediglich vier Milliarden Lichtjahre entfernt. Der neue Rekord-Stern besaß vermutlich mehr als die 50-fache Masse unserer Sonne und ist bereits nach wenigen hunderttausend Jahren verglüht, wie das Entdeckerteam in der Fachzeitschrift „Nature“ berichtet.

Kosmisches Teleskop von Einstein vorhergesagt

„Earendel“ haben die Astronomen um Brian Welch von der Johns Hopkins University in Baltimore den Stern getauft – nach einem altenglischen Wort für den Morgenstern. Aufspüren konnten die Forscher „Earendel“ mit „Hubble“ nur dank kosmischer Unterstützung. Zwischen der Erde und dem fernen Stern liegt ein gewaltiger Galaxienhaufen, der als Gravitationslinse das Licht des Sterns um mehr als das Tausendfache verstärkt.

Welch und seine Kollegen vergleichen die Wirkung des Galaxienhaufens dabei mit der Wasseroberfläche eines Schwimmbeckens. Die Wellen brechen das einfallende Sonnenlicht und erzeugen ein Muster heller Linien auf dem Grund des Pools. Solche Linien heißen Kaustiken und sind nicht anderes als Bereiche, in denen das Licht extrem verstärkt wird.

Die Schwerkraft des Galaxienhaufens lenkt – wie von Albert Einstein vorhergesagt – das Licht von hinter dem Haufen liegenden Himmelsobjekten ähnlich wie die Wasseroberfläche ab und erzeugt so ebenfalls Kaustiken. Durch ihren Linseneffekt können sie weit entfernte Sterne sichtbar machen.

Bühne frei für Hubble-Nachfolger

Dafür kennen Astronomen viele Beispiele und auch der vorherige Rekordhalter, der mit dem „Hubble“-Teleskop 2018 aufgespürt wurde, liegt hinter einem Galaxienhaufen. Welch und seine Kollegen haben deshalb gezielt die Kaustiken solcher als Gravitationslinsen wirkenden Galaxienhaufen nach auffälligen Objekten abgesucht – mit Erfolg. „Earendel“ zeigt sich trotz der hohen Vergrößerung durch die Gravitationslinse als punktförmiges Objekt in einer Galaxie weit weit weg.

Damit sehen die Astronomen den Stern so, wie er 900 Millionen Jahre nach dem Urknall ausgesehen hat. Heute ist „Earendel“ lange verschwunden, denn je größer die Masse eines Sterns ist, desto heißer und heller brennt er und verbraucht seinen Energievorrat deshalb auch erheblich schneller. Während ein Stern wie unsere Sonne etwa zehn Milliarden Jahre existiert, dürfte „Earendel“ bereits nach maximal 600 Millionen Jahren als Supernova explodiert und dann verlöscht sein.

Genauere Aussagen über den fernen Stern können Welch und seine Kollegen bislang allerdings nicht machen. Dazu benötigen die Forscher dann doch das neue „James Webb Space Telescope“. Damit sollte es möglich sein, das Licht von „Earendel“ in seine Wellenlängen zu zerlegen und so Informationen über seine Zusammensetzung und seine Temperatur zu erhalten. Für die Astronomen ist das ein wichtiger Einblick in die Geschichte der ersten Sterne im jungen Kosmos.

(Mit Material der NASA, der Universität Kopenhagen und der Nachrichtenagentur dpa.)



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