Erfolgsformel für das perfekte Frühstücksei

Ein Frühstücksei in Ehren kann niemand verwehren? Eigentlich nicht. Doch egal, ob im Urlaub oder zu Hause: Eierkochen ist eine Wissenschaft.
Das perfekte Frühstücksei ist mehr als eine Frage des Geschmacks.
Das perfekte Frühstücksei ist mehr als eine Frage des Geschmacks.Foto: iStock
Von 30. März 2023

Im Urlaub ticken die Uhren anders: Jeder Tag fühlt sich an wie ein Sonntag und beginnt mit einem ausgedehnten Frühstück – natürlich mit einem hoffentlich perfekten Frühstücksei. Auch an der französischen Riviera sollte ein solches im Urlaub den Start in den Tag bereichern, doch statt gekochter Eier lagen auf dem Buffet im Hotel rohe. Das fiel allerdings erst am Platz auf. Die Morgensonne unter dem Orangenbaum im Hof ließ über den Fehlgriff schmunzeln. Natürlich mussten die Eier roh sein, denn vielleicht möchte ein Gast ein weiches und der andere ein hartes Ei.

Um die unterschiedlichen Eiervorlieben zu studieren, muss man jedoch nicht extra in den Urlaub fahren. Den Eiertanz gibt es auch in der Heimat, doch offenbart sich ein weiteres Phänomen: Gemäß Murphys Gesetz scheinen die Eier ihren Koch immer auszutricksen. Wer weiche Eier möchte, bekommt harte Eier, wer harte Eier möchte, bekommt weiche. Und das nicht nur einmal. Konnte das Zufall sein? Im Prinzip ja, allerdings benutzten alle Köche denselben Eierkocher.

Dabei kann Eierkochen doch gar nicht so schwer sein: Wasser, Hitze, Salz, Warten. Oder?

Für das perfekte Frühstücksei braucht man noch ein bisschen mehr: Waage, Thermometer, Stoppuhr sowie Taschenrechner und den aktuellen Wetterbericht. Keine Sorge, nach einem Dutzend Sonntage entwickeln Eierköche ein Bauchgefühl – dann genügt eventuell eine Uhr. Wem Mathe und Physik vor dem Frühstück unbekömmlich sind, der überspringt das Eier-Einmaleins, geht gleich zur Tabelle und liest die Erklärung im letzten Abschnitt.

Keine Raketenwissenschaft, nur Mathematik

Betreiben wir etwas praktische Mathematik und Physik. Eierkochen beruht eigentlich einzig auf der Tatsache, dass die Eiweiße im Eiklar und Dotter gerinnen, wodurch das Ei fest wird.

Wie weich oder hart das Endprodukt ist, hängt von der erreichten Innentemperatur ab. Und wie lange ein Ei benötigt, um die entsprechende Temperatur zu erreichen, ist abhängig vom Wärmedurchgangskoeffizienten, der Größe des Eis sowie dem Temperaturunterschied zwischen Kühlschrank und kochendem Wasser.

Das alles lässt sich in einer Formel zusammenfassen. Ausgedacht hat sie sich der britische Physiker Charles D. H. Williams von der Universität von Exeter. Etwas vereinfacht sieht sie wie folgt aus:

Eierkochformel nach Charles Williams. Foto: ts/Epoch Times

Die Kochzeit in Sekunden (t) ergibt sich aus dem 27-Fachen der Masse (m) des Eis hoch zwei Drittel, multipliziert mit dem natürlichen Logarithmus (ln) vom Produkt aus 0,76 und dem Bruch aus den Temperaturunterschieden von Kühlschrank oder Zimmer (TStart) und des kochenden Wassers (TWasser) sowie der gewünschten Ziel- (TZiel) und der Siedetemperatur.

Keine harten Eier auf dem Mount Everest

Die Siedetemperatur des Wassers ist dabei abhängig vom Luftdruck, der wiederum je nach Wetter und geografischer Lage – sprich der Höhe über dem Meeresspiegel – variiert: höherer Druck, höhere Siedetemperatur; geringerer Druck, geringere Siedetemperatur. Praktisch bedeutet das, je schlechter das Wetter (Tiefdruck) ist und je höher man sich im Gebirge befindet, desto länger müssen die Eier kochen. Eine Folge ist, dass ein Frühstücksei auf dem Gipfel des Mount Everest auch nach Stunden nicht hart werden kann.

Die Zieltemperatur beinhaltet den gewünschten Härtegrad des Eies und richtet sich nach den persönlichen Vorlieben. Williams rechnete mit 62 °C für weiche und 82 °C für harte Eier. Persönliche Erfahrungen liefern perfekte Eier bei 71 beziehungsweise 74 °C. Die Starttemperatur entspricht der Umgebungstemperatur, in der die Eier vor dem Kochen lagerten. Der Faktor 27 steht vereinfacht für die Dichte, die Wärmekapazität sowie -leitfähigkeit des Eis. 0,76 beschreibt das Verhältnis Dotter zu Eigelb.

Hat man die Kochzeit für ein Ei berechnet, empfiehlt es sich, diese mit Bleistift auf selbigem zu notieren. Sind alle Eier beschriftet, kann man sie entsprechend ihrer Kochzeit nacheinander in das kochende Wasser geben. Dafür am besten statt einer Stoppuhr einen Timer verwenden. Der Countdown sollte exakt so lange dauern, wie das längste Ei verlangt. Als kleiner Bonus werden damit alle Frühstückseier unabhängig von ihrer Größe und der gewünschten Härte gleichzeitig fertig und können abgeschreckt werden.

Kennt man sowohl seinen Kühlschrank als auch die Höhenlage und das durchschnittliche Wetter, kann man sich typische Eiergrößen und ihre Kochzeiten notieren. Das erspart zumindest den Taschenrechner und den Wetterbericht.

Für 350 Meter über Normalnull (NN) und 11 °C Eier-Starttemperatur könnte die Tabelle mathematisch angehaucht so aussehen:

Hausfrauenfreundliche(re) Tabelle für das perfekte Frühstücksei.

Hausfrauenfreundliche(re) Tabelle für das perfekte Frühstücksei. Foto: ts/Epoch Times

Kurz gesagt: Ein Ei, welches 60 Gramm wiegt, sollte 6:21 Minuten kochen, wenn das Eigelb noch flüssig sein soll. Werden fest gekochte Eier bevorzugt, dann 7:12 Minuten. Ist das Ei 62 Gramm schwer, dann dauert es 6:21 Minuten plus 2 mal 4 Sekunden – also 6:29 Minuten. Ein festes dauert entsprechend 7:22 Minuten.

Nie mehr Rumeiern mit dem Frühstücksei?

Unberücksichtigt bleiben die Form des Eis und die Lage des Dotters. Dadurch kann es passieren, dass sehr runde, kugelförmige Eier bei gleichen Massen und Kochzeiten weicher sind als eher längliche, denn die Entfernung von Schale bis zur Ei-Mitte ist größer, weshalb die Zieltemperatur geringer ist. Eine andere Version der Formel des Physikers Werner Gruber nutzt statt der Masse den Ei-Durchmesser. Da in der Küche gewöhnlich eine Waage leichter zu finden ist als ein Messschieber, soll Williams’ Ansatz genügen.

Andererseits macht die Physik selbst keinen Unterschied zwischen Eiklar und Eigelb, sodass die Mitte tendenziell weicher ist als die Außenbereiche. Das trifft auch dann zu, wenn sich das Eigelb nicht in der Mitte befindet, sodass mitunter das Eigelb hart wird und das Eiklar teilweise flüssig. Im Regelfall formen Hühner die Eier ähnlich, sodass sich das Rumgeeiere im Kochtopf in Grenzen hält. Sollte doch mal ein Ei missglücken, kann der Koch es immer noch auf einen Rechenfehler schieben.

Und was wurde aus dem Frühstücksei in Frankreich? Das rohe, aufgeschlagene und halb geschälte Ei verblieb auf dem Teller. Am nächsten Tag trug Mann bereits zum Frühstück Armbanduhr. Aufgrund der (geschätzten) Eiergröße wurde die ausgehängte Kochempfehlung – elf Minuten für ein weiches Ei – geflissentlich ignoriert und kurz darauf ergänzte ein annähernd perfektes Frühstücksei das Croissant mit Marmelade.

PS: Falls Ihnen der Appetit auf gekochte Eier vergangen ist, schlagen Sie die übrigen Eier in eine Pfanne und genießen Spiegel- oder Rührei.



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