MeToo-Vorwürfe erschüttern NRW: Machtmissbrauch an Westfälischer Hochschule
Im Internet wirbt die Westfälische Hochschule Gelsenkirchen mit ihrer überregionalen Beliebtheit. Hier wären Studenten weit mehr als eine Matrikelnummer. „Keine Spur von überfüllten Hörsälen und die Atmosphäre am Campus ist sehr familiär“, heißt es. Doch die familiäre Atmosphäre hat auch eine Schattenseite: Die Uni ist wegen Machtmissbrauchs und sexueller Belästigung in die Schlagzeilen geraten.
Mitte Februar wurde ein Professor von der Arbeit freigestellt. Die Staatsanwaltschaft ermittelte gegen ihn zunächst wegen verdächtiger Spesenabrechnungen und der Veruntreuung von Hochschulgeldern. Im Rahmen eines Disziplinarverfahrens ging die Hochschule den konkreten Vorwürfen von Studenten nach, die teilweise sehr pikant waren.
Wie die „WAZ“ berichtete, hatten mehr als ein Dutzend Männer teils über Jahre engen privaten Kontakt zu dem Professor. Er habe die Studenten zu sich nach Hause eingeladen, Alkohol ausgeschenkt und später darauf gedrungen, dass sie bei ihm übernachten. Da der Professor außerhalb wohnt, hätten die Studenten oft kaum eine Möglichkeit gehabt, zurück nach Gelsenkirchen zu kommen. Nach Angaben des „Spiegel“ habe der nur mit Boxershorts bekleidete Professor in einem Fall auf einer langen Umarmung eines Studenten bestanden. Neben unsittlichen Berührungen habe er auch psychisch Druck ausgeübt. Wer die regelmäßig geforderten Berichte nicht rechtzeitig ablieferte, musste vor dem Lehrer 30 Liegestütze machen. Der Professor bestreitet die Handlungen.
„Diskriminierung wird an unserer Hochschule nicht geduldet“, stellt die Uni auf ihrer Website klar. Das bringe auch die Bezeichnung „diskriminierungsfreie Hochschule“ zum Ausdruck. Als die Vorwürfe eines „grenzüberschreitenden Machtmissbrauchs durch eine lehrende Person“ durch die Studenten bekannt wurden, ergriff die Hochschule Maßnahmen, um weiteren Fällen vorzubeugen.
Verhör statt Aufklärung
Inzwischen gibt es neue brisante Informationen. Die Hochschule hat eine Düsseldorfer Anwaltskanzlei damit beauftragt, den Vorwürfen nachzugehen. Doch statt einer Aufklärung sahen sich die Studenten massivem Druck ausgesetzt. Denn die Anhörung der Betroffenen fand im Beisein von zwei Anwälten des Professors statt, die über sämtliche intime Einzelheiten im Bilde waren. Einer der Studenten bezeichnete das Gespräch laut „WAZ“ schlichtweg als „Verhör“, bei dem man auch die Kontakte zur Presse hinterfragte.
Wir werden da gerade zum zweiten Mal zu Opfern gemacht“, betonte einer der Betroffenen.
Deswegen ist nun auch der Hochschulpräsident Bernd Kriegesmann in Kritik geraten. Der findet an den Anhörungen nichts Verwerfliches. Es sei das Recht des Beschuldigten, sich jederzeit einer oder eines Bevollmächtigten oder Beistands zu bedienen – das gelte auch für Anhörungen.
Am 11. August meldete sich laut „WAZ“ die Opposition zu Wort. „Der Machtmissbrauch setzt sich fort. Die Art und Weise, wie die Westfälische Hochschule Gelsenkirchen (WHS) derzeit versucht, die Fälle aufzuklären, ist absolut irritierend“, sagte Franziska Müller-Rech, Sprecherin für Gleichstellung der FDP-Landtagsfraktion. Sie bezeichnete es als „schäbig“, dass sich die Betroffenen von den Anwälten des Beschuldigten befragen lassen müssen, ohne über ihre rechtliche Situation aufgeklärt worden zu sein. Das gleiche einem Verhör. Sie forderte konkrete Handlungskonzepte, um strukturellen Machtmissbrauch und sexuelle Übergriffe zu verhindern.
Der SPD-Hochschulexperte Bastian Hartmann kritisierte, dass die Wissenschaftsministerin Ina Brandes (CDU) nicht den vom Wissenschaftsausschuss geforderten Bericht über die Vorgänge an der Uni vorgelegt hat. Stattdessen habe die Ministerin mitgeteilt, dass die Hochschule allein für die Prüfung des Falls und rechtliche Schritte zuständig sei.
Die Studentenvertretung Nordrhein-Westfalen befürchtet indes einen „Vertrauensverlust“. „Nun werden Betroffene sexueller Übergriffe es sich fünfmal überlegen, bevor sie damit an ihre Hochschule herantreten“, sagte Amanda Steinmaus, Sprecherin der Studentenvereinigung des Landes. Die rechtliche Aufarbeitung solcher Geschehnisse werde immer belastend für die Beteiligten sein, aber diese Art, mit den Betroffenen umzugehen, sei „untragbar“.
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