Orbán: Es ist an der Zeit, in Brüssel den Sumpf trockenzulegen

Politische Korruption wie die in der EU ist nicht nur eine Bedrohung für die Linke, sondern für alle. Das bilanziert der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán. Diese und andere Fragen kamen auf seiner Pressekonferenz zum Jahresende zur Sprache.
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Viktor Orbán bei der internationalen Pressekonferenz zur Bewertung des Jahres in Budapest, 21. Dezember 2022.Foto: MTI Szilárd Kosticsák
Von 24. Dezember 2022

Der Korruptionsfall im Europäischen Parlament ist eine schlechte Nachricht für alle EU-Mitgliedstaaten. Zu dieser Einschätzung gab der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán auf seiner Pressekonferenz zum Jahresende ab. Wenn der „heuchlerische Charakter der EU-Institutionen an die Oberfläche kommt“, werde dies die Glaubwürdigkeit der EU zerstören. Andererseits:

Das Europäische Parlament hatte unter den Ungarn null Glaubwürdigkeit und deshalb kann es nicht weiter zerstört werden.“

Der Sumpf müsse nun trockengelegt werden. „Es wäre jedoch nicht fair zu sagen, dass politische Korruption nur eine Bedrohung für die Linke ist, sie ist eine Bedrohung für alle.“ Die ungarische Regierung sei bestrebt, das Europäische Parlament in seiner jetzigen Form abzuschaffen – denn es sollte sich aus Mitgliedern zusammensetzen, die von den nationalen Parlamenten gewählt werden.

Während der mehrstündigen Frage-und-Antwort-Runde wurden auch heikle Themen angesprochen. Dazu gehörten nicht nur die EU, sondern auch die Krise in der Ukraine, die Migration oder Orbáns persönliche politische Karriere.

Aus der EU austreten? Nein

Ungarn will die Funktionsweise der EU durch Vetos nicht „demontieren“. Doch dort, wo es für die Zukunft des Landes einfach lebenswichtig sei, müssten die Ungarn es wagen, anderer Meinung zu sein, verdeutlicht Orbán. Selbst wenn dies bedeute, dass das Land mit seiner Meinung zu einem bestimmten Thema allein dastehe. Auf der europäischen Ebene fühle er sich jedoch nicht isoliert. Sie seien in den richtigen Foren präsent und nähmen an den Entscheidungen teil.

Auf die Frage eines Journalisten, ob Ungarn gegebenenfalls aus der EU heraustreten würde, antwortete er: „Wir sind an Ungarophobie gewöhnt.“ Es werde entgegen früherer Mediengerüchte nicht von einem Austritt Ungarns aus der Europäischen Union gesprochen.

„Es ist offensichtlich, dass Brüssel und die linke Welt eine andere Regierung wollten.“ Doch letztlich sei auch bei der Rechtsstaatlichkeit eine Einigung erzielt worden, was er als außerordentliche Leistung hervorhebt. Die notwendigen schriftlichen Vereinbarungen könnten in den kommenden Tagen unterzeichnet werden.

17 Regierungsjahre

Eine linke Tageszeitung fragte, „wie lange Orbán plant, in der Politik aktiv zu bleiben“. Seine Antwort war: „Wenn ich es bis zum Ende des Jahres schaffe, werde ich 17 Jahre lang in der Regierung sein, ein Jahr länger als zuvor in der Opposition. Ich finde das nicht befriedigend, […] denn das Schöne an diesem Beruf ist, dass du dir das Vertrauen der Menschen verdienst und etwas für dein Land und die Menschen tun kannst. Es ist also besser, in der Regierung zu sein als in der Opposition.“

Seine Bilanz sei rein rechnerisch gesehen eigentlich nur ein Regierungsjahr. Orbán zeigte sich optimistisch, dass er auf der Regierungsbank noch einmal viele Jahre an der Macht sein könnte, auch noch einmal 16 Jahre. „Darauf würde ich warten.“ In seiner Partei gebe es viele Leute, die als seine Nachfolger geeignet wären. Scherzhaft fügte er hinzu, deshalb „muss ich vorsichtig sein“.

„Bis zu den Knöcheln im Krieg“

Zur Sprache kam auch der Ukraine-Krieg. Orbán wählt ein Bild: „Diejenigen, die Waffen liefern, stehen bis zu den Knöcheln im Krieg, diejenigen, die Soldaten ausbilden, bis zu den Knien, diejenigen, die operative Hilfe leisten, bis zum Mund.“

Eine unabhängige, souveräne Ukraine liege in Ungarns nationalem Interesse; gleichzeitig möchte die ungarische Regierung nicht, dass die europäische und die russische Wirtschaft vollständig getrennt würden.

Es sei eine falsche Lösung, die Ukraine durch EU-Institutionen gemeinsam zu unterstützen, das Problem hätte auf zwischenstaatlicher Basis gelöst werden müssen. Orbán:

Wir alle wissen, dass die 18 Milliarden Euro nicht ausreichen werden, die Ukrainer werden sie nie zurückzahlen und die ganze Debatte wird sich 2024 wiederholen.“

Seiner Ansicht nach sollte zunächst ein Waffenstillstand erreicht und dann zumindest ein Verhandlungsversuch unternommen werden. Doch „es ist nicht unsere Aufgabe, einer der Kriegsparteien Ratschläge zu erteilen“, solche Verhandlungen seien eine Frage der Wahrung der territorialen Integrität der Ukraine, betonte er.

Aus dem Krieg heraushalten

Was hat sich Ungarn für die Zukunft vorgenommen?

Der Staatschef sieht es als wichtigste Aufgabe an, sein Land aus dem Krieg herauszuhalten. Gleich danach folgt die Senkung der Inflation auf eine einstellige Zahl. Bei der Energiesicherheit strebe er eine Selbstversorgung des Landes an, mit dem neuen Atomkraftwerk Paks II als Flaggschiff.

Zudem hält er an der bisherigen Migrationspolitik fest. Ungarn „kann drei Dinge tun: Erstens haben wir eine neue bewaffnete Truppe aufgestellt, die sich nur um den Grenzschutz kümmern wird. Außerdem feiern wir die Schengen-Mitgliedschaft Kroatiens, sodass sie effektiver sein werden. Und wir haben uns mit den Serben und den Österreichern auf ein Grenzschutzbündnis geeinigt“, zählt Orbán auf.

Die nächsten Maßnahmen zielen darauf ab, den Schutz der serbisch-ungarischen Grenze auf die Grenzen zwischen Serbien und Nordmazedonien sowie Bulgarien zu verlagern.



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