Warum Sojadrink für Babys und Kleinkinder schädlich ist

Noch vor Jahren war Kuhmilch aus der menschlichen Ernährung nicht wegzudenken. Inzwischen überschwemmen pflanzliche Alternativprodukte den Markt. Doch nicht für jeden sind sie geeignet. Vor allem bei Kindern gilt besondere Vorsicht, wie Ernährungs-Doc Matthias Riedl schildert.
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Ernährungs-Doc Dr. Matthias Riedl.Foto: Matthias Riedl/Medicum Hamburg/iStock
Von 9. September 2023

In den vergangenen Tagen sorgte die Meldung einer Kindertageseinrichtung für heiße Diskussionen in den sozialen Medien. Im Rahmen eines Pilotprojekts soll in der Kita der Ausschank von Kuhmilch eingestellt werden. Stattdessen werden pflanzliche Alternativen aus Soja und Hafer angeboten. Doch ist das wirklich vorteilhaft für die Kinder? Epoch Times bat den renommierten Ernährungsmediziner Dr. Matthias Riedl um seine Einschätzung.

Herr Dr. Riedl, inwieweit ist Sojadrink ein geeigneter Ersatz für die kindliche Ernährung?

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) rät von Sojadrink in der Säuglings- und Kinderernährung ab, da die enthaltenen Isoflavone – das sind sekundäre Pflanzenstoffe – für Säuglinge und Kleinkinder schädlich sein können.

Isoflavone ähneln dem weiblichen Sexualhormon Östrogen und standen lange in der Kritik, da sie den Hormonhaushalt beeinflussen können. Inzwischen weiß man, dass sie vor Osteoporose und Wechseljahresbeschwerden helfen können.

Können Sie genauer beschreiben, inwieweit Isoflavone für jüngere Kinder schädlich sind?

Isoflavone werden als hormonelle Disruptoren betrachtet; das heißt, sie können hormonähnliche Wirkungen entfalten und die Pubertätsentwicklung fördern. Deshalb sind sie laut BfR im Säuglingsalter nicht empfohlen. Insgesamt gibt es aber auch nur wenige Studien dazu. Möglicherweise könnten Isoflavone auch an der Entwicklung einer späteren Fruchtbarkeitsstörung beteiligt sein.

Und wie verhält es sich mit Haferdrink?

Industriell hergestellte Haferdrinks enthalten oft Zucker und andere Zusätze, aber nur wenig Nährstoffe. Diese werden jedoch dringend bei der Ernährung von Babys und Kleinkindern benötigt. Generell enthalten Haferdrinks wenig Eiweiß, kein Calcium und kein Vitamin B12, es sei denn, dieses wurde separat zugesetzt.

Habe ich Sie richtig verstanden, dass Soja- und Haferdrink keine Alternative für die jüngere Generation sind? Wo ziehen Sie die Altersgrenze?

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung rät ganz klar von pflanzlichen Alternativen für Säuglinge ab, da sie nicht auf die speziellen Nährstoffbedürfnisse des Säuglings abgestimmt und daher ungeeignet sind. Sprich pflanzlichen Milchalternativen fehlen wichtige Nährstoffe, die für die kindliche Entwicklung von Bedeutung sind.

Für Kinder ab dem ersten Geburtstag stellen die Haferdrinks eine Alternative dar, jedoch ist hier eine gute Mischung von Bedeutung. Kleine Mengen im Rahmen einer gesunden Ernährung stellen kein Problem dar. Es sollte auf den Zusatz von Nährstoffen geachtet werden.

Welche Bedeutung hat Kuhmilch für die Kinderernährung?

Milchprodukte liefern wichtiges Eiweiß und halten satt. Außerdem beinhalten sie Milchsäurebakterien, die für eine gesunde Darmflora wichtig sind.

Das Forschungsdepartment Kinderernährung der Universitätskinderklinik Bochum empfiehlt, Kindern Fleisch, Fisch und Milchprodukte nicht vorzuenthalten, weil sie den Körper mit Calcium, Jod, Eisen, Zink und Vitaminen versorgen. Ohne diese Lebensmittel könnte es zu einem Mangel an Vitamin B12 kommen, da dieses fast ausschließlich in tierischen Produkten vorkommt – dies ist wiederum wichtig für Gehirn und Nervensystem.

Wie verhält es sich bei Laktoseintoleranz und Sojaunverträglichkeit?

Bei einer diagnostizierten Laktoseintoleranz sollte sich an die individuelle Toleranzschwelle des Kindes gehalten werden. Hier empfiehlt es sich, auf sogenannte MinusL‑Produkte, also laktosefreie Produkte, zurückzugreifen. Man kann auch Haferdrink mit zugesetztem Calcium und weiteren Nährstoffen verwenden.

Bei einer primären Sojaallergie, wie sie oft bei Kindern auftritt, sollte Soja komplett gemieden werden, da Betroffene auch auf eiweißarme und stark verarbeitete Sojaprodukte reagieren können.

Vielen Dank.

Das Interview führte Susanne Ausic.

Dr. Matthias Riedl ist Ernährungsmediziner, Diabetologe, Internist, Geschäftsführer und ärztlicher Leiter des Medicum Hamburg sowie Gründer der myFoodDoctor App. Er hat bisher über 20 Ernährungsratgeber und zahlreiche Gesundheitsbeiträge veröffentlicht und ist aus der NDR-Serie „Die Ernährungs-Docs“ bekannt.



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