Nach bedingtem Ja zur Atomkraft: „Prophetin“ Gretas Meinung wieder geändert

Kritiker der „Fridays for Future”-Bewegung meinen, deren 16-jähriges Aushängeschild Greta Thunberg werde von Erwachsenen für ideologische Zwecke missbraucht. Man vermutet, dass ihr eigene Meinungen nicht zugestanden werden.
Titelbild
Greta Thunberg.Foto: FABRICE COFFRINI/AFP/Getty Images
Von 22. März 2019

Das Volk begann zu murren und seiner Prophetin zu zürnen. Womit der Bibel zufolge in Exodus 15,22 bis 17,7 Mose, der von Gott beauftragte Führer des Volkes Israel, einst in der Wüste Sinai konfrontiert war, musste Klima-Aktivistin Greta Thunberg innerhalb ihrer eigenen Facebook-Gemeinde erdulden. Und das, obwohl sie von der Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt jüngst mit einer „Prophetin“ verglichen wurde.

Anlass dazu war ein Facebook-Beitrag der 16-Jährigen. Thunberg hatte am Wochenende geschrieben, auch Atomenergie könne „ein kleiner Teil einer sehr großen neuen kohlenstofffreien Energie-Lösung“ sein. Mit dieser Auffassung steht sie im Einklang mit Energie-Experten aus aller Welt, die ebenfalls dem Narrativ von einem „menschengemachten“ Klimawandel anhängen und aus diesem Grund einen Ausstieg aus fossiler Energie befürworten.

Thunberg bezog sich auf Expertenmeinungen des IPCC

Auch das Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC), der sogenannte Weltklimarat und gleichsam so etwas wie Glaubenskongregation für Anhänger der These von einem menschengemachten Klimawandel, hat der Atomkraft unter bestimmten Umständen eine teilweise Absolution erteilt. Darauf berief sich auch Thunberg und schrieb:

„Persönlich bin ich gegen Atomkraft. Aber laut des IPCC kann sie ein kleiner Teil einer sehr großen neuen kohlenstofffreien Energie-Lösung sein.“

Dabei hatte sie aber die Rechnung ohne einen erheblichen Teil ihrer eigenen Fangemeinde gemacht, insbesondere der deutschen. Für die hiesige Ökologiebewegung war die Atomkraft bereits ein Tabu, als statt der „menschengemachten Erderwärmung“ noch das „Waldsterben“ und das „Ozonloch“ die angesagten Katastrophenszenarien waren. Dass Bundeskanzlerin Angela Merkel 2011 unter dem Eindruck der Ereignisse im japanischen Fukushima eigenmächtig den vorzeitigen Atomausstieg bis 2022 verkündete, galt als Kapitulation vor der Macht der deutschen Ökolobby.

Hinter diesen Standard wollte man insbesondere im ökobewegten Deutschland um keinen Preis zurück. Auch die heutigen Teilnehmer der von Greta Thunberg inspirierten Freitagsdemonstrationen scheinen sich nicht um ihr Maskottchen geschart zu haben, um von diesem plötzlich zu pragmatischen Kompromissen aufgerufen zu werden.

„Kleine Änderung“ mit Medienschelte verbunden

Dass in ihrer Heimat Schweden seit 1973 der Anteil fossiler Energieträger an der Energieversorgung deutlich abgenommen hatte und im Gegenzug jener der Kernenergie von einem auf 40 Prozent stieg, war der entsetzten Öko-Gemeinde kein Trost – obgleich entsprechend auch der CO2-Ausstoß des Landes um mehr als ein Viertel gesunken war.

Ein Schwall an zum Teil ungeahnt wüsten Schmähungen ergoss sich in den Kommentarbereich des Facebook-Accounts der zuvor noch als unantastbar geltenden kindlichen Aktivistin. Am Mittwoch (20. März) reichte es Thunberg und sie änderte ihren Facebook-Post ab. In einem Kommentar erklärte sie, eine „kleine Änderung“ gemacht zu haben, weil „einige Leute – sogar Zeitungen – meine Worte immer auf die Goldwaage legen und Teile der Sätze, die ich schreibe, weglassen“.

Dass der Meinungsumschwung Thunbergs nicht ganz freiwillig gekommen sein könnte, deutet auch ein Bericht in der „Welt“ an, in dem es hieß, ihr Pressesprecher habe bei der Schweizer Zeitung „Blick“ angerufen. Das Boulevardblatt behauptete erst sogar, der Vater des Mädchens selbst habe sich gemeldet. „Es war nicht so gemeint, wie es aussah“, soll man dem Blatt versichert haben.

Skeptiker des Klimaschutz-Gedankens reagierten auf die Affäre teils mit Hohn, teils mit Genugtuung.

AfD-MdB Sichert: „Greta erstaunlicherweise auf unserer Linie“

„Greta verkündet als Sprachrohr des Lobbyisten-Vereins Weltklimarat, dass die Atomenergie ganz nützlich sei – und zeigt sich damit erstaunlicherweise auf einer Linie mit der AfD“, schrieb der AfD-Bundestagsabgeordnete Martin Sichert in einem Post auf Facebook.

„Die AfD stellte längst fest, dass die Atomenergie nach aktuellem wissenschaftlichem Stand die einzige Energie-Alternative auf dem Weg zur neutralen CO2-Bilanz darstellt. Auf Bestreben von SPD und Grünen hat Deutschland bislang etliche Milliarden für einen nationalen Alleingang beim Atomausstieg verbrannt. Aber wie es eben mit (Pseudo-)Religionen so ist, tun Widersprüchlichkeiten und Unlogik ihrer Glaubwürdigkeit keinen Abbruch. Und manchmal findet sich gar ein Fünkchen Wahrheit in ihnen – wie Greta jetzt mit ihrer Aussage bewies.“

Die wütenden Reaktionen aus der Anhängergemeinde und die über den Kopf Thunbergs in die Wege geleitete Abkehr von deren ursprünglicher, auf die Einschätzung des IPCC gestützter Position dürfte jedenfalls Kritikern der „Fridays for Future“-Bewegung Nahrung geben. Diese argwöhnen seit Beginn der Greta-Kundgebungen, die irrationalen Ängste des am Asperger-Syndrom erkrankten Mädchens würden von Erwachsenen für kommerzielle und ideologische Zwecke ausgenutzt.

 

 

 

 

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