Energiewende: Sachverständigenrat warnte bereits 2013 vor überbordender Planwirtschaft – vergebens

In einer Analyse bescheinigt die „Welt“ der „Energiewende“ eine mehr als durchwachsene Bilanz in mehreren zentralen Bereichen. Der Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) hatte bereits vor Jahren gewarnt, die Bundesregierung könnte sich zu viel aufgebürdet haben.
Titelbild
Eine von einem Sturm zerstörte Windkraftanlage.Foto: iStock
Von 9. Mai 2019

Im Jahr 2013, zwei Jahre, nachdem die Bundeskanzlerin unter dem Eindruck der Seebebenkatastrophe in Japan Freund und Feind mit ihrer eilig verkündeten „Energiewende“ überrascht hatte, hätte es für die Regierung Angela Merkel noch eine realistische Chance gegeben, ohne übermäßigen Gesichtsverlust den Reset-Knopf zu betätigen.

Damals hatte der Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) eine eindeutige Warnung geäußert, Merkels Prestigeprojekt, das bezüglich ihrer Regierungszeit in ähnlicher Weise in bleibender Erinnerung bleiben sollte wie die Riester- und Hartz-Reformen der Regierung Schröder, könnte ihr und ihrem Kabinett über den Kopf wachsen.

In einem Sondergutachten des Sachverständigenrats für Umweltfragen (SRU) erachtete dieser es für nicht machbar, ein planwirtschaftliches Projekt dieser Größenordnung in realistischer Weise zu handhaben. Eine „hierarchische Steuerung und Planung eines solcherart außerordentlich komplexen Gesamtsystems“ werde „weder für möglich noch für wünschenswert gehalten“, hieß es in dem Dokument. Die schlichte und einfache Erklärung für diese Einschätzung:

Das politische System wäre von der Komplexität der Fragen informatorisch überfordert, hätte nicht die Kapazität, alle Detailkonflikte zentral zu lösen und würde folglich vereinfachende Fehlsteuerungen produzieren.“

Naivität oder Starrsinn?

In George Orwells „Animal Farm” standen die Tiere, die ihre Farm erobert hatten, vor einem ähnlichen Problem. Pferd „Boxer“ hatte auf Herausforderungen dieser Art immer nur eine Antwort, nämlich den Schwur „Ich werde noch härter arbeiten“. Durch noch größere Anstrengung sollte das Ziel, das in immer weitere Ferne zu rücken scheint, schneller erreicht werden. Das Pferd in „Animal Farm“ endete stattdessen beim Schlachter – ohne dass irgendein Ziel erreicht worden wäre.

Ob es aufseiten der Merkel-Regierung Naivität oder ideologischer Starrsinn war, der sie dazu veranlasst hatte, die Warnung des Sachverständigenrates in den Wind zu schlagen, bleibt ungeklärt. Der SRU war nicht der erste Expertenrat oder Verband, der mit Befremden auf das Ansinnen reagiert hat, auf dem Wege bis in Details reichender, rigider staatlicher Vorgaben einen modernen Industriestaat umzubauen.

Möglicherweise war die Kalkulation aber auch eine andere: Die Außenwirkung von Expertenräten und Verbänden ist begrenzt, sie hängt insbesondere davon ab, wie viel davon ihnen reichweitenstarke Medien zugestehen wollen. Reichweitenstarke Medien wie die „Tagesschau“, das „Heute Journal“ oder die Deutsche Presse-Agentur zitieren jedoch deutlich öfter Einschätzungen von Parteien oder NGOs, die eine Energiewende in dieser oder einer noch umfassenderen Größenordnung befürworten, als solche, die sie kritisch betrachten. Ein Durchziehen des „Jahrhundertprojekts“ gegen alle Bedenken versprach demnach eine bessere Presse als wahrnehmbare Korrekturen.

„Gut gemeint, aber schlecht gelungen“

Dass die Energiewende mittlerweile die Befürchtungen des SRU zum Teil sogar noch übertroffen hat, analysierte Wirtschaftsredakteur Daniel Wetzel jüngst in einem ausführlichen Artikel für „Die Welt“. Er spricht darin von „jeder Menge Kollateralschäden“, die Deutschlands Klimapolitik verursacht habe. Sein Fazit: Das Projekt sei „gut gemeint, aber schlecht gelungen“.

Bereits zu Beginn habe sich die Bundesregierung selbst vom Bock zum Gärtner gemacht. Hätte es zu Beginn des Klima-Hypes, der spätestens 1997 mit dem „Kyoto-Protokoll“ der „Weltklimakonferenz der Vereinten Nationen“ seinen Durchbruch auf internationaler Ebene feiern konnte, noch ansatzweise marktwirtschaftliche Wege gegeben, der CO2-Angst der politischen Eliten zu begegnen, wollte sich die deutsche Regierung damit nicht begnügen.

Deutschland war Vorreiter, als es darum ging, Stromnetzbetreiber dazu zu zwingen, staatlich festgelegte Preise für Ökostrom zu bezahlen. Nun war der Zertifikatehandel dazugekommen, der einen Teil der Luft und damit ein freies Gut, nämlich das CO2, zu einem gefährliche Emissionsgut erklärte, für dessen Ausstoß man erst Rechte erwerben müsse. Diese würden von Jahr zu Jahr reduziert.

In Deutschland ging die Regierung bald dazu über, mehr als 3000 verschiedene Einzelpreise für verschiedene Formen von Bio-, Wind- und Solarstrom gesetzlich festzuschreiben und permanent anzupassen. Für die entsprechenden Planungsgremien immerhin ein gigantisches Arbeitsbeschaffungsprogramm.

Kaum nennenswerte Veränderung des CO2-Ausstoßes

Hingegen spricht Hubertus Bardt, wissenschaftlicher Leiter des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW Köln), von einer „Planbarkeitsillusion“ aufseiten der politischen Verantwortungsträger.

Die Bundesregierung glaubt, Jahrzehnte im Voraus zu wissen, welche Technologie im jeweiligen Sektor die richtige sein wird.“

Dies habe sich bereits des Öfteren als Trugschluss erwiesen. Nur ein unverfälschter Wettbewerb würde die tatsächliche Chance bieten, effizientere Technologielösungen zu finden.

Stattdessen hätten Fehleinschätzungen und voreilige Festlegungen vonseiten der Politik bereits in mehreren Fällen Ziele der Energiewende vereitelt. Der Einspeisevorrang für erneuerbare Energien durch das EEG und die milliardenschweren Subventionen für den Ökostrom hätten nicht annähernd zu den erhofften Marktanteilen geführt. Wenn die Sonne nicht scheint und es windstill ist, muss das Stromnetz immer noch auf herkömmlichem Wege stabilisiert werden.

Deutschlands Haushalte und Betriebe bezahlen dennoch heute die höchsten Strompreise in Europa – und können sich künftig gar noch auf weitere einstellen. Die Emissionen des angeblich „klimaschädlichen“ CO2 sind bis auf 2018 in den letzten zehn Jahren gleichgeblieben. Auch wenn im Bereich der Stromversorgung die stark subventionierten erneuerbaren Energien etwa 40 Prozent der Nachfrage decken, macht diese nur ein Fünftel des Gesamtenergiebedarfs aus. Bei Brennstoffen für Verkehr und Heizung oder bei der Primärenergie spielen die Erneuerbaren keine Rolle.

„Vogelschredder“ und giftige Schwermetalle

Stattdessen machen Windparks dadurch von sich reden, dass für ihren Betrieb Wälder gerodet werden und Arten in Gefahr geraten. Vor allem Insekten-, Fledermaus- und Vogelbestände erleiden durch die Windtechnologie Verluste. Zudem sei die Frage des Recyclings der Windkraftanlagen und insbesondere von in Rotorblättern verklebten Karbonfasern nicht geklärt, worauf Wetzel hinweist:

Die verklebten Karbonfasern der Rotorblätter können nicht sinnvoll recycelt werden und bereiten teilweise sogar bei der Verbrennung Probleme in den Öfen“

Wirtschaftsredakteur Daniel Wetzel fügt hinzu:

Lösungen dafür werden nach Branchenangaben erst noch entwickelt. Die Fundamente vieler abgerissener Windkraftanlagen verbleiben regelwidrig im Boden, weil die Betreiber den Aufwand scheuen, Tausende Tonnen Beton herausmeißeln zu müssen.“

Lokale Umweltbehörden tolerierten diese Praxis oft; sie führe vielerorts bereits zu Auseinandersetzungen mit Wasserverbänden, die um die Integrität der Bodenschichten fürchten und damit auch um das Trinkwasser. In Solarmodulen wiederum finden sich vielfach giftige Schwermetalle, von denen ebenfalls erhebliche Umweltgefahren ausgehen. Die Politik ignoriere auch dieses Problem.

Der unter dem Eindruck der Havarie in Fukushima übers Knie gebrochene Atomausstieg wiederum erweise sich als teuer und ineffizient. Die Atomkraftwerke-Betreiber haben, wie eigentlich zu erwarten gewesen wäre, erhebliche Entschädigungszahlungen erstritten, die Bundesregierung hat trotz des Atom-Aus an illusorischen Klimazielen festgehalten. Die Folge: Deutschland wird krachend an diesen scheitern.

Ein weiteres Fiasko habe die einseitige und vorschnelle Fixierung auf die Elektromobilität als Antriebsart der Zukunft gezeigt. Die Herstellung des E-Autos, gefördert durch Kfz-Steuern, staatliche Kaufprämie, Steuerentlastung auf Dienstautos und geringere Energiesteuern auf Strom, ist selbst ökologisch und ethisch nicht unbedenklich – von der Kinderarbeit in Kobaltminen bis hin zu ungeklärten Fragen rund um Batterie-Recycling und Entsorgung. Dass sich auch die mittlerweile wieder zurückgefahrene Förderung von Biokraftstoff als Flop erwiesen hat, fehlt es auch an diesem, wenn es darum geht, E-Autos zu betanken. Die Folge ist, dass Autos mit Verbrennungsmotoren weiterhin hauptsächlich mit herkömmlichen Kraftstoffen betankt werden.

Sachverständigenrat mittlerweile weichgekocht

Weitere Fehlallokationen oder gar kontraproduktive Effekte haben sich im Bereich der Beheizung von Wohnanlagen und bei KfW-geförderten Effizienzhaus- und Sanierungsprogrammen offenbart. Das „Klimaschutzgesetz“ in Baden-Württemberg soll gar zu einem Mehrverbrauch von umgerechnet 56,9 Millionen Litern Heizöl und einem CO2-Mehrausstoß von 180 000 Tonnen geführt, die unterblieben wären, hätte die dortige Regierung Hauseigentümer nicht zu vorschnellen Heizungs-Neueinbauten motiviert – mit dem Ziel, den teuren Öko-Sanierungsvorgaben zuvorzukommen.

Unterdessen wurden die Effizienzvorgaben und Dokumentationspflichten im Vorfeld der Beantragung von KfW-Krediten zur Anschaffung von neuen Heizungen, Dämmstoffen, neuen Fenstern oder Solardächern so weit nach oben gesetzt, dass immer weniger Bürger von dieser Option Gebrauch machen. Waren es 2017 noch rund 14,2 Milliarden Euro, die über KfW-Effizienzprogramme für Bauen und Sanieren in 235 799 Fällen an private Haushalte gingen, sank diese Zahl 2018 auf 220 000 und zwölf Milliarden.

Trotz dieser an allen Ecken und Enden notleidenden Energiewende bleibt der Geist des „Boxer“ aufseiten ihrer Architekten ungebrochen. Das jüngst geschaffene „Klimakabinett“ der Bundesregierung verspricht noch mehr zentrale Vorgaben, noch mehr Regulierungswut und noch mehr Versuche, zu planen, was sich nicht planen lässt. Auch der SRU ist mittlerweile auf Linie gebracht: Die Schaffung eines eigenen Staatsministeriums für die Energiewende veranlasst ihn mittlerweile zu keinen Mahnungen vor planwirtschaftlicher Überforderung mehr.

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


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