Baerbock in China: Harte Themen angesprochen, aber nichts erreicht

Um China zu echten Zugeständnissen zu bringen, erfordert es mehr als nur deutliche Worte. Doch immerhin: Annalena Baerbock sprach deutlicher als manche deutsche Amtsperson vor ihr. Eine Analyse.
Titelbild
Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock bei einer Pressekonferenz mit dem chinesischen Außenminister Qin Gang (nicht im Bild) im Diaoyutai State Guesthouse am 14. April 2023 in Peking, China.Foto: Suo Takekuma - Pool/Getty Images
Von 14. April 2023

Vor dem Hintergrund der sich verschärfenden Spannungen zwischen dem kommunistischen China und der demokratischen Inselrepublik Taiwan besuchte die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock am Donnerstag die nordostchinesische Hafenstadt Tianjin und sprach mit dem chinesischen Außenminister Qin Gang.

Anschließend reisten sie mit einem chinesischen Hochgeschwindigkeitszug nach Peking, um sich mit dem chinesischen Vizepräsidenten Wang Qishan und dem Direktor der Zentralen Kommission für auswärtige Angelegenheiten der KPC und ehemaligen Außenminister Chinas, Wang Yi, zu treffen. Der KP-Führer ist der eigentliche Chef des staatlichen Außenministeriums, das somit seiner Parteikommission untersteht.

Die von Baerbock angesprochenen Themen drehten sich um die beginnende Krise zwischen China und Taiwan, um den Krieg zwischen Russland und der Ukraine und um die Lage der Menschenrechte in China.

Kein Statement gegen Ukraine-Krieg

Nach Angaben der Nachrichtenagentur AFP forderte die deutsche Außenministerin von den KP-Führern in Peking ein deutliches Zeichen gegenüber Russland, den Krieg gegen die Ukraine zu beenden. Auf einer Pressekonferenz mit Außenminister Qin in Peking erklärte Baerbock, dass Xi Jinpings Staatsbesuch in Moskau im März gezeigt habe, dass „kein anderes Land mehr Einfluss auf Russland hat als China“.

Während das KP-Reich noch immer kein Statement zur Verurteilung von Putins Krieg gegen die Ukraine abgab, stellte Baerbock zudem fest, dass Chinas Position auch keine „Aufforderung an den Aggressor Russlands beinhaltet, den Krieg zu stoppen“. Allerdings versprach Außenminister Qin, dass China „von Waffenlieferungen an die Konfliktparteien“ absehe – ein klarer Seitenhieb gegen die westlichen Waffenlieferungen an die Ukraine. Bezüglich einer Ausfuhr von Gütern mit doppeltem Verwendungszweck sagte Qin, dass man dies im Einklang mit den Gesetzen und Vorschriften kontrolliere.

China bezeichnet seine Position in der Angelegenheit als neutral. Am Freitag kündigte Peking, so die AFP, eine Reise seines neuen Verteidigungsministers General Li Shangfu nach Moskau an.

Noch immer ist unklar, welche Rolle China eigentlich hinter den Kulissen dieser Angelegenheit spielt, die das politische, militärische und wirtschaftliche Weltgefüge verändert hat. Fakt ist, dass Russlands Präsident Wladimir Putin nur wenige Wochen vor dem Einmarsch in der Ukraine Chinas Führer Xi zur Eröffnung der Olympischen Winterspiele am 4. Februar 2022 in Peking besucht hatte. Am 24. Februar, nur vier Tage nach dem Ende der Spiele in China am 20. Februar, startete Putin seine Offensive.

Baerbock: Taiwan-Krieg als „Worst-Case-Szenario“

Baerbock kam bei ihrem Besuch auch direkt auf die Bedeutung einer Deeskalation des angespannten Verhältnisses zwischen dem kommunistischen China und der demokratischen Inselrepublik Taiwan zu sprechen. Sie erinnerte daran, dass 50 Prozent des Welthandels und 70 Prozent der Halbleiter die Straße von Taiwan passierten. Es sei auch im deutschen Wirtschaftsinteresse, dass die Zufahrt in die 180 Kilometer breite Meerenge zwischen den beiden Staaten frei zugänglich sei.

Daher könnten die Spannungen in der Region weder der Bundesrepublik Deutschland noch der Europäischen Union egal sein. Baerbock bezeichnete eine mögliche militärische Eskalation zwischen China und Taiwan als „ein Worst-Case-Szenario weltweit“. Baerbock sprach in diesem Zusammenhang von „Schockwellen einer solchen Weltwirtschaftskrise“, die auch die Handelsnationen China und Deutschland „empfindlich treffen“ würden.

Taiwan-Rhetorik nach Schema Frieden

Qin blieb bei der üblichen KP-Rhetorik. Taiwan sei ein abtrünniger Teil Chinas. Damit umgeht Chinas Außenminister geflissentlich die historische Tatsache, dass 1949 die letzte regulär gewählte Regierung Chinas vor der gewaltsamen kommunistischen Machtergreifung durch Maos Horden nach Taiwan flüchtete und dort seither unabhängig regiert. Aus dieser Perspektive könnte man das Pekinger Regime durchaus als Usurpator bezeichnen.

Natürlich wird Peking das so nicht sehen wollen. Deshalb wird vom Regime auch immer wieder die Separatistenkarte hervorgeholt, wenn es um die Unabhängigkeit Taiwans geht. Außenminister Qin entgegnete auf Baerbocks Bedenken um eine drohende Taiwan-Krise, dass China auf eine „friedliche Wiedervereinigung der Heimat“ hoffe, aber auch seine „nationale Souveränität und territoriale Integrität entschlossen verteidigen“ werde.

Für China geht es bei Taiwan nicht nur um ein innenpolitisches Prestigethema, sondern auch um wirtschaftliche Interessen. Allzu gern würde sich Xi Jinping den Hightechnachbarn mit seiner führenden Chipproduktion unter den Nagel reißen. Kürzlich erst veranstaltete Chinas Militär ein dreitägiges Großmanöver, bei dem es die Umzingelung Taiwans übte und ein mehrstündiges Einfahrtverbot über das Seegebiet nördlich von Taiwan ausrief – angeblich wegen der Gefahr möglicher „herabfallender Raketentrümmer“.

China bei Menschenrechten festgefahren

Auch bei den Menschenrechten bewegte sich China nicht von seiner Position weg und sprach von internen Angelegenheiten. Außenministerin Baerbock erklärte später, gegenüber Qin Gang gesagt zu haben, dass man es mit Sorge sehe, „dass Freiräume für zivilgesellschaftliches Engagement in China immer weiter schrumpfen und Menschenrechte beschnitten werden“.

Baerbock prangerte „schwere Menschenrechtsverletzungen“ in der Uiguren-Provinz Xinjiang an und verwies dabei auf einen UN-Bericht vom August 2022 mit konkreten Empfehlungen. Baerbock schlug Außenminister Qin Gang und China vor: „Eine Zusammenarbeit mit dem Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen zur Umsetzung dieser Empfehlung würden wir begrüßen.“

Qin hingegen reagierte ungehalten: „Jedes Land hat eine andere nationale Situation, eine andere Geschichte und Kultur, und für die Menschenrechte gibt es keine allgemein gültige Norm“, behauptete der Außenminister und forderte für einen Austausch über Meinungsverschiedenheiten gegenseitigen Respekt ein. Dieser dürfe keinesfalls „schulmeisterlich“ und „herablassend“ sein, schreibt AFP zitierend dazu. Wie erwartet, kam es zu keinen konkreten Schritten zur Verbesserung der Menschenrechtsfrage im kommunistischen Überwachungsstaat.

Neben ihrer China-Reise warten in dieser Woche noch weitere Highlights auf Annalena Baerbock. Am Samstag wartet auf die Außenministerin ein Besuch der Republik Korea (Südkorea). Am Sonntag geht es dann weiter zum Außenministertreffen der G7-Staaten nach Japan.



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