842 EU-Beamte werfen von der Leyen „Doppelmoral“ im Nahost-Konflikt vor

In einem offenen Brief wird EU-Präsidentin Ursula von der Leyen beschuldigt, „Kriegsverbrechen im Gazastreifen freie Hand zu lassen“. Kritisiert wurde auch, dass sie kein Mandat der Mitgliedstaaten habe, sich entsprechend zu äußern.
EU-Präsidentin Ursula von der Leyen. Foto: ATIM KAGHAT/BELGA MAG/AFP via Getty Images
EU-Präsidentin Ursula von der Leyen.Foto: Atim Kaghat/BELGA MAG/AFP via Getty Images
Von 29. Oktober 2023

Die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen (CDU), steht in heftiger Kritik. In einem offenen Brief vom 20. Oktober haben 842 Mitarbeiter der EU-Institutionen aus einer Vielzahl von EU-Ländern ihrer Empörung zur Haltung der Präsidentin und ihrer „Doppelmoral“ im Konflikt zwischen Israel und dem Gazastreifen Luft gemacht, wie „Euractiv“ berichtete.

Unter ihnen seien auch Mitarbeiter der EU-Kommission. Der Brief war zuvor an EU-Delegationen sowie Vertreter der EU-Kommission geschickt worden, die rund 32.000 Menschen beschäftigt.

Die EU-Präsidentin war am 14. Oktober nach Israel gereist und hatte ihre uneingeschränkte Unterstützung für Israels Selbstverteidigung nach dem Angriff der Hamas kundgetan.

Dies sorgte für Verärgerung unter den EU-Parlamentariern und Diplomaten. Westliche Staats- und Regierungschefs sowie der EU-Vizepräsident Josep Borrell hatten betont, dass das israelische Handeln im Einklang mit dem humanitären Völkerrecht stehen müsse, berichtet die französische rfi.

Unterzeichner verurteilen „unverhältnismäßige Reaktion“ aus Israel

Zu Beginn des offenen Briefes der EU-Bediensteten heißt es nach einer Verurteilung des Angriffs der Hamas auf Israel: „Ebenso verurteilen wir aufs Schärfste die unverhältnismäßige Reaktion der israelischen Regierung auf 2,3 Millionen palästinensische Zivilisten, die im Gazastreifen eingeschlossen sind.“

Die Unterzeichner befürchten, dass die EU „jegliche Glaubwürdigkeit und ihre Position als fairer, gerechter und humanistischer Vermittler verliert“, ihre internationalen Beziehungen schädige und die Sicherheit der EU-Bediensteten gefährde.

„Wir sind traurig über die offensichtliche Doppelmoral, die die Blockade (Wasser und Treibstoff) Russlands gegen das ukrainische Volk als Terrorakt betrachtet, während der identische Akt Israels gegen das Volk des Gazastreifens völlig ignoriert wird“, heißt es in dem Brief weiter.

„Wir können nicht stille Beobachter bleiben, wenn die Institution, die Sie als Präsidentin vertreten, nicht nur nicht in der Lage war, die palästinensische Tragödie zu stoppen, die sich seit Jahrzehnten völlig ungestraft entfaltet, sondern durch ihre jüngsten unglücklichen Handlungen oder Positionen der Beschleunigung und der Legitimität eines Kriegsverbrechens im Gazastreifen freie Hand zu geben scheint“, werfen die Unterzeichner des dreiseitigen Briefes von der Leyen vor.

EU-Präsidentin „hatte kein Mandat von Mitgliedstaaten“

Auch in den Kommentaren, welche die Unterzeichner unter der Onlinepetition hinterließen, hagelte es Kritik für die Haltung der EU-Präsidentin, wie „The Irish Times“ berichtete. Namen wurden dabei nicht genannt. Einer schrieb:

„Als Europäer möchte ich nicht, dass in meinem Namen Kriegsverbrechen unterstützt werden.“ Er sei überrascht gewesen, „dass Präsidentin von der Leyen die Unterstützung der Kommission für die israelische Regierung verkündet hat, unabhängig davon, wie sie auf die Hamas-Angriffe reagiert hat, obwohl sie kein Mandat der Mitgliedstaaten dazu hat“.

Ein weiterer Unterzeichner kommentierte: „Als EU-Diplomat schäme ich mich für die Haltung, die die Institution seit Beginn der Krise in der externen Kommunikation eingenommen hat.“

Jemand kritisierte, die EU habe „all die gute Arbeit zerstört, die in den letzten Jahrzehnten mit den palästinensischen Behörden und dem palästinensischen Volk geleistet wurde“.

EU-Präsidentin äußert sich

Am 25. Oktober berichtete „Euractiv“ über eine interne Notiz der EU-Präsidentin, die nach dem offenen Brief datiert. Zwar bezog sich von der Leyen nicht ausdrücklich auf das Beschwerdeschreiben, erklärte jedoch, sie wolle „den Kollegen danken, die ihre Ansichten und Gefühle zu diesen sehr schwierigen und emotionalen Entwicklungen geteilt haben“.

Von der Leyen äußerte, sie sei „bereit, sich mit den Sorgen und Vorschlägen der [EU-Mitarbeiter] auseinanderzusetzen und sie anzuhören“.

„Seit Beginn dieser Krise haben wir rund um die Uhr daran gearbeitet, das Leid ALLER von den willkürlichen Terroranschlägen Betroffenen zu lindern“, heißt es in der Notiz weiter. Von der Leyen versicherte, dass Europa „immer auf der Seite der Menschlichkeit und der Menschenrechte stehen wird“.

Außerdem betonte sie: „Wir werden mit der internationalen Gemeinschaft zusammenarbeiten, um die Einhaltung des humanitären Völkerrechts zu gewährleisten“, und die EU werde „ihre Anstrengungen verdoppeln, um der von diesem Krieg betroffenen Zivilbevölkerung humanitäre Soforthilfe zu leisten.“

Für die Unterzeichner des Briefes jedoch steht fest: „Wenn Israel nicht sofort aufhört, werden der gesamte Gazastreifen und seine Bewohner vom Planeten ausgelöscht werden.“ Sie fordern die EU nachdrücklich auf, zu einem Waffenstillstand und zum Schutz der Zivilbevölkerung aufzurufen.



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