Spanien: VOX will linken Höhenflug auch bei EU-Wahl beenden

Nach ihrem überraschend deutlichen Zugewinn bei den Regionalwahlen in Andalusien will die rechtskonservative Partei VOX auch bei den bevorstehenden Europawahlen ein Zeichen setzen. Die Linke reagiert derweil unentspannt.
Titelbild
Blick auf Sevilla, Hauptstadt von Andalusien Fot: iStock
Von 7. Januar 2019

Mit ihrem Erfolg bei den Regionalwahlen in Andalusien hat die rechtskonservative spanische Partei VOX ein Ausrufezeichen gesetzt, das weit über die Grenzen des Landes hinweg wahrgenommen wurde. Jüngst hat sich auch „Voice of America“ (VOA) mit der jungen Bewegung befasst, deren nächstes großes Ziel der Einzug ins Europäische Parlament in Straßburg darstellt. Dort könnte man zum Teil einer großen Fraktion der EU-kritischen Rechten werden – zusammen mit der AfD, der FPÖ, dem Front National, der Lega Nord und weiteren konservativen und sogenannten populistischen Vereinigungen.

Die extreme Linke reagierte mit Krawallen, Gewalt und Blockaden auf den Erfolg der Rechten ausgerechnet in ihrer historischen Hochburg. Ihre Wut dürfte zusätzlich dadurch angestachelt worden sein, dass nicht nur die traditionell mächtige Sozialistische Partei (PSOE) unter die Räder gekommen war, sondern auch die orthodox-marxistische Bewegung „Podemos“ entzaubert wurde.

Zuvor galt diese als Hoffnungsträgerin eines linken Populismus, der sich um Akteure wie den griechischen Ex-Finanzminister Yannis Varoufakis und den britischen Labour-Chef Jeremy Corbyn herum scharte und sich selbst als „emanzipatorische“ Alternative zu Anti-Establishment-Bewegungen von rechts zu vermarkten suchte.

Spanien will einen Wechsel – aber nicht zum zweiten Venezuela werden

Ähnlich wie jedoch der Stern der griechischen Syriza nach ihrem triumphalen Wahlsieg 2015 zu sinken begann, als diese gegenüber den Forderungen der EU-Troika nach weiteren tiefgreifenden Strukturreformen jäh eingeknickt war, markierte der Entschluss der Führung von Podemos, eine sozialistische Minderheitsregierung unter Ministerpräsident Pedro Sanchez zu tolerieren, auch deren Höhenflug. Gleichzeitig steigen die Umfragewerte für den bürgerlichen Partido Popular unter dem grundsatztreuen Konservativen Pablo Casado in der Wählergunst langsam, aber stetig an – jene für VOX hingegen, wenn auch von niedrigeren Ausgangspunkten ausgehend, deutlich.

Hatte VOX bei ihrem ersten Antreten in Andalusien 2015 erst knapp 18 500 Wähler für sich gewinnen können, was für lediglich 0,5 Prozent ausreichte, konnte die Partei im Dezember 2018 ihre Stimmenzahl auf 400 000 ausweiten und mit elf Prozent sogar zu einem möglichen Zünglein an der Waage bei der Regierungsbildung in der Region avancieren.

„Die Menschen wollen einen Wechsel“, erklärt VOX-Parteichef Santiago Abascal die Entwicklung. „Aber sie werden den Weg Castros oder des Chavismus nicht mitgehen.“ Gerade Kuba oder Venezuela wurden jedoch immer wieder von der extremen Linken als Modelle oder zumindest Inspirationen für ein „sozial gerechteres“ Spanien und in weiterer Folge für ein „anderes Europa“ genannt.

Franco-Keule verliert an Wirkung

„Während Umfragen Zugewinne für VOX erwarten ließen, haben die Resultate die Erwartungen deutlich übertroffen“, meint auch Ignacio Jurado, ein Politikwissenschaftler an der Universität York, gegenüber VOA. Erstmals seit der Rückkehr zur Demokratie sei mit der Partei eine Formation rechts des PP in ein spanisches Parlament eingezogen.

Abascal sieht in den Erfolgen seiner Partei auch den Ausdruck eines Paradigmenwechsels. Die Vergangenheit von Jahrzehnten einer Diktatur von Ministerpräsident General Francisco Franco – der es allerdings damit schaffte, in Spanien eine kommunistische Machtübernahme zu verhindern und das Land aus dem Zweiten Weltkrieg herauszuhalten – verliert ihre Funktion als politische Keule gegen die Rechte. Stattdessen treten heutige Probleme stärker in den Fokus der Öffentlichkeit.

Zu diesen gehören neben der Korruption, die beide etablierte Parteien betreffe, gesellschaftliche Verwerfungen durch Feminismus und andere marxistische Gesellschaftsexperimente. Eine enorme Bürde für das Land stelle auch der Separatismus in mehreren Regionen wie dem Baskenland oder Katalonien dar, dazu komme die Flüchtlingskrise, auf die Ministerpräsident Sanchez mit einer Politik der offenen Grenzen reagiere. Auch den Einfluss des Islam im Land wolle der Parteichef eingedämmt wissen.

In reichen und armen Gegenden gewählt

Einen Austritt Spaniens aus der EU strebe VOX nicht an, sagt Abascal. Stattdessen wolle man nach der EU-Wahl gemeinsam mit anderen antikommunistischen und rechtskonservativen Parteien ein breites Bündnis bilden, um den Staatenbund von innen heraus zu verändern.

Die Wählerschaft von VOX ist – ähnlich wie bei anderen rechten Parteien in Europa – breit gefächert. Mit 30 Prozent der Stimmen erzielte Abascals politische Formation in der wohlhabenden Provinz Almeria ein besonders hohes Resultat. Allerdings wählten auch im verarmten und von hoher Arbeitslosigkeit gebeutelten La Linea 14 Prozent die Rechten.

Ob es in Andalusien erstmals ein direktes oder indirektes Regierungsbündnis zwischen PP und VOX geben wird – ohne die liberalen „Ciudadanos“ hätte ein solches keine eigene Mehrheit – ist indessen noch ungewiss. Der Widerstand von VOX gegen ein aus ihrer Sicht ideologisch eingefärbtes und unterkomplexes Gesetz gegen geschlechtsbezogene Gewalt steht einer derartigen Option derzeit noch entgegen. Die Linke hofft, VOX auf Grund dieser Position in der Öffentlichkeit als „frauenfeindlich“ brandmarken zu können.

 



Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion