Trotz Wertverlust an der Börse – Internetgiganten unterwerfen sich der „politischen Korrektheit“

Die Aktionäre der großen Onlineplattformen steigen aus den Papieren aus. Alle Großen der Branche hatten 2018 ihre Datenskandale und tendieren, auch laut eigener Studien, zunehmend zu Zensurmaßnahmen.
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Facebook Gründer, Vorstandsvorsitzender und Geschäftsführer Mark Zuckerberg bei einer Anhörung durch den US-Kongress am 10. April 2018. Hauptthemen waren die Datensicherheit und politische Voreingenommenheiten des Konzerns.Foto: Win McNamee/Getty Images
Von 26. Dezember 2018

Riesige Technologiekonzerne wie Google, Facebook und Twitter mussten sich 2018 verschiedenen staatlichen Prüfungen stellen und erlitten teils erhebliche Verluste an der Börse. Weiterer Ärger und unsichere Zukunftsaussichten könnten sie erwarten, wenn sie das Jahr 2018 damit beschließen, ihre Benutzer immer stärkerer Überwachung zu unterziehen. Manche der neu etablierten „Standards“ könnten sich als unhaltbar erweisen.

Nachdem ihre Führungskräfte in drei Anhörungen des US-Kongresses buchstäblich wegen Voreingenommenheit, Privatsphärenverletzungen und „russischen Bots“ gegrillt wurden, beendeten die Unternehmen das Jahr mit teils erheblichen Einbußen am Aktienmarkt. Die Aktien von Twitter und Google verloren im Vergleich zu ihren Spitzenwerten von 2018 rund 20 Prozent, ein Rückgang, der sich am breiteren Markt orientiert. Facebook hingegen stürzte um rund 40 Prozent ab, womit die Gewinne von fast zwei Jahren ausgelöscht wurden.

Die Mainstream-Medien und die Abgeordneten der US-Demokraten haben sich weitgehend auf die Kämpfe der Unternehmen konzentriert, angebliche ausländische Akteure (hauptsächlich Russen), die sich in die US-Wahlen einmischten, von ihren Plattformen zu entfernen und zu verhindern, dass Benutzerdaten gehackt oder unsachgemäß weitergegeben werden.

Doch die Konservativen, einschließlich Präsident Donald Trump, haben die Unternehmen wiederholt der politischen Voreingenommenheit beschuldigt, da eine Reihe von einflussreichen rechtsgerichteten Nutzern von den Plattformen hinausgeworfen wurden.

Unter dem Druck beider Seiten haben die Unternehmen den Kurs der verschärften Beschränkungen von Inhalten, die sie für schädlich halten, vorangetrieben und sich an der Ideologie der politischen Korrektheit im Allgemeinen orientiert, wobei der Schwerpunkt auf Hassreden liegt.

Während das Durchgreifen gegen Hassreden unter dem Banner des Schutzes der Menschen vor Verunglimpfung aufgrund ihrer Identität geführt wird, haben mehrere Experten gewarnt, dass die Definition von Hassreden zu vage und allgemein ist, um konsequent und gleichmäßig durchgesetzt werden zu können.

Schwierige Entscheidungen – Was ist Hassrede?

Hassrede bezieht sich in der Regel auf abfällige Aussagen, die sich auf die „geschützten Merkmale“ einer Person beziehen, wie Rasse, ethnische Zugehörigkeit, nationale Herkunft, Religionszugehörigkeit, sexuelle Orientierung, Geschlecht, Geschlechtsidentität, schwere Krankheiten oder Behinderungen. Das Problem ist, dass sich keine zwei Personen darüber einig zu sein scheinen, was genau als Hassrede gelten sollte oder nicht.

Facebook hat sich verpflichtet, „Hassreden zu entfernen, sobald wir davon Kenntnis erhalten“, und gibt an, fast 300.000 Beiträge pro Monat wegen Verstößen zu entfernen. Aber das Unternehmen bestätigte im selben Blogbeitrag auch, dass es „keine allgemein akzeptierte Antwort gibt, wann etwas die Grenze überschreitet“.

Abwertende Reden, unabhängig davon, wer ins Visier genommen wird, sind durch den Ersten Verfassungszusatz (US-Verfassung) vor staatlicher Regulierung geschützt, es sei denn, sie drohen direkt mit Gewalt oder schüren Gewalt. Aber die Plattformen sind dazu übergegangen, Aussagen zu kontrollieren (und teilweise zu sperren), die als bloße Provokation, Verallgemeinerung oder persönliche Beleidigung gemeint sein könnten.

Facebook zum Beispiel verbietet „Ausdrucksformen der Verachtung“ wie „Ich hasse“, „Ich mag nicht“ oder „X sind das Schlimmste“, die „eine Person oder Gruppe von Menschen treffen, die eines der[geschützten] Merkmale aufweisen“.

Dennoch erkennt das Unternehmen an, dass viele Ausdrücke, die technisch in die Regulierungen passen könnten, Teil des legitimen Diskurses sind.

„Für einige kann grober Humor über einen religiösen Führer sowohl als Blasphemie angesehen werden, als auch als Hassrede gegen alle Anhänger dieses Glaubens“, heißt es dort. „Für andere kann ein ‚Kampf‘ mit geschlechtsspezifische Beleidigungen eine angenehme Art sein, ein Lachen zu teilen.“

Letztendlich räumt Facebook ein, dass die Inhaltsüberwacher, deren Zahl sich seit letztem Jahr auf 30.000 Personen verdreifacht hat, in jedem Fall ein Urteil fällen müssen.

Der ehemalige leitende Facebook-Ingenieur Brian Amerige beschrieb das Unternehmensklima von Facebook als eine politische Monokultur, in der „die Community-Standards von Facebook chaotisch, fast zufällig, durchgesetzt werden, mit Eskalationen und gelegentlichen Umkehrungen, wenn die Gemaßregelten Benutzer prominent genug sind, um Medienaufmerksamkeit zu erzeugen“.

Er versuchte, die Kultur von innen heraus zu verändern und machte auch die Führung auf sich aufmerksam, endete aber schließlich in einer Sackgasse beim Thema Hassrede.

„Hassreden können nicht einheitlich definiert und [Regeln dazu] nicht zuverlässig umgesetzt werden, so dass es sich letztendlich um eine Reihe von einmaligen, ‘pragmatischen‘ Entscheidungen handelt“, sagte er. „Ich denke, es ist ein ernsthafter strategischer Fehltritt für ein Unternehmen, bei dessen Produkt der primäre Wert das Instrument zur freien Meinungsäußerung ist.“

Was ist der Schaden?

Befürworter [der Zensur] von Hassreden argumentieren, dass solche Aussagen schädlich sind, weil sie Menschen das Gefühl geben können, bedroht zu sein.

„Wir müssen unseren Service weiter verbessern, damit sich jeder sicher fühlt, am öffentlichen Gespräch teilzunehmen – egal ob er spricht oder einfach nur zuhört“, sagte Twitter CEO Jack Dorsey in seiner schriftlichen Aussage für den Kongress vom 5. September.

Aber was Menschen dazu bringt, sich bedroht zu fühlen, muss nicht notwendigerweise eine reale Bedrohung sein.

„Diese Unternehmen müssen herausfinden, ob sie versuchen, Menschen vor körperlicher Bedrohung zu schützen, oder ob sie versuchen, die Nutzer davor zu schützen, sich auf andere Weise emotional oder psychologisch bedroht zu fühlen“, sagte Thomas Healy, Juraprofessor an der Seton Hall University und Experte für freie Meinungsäußerung.

Ein weiteres Argument für die Regulierung von Hassreden ist, dass sie ein Umfeld schaffen könnten, in dem sich einige Menschen dazu ermutigt fühlen könnten, tatsächliche Gewalt anzuwenden. Tatsächlich haben repressive Regime ihre Feinde oft eliminiert, nachdem sie sie vorher einer Flut von entmenschlichender Propaganda ausgesetzt hatten.

Doch der Versuch, körperliche Schäden zu verhindern, die in Zukunft passieren können oder nicht, indem man die Sprache des Einzelnen überwacht, hat seine eigenen schädlichen Folgen.

„Das hat uns bereits in eine dystopische Richtung geführt, in die Bereiche von „1984“, „Schöne Neue Welt“ und „Minority Report“ – die Welt der Gedankenverbrechen und Vorverbrechen, in der die Menschen Angst haben, ihre Ansichten darzulegen, weil sie keine Ahnung haben, was sie verdächtig macht, sie von den modernen Kommunikationsmitteln ausschließt oder sie ins Gefängnis bringt“, sagte William McGowan, ein erfahrener Journalist, Epoch Times-Mitarbeiter und Autor mehrerer Bücher über den Niedergang und die Korrumpierung der Medien.

In einigen europäischen Ländern gibt es in der Tat Gesetze, die Strafen für Hassreden vorsehen und die Online-Plattformen dazu drängen, solche Inhalte zu entfernen, um nicht selbst dafür verantwortlich gemacht zu werden. [Zum Beispiel: Netzwerkdurchsetzungsgesetz]

Störer-Veto  (Heckler’s Veto)

Die Mehrheit der Amerikaner (52 Prozent) ist dagegen, dass das Land politisch korrekter wird und ist „verärgert, dass es zu viele Dinge gibt, die die Menschen nicht mehr sagen können“, so eine Umfrage vom 28. November – Dez. 4 NPR/PBS/Marist (pdf).

Aber die Ansichten sind bei Anhängern der Demokraten und der Republikaner stark unterschiedlich. Während 55 Prozent der Demokraten mehr politische Korrektheit wollen, sind es nur 14 Prozent der Republikaner, die dasselbe wollen.

Da Online-Plattformen in der Regel auf Benutzerberichte angewiesen sind, um über Verstöße informiert zu werden, scheint der Mechanismus dazu vorherbestimmt zu sein, politische Verzerrungen zu erzeugen.

Linksgerichtete Amerikaner favorisieren nicht nur die politische Korrektheit, sondern einige aus dem weiter links gelegenen Spektrum der sogenannten „Progressiven“ haben Gruppen gebildet, die sich darauf spezialisiert haben, rechtsgerichtete Stimmen von Online-Plattformen zu entfernen.

Das führt zu einer Situation, in der eine relativ kleine, organisierte Gruppe die Social Media Konten einer bestimmten Person oder Gruppe nach allem durchsucht, was der Hassrede nahe kommt und die Technologieunternehmen dann mit Beschwerden überschwemmt. Das ist eine Online-Mutation des Phänomenes des „Vetos des Störers/Zwischenrufers“.

Der konservative Kommentator Ben Shapiro hat die Formulierung „Veto des Zwischenrufers“ verwendet, um die Situation zu beschreiben, mit der er und andere auf den Kampussen einiger Colleges konfrontiert waren, wo einige Personen das Bedürfnis verspürten, nicht nur zu protestieren oder bestimmte eingeladene Sprecher zu stören, sondern sogar zu verhindern, dass sie überhaupt sprechen konnten.

[Heckler’s Veto = Veto des Störers ist ein juristischer Begriff in den USA. Es gab Fälle in denen die US-Ordnungsbehörden Reden oder Demonstrationen verhinderten, da es Befürchtungen gab, dass es zu „die Ordnung störenden“ Protesten dagegen kommen könnte. Die Hauptentscheidungen des Supreme Court untersagten ein solches Vorgehen des Staats, indem sie dem Prinzip der Redefreiheit, nach erstem Verfassungszusatz, Priorität einräumten.
Umgangssprachlich ist ein Heckler’s Veto, der Vorgang des Störens selbst, bzw. das Verhindern von Meinungsäußerungen durch Proteste im Vorfeld, Vorlesungsboykott, Sit-Ins gegen unliebsame Vortragende etc.]

Fast zwei Drittel der Versuche, einen Redner auszuladen, stammen von der politischen Linken, basierend auf 379 Vorfällen in den letzten 15 Jahren, die von der Foundation for Individual Rights in Education (FIRE) gesammelt wurden.

Und das Verhältnis hat sich in letzter Zeit weiter nach links verschoben. Seit 2017 verzeichnete FIRE 45 Ausladungsversuche, von denen nur sechs von rechts kamen.

Die rechte Bürgerrechtsorganisation stellte fest, dass die Versuche nicht nur an Häufigkeit zugenommen haben, sondern auch immer häufiger erfolgreich sind.

Gegner bestimmter Redner konnten in den letzten zwei Jahren die Stornierung von 25 Einladungen erreichen, während in den Jahren 2000-2001 nur 10 Versuche von FIRE registriert wurden, von denen nur einer erfolgreich war.

Glaube an die freie Rede

In einem Interview im Jahr 2016 wies Healy darauf hin, dass private Unternehmen zwar nicht an den Ersten Verfassungszusatz gebunden sind, die Grundsätze der freien Meinungsäußerung aber ein wichtiger Wert der Nation sind.

„Wir verlassen uns auf die Gegenrede“, sagte er. „Wenn die Rede gefährlich oder falsch ist, verlassen wir uns auf die Gegenrede, um das zu korrigieren.“

Obwohl er einräumte, dass der Mechanismus nicht perfekt ist, basiert er doch auf dem Glauben der Amerikaner, „dass er der staatlichen Regulierung oder der Regulierung durch Facebook oder andere Organisationen, über die wir hier sprechen, überlegen ist“.

Während Online-Plattformen sich in ihrer Rhetorik einheitlich zur Unterstützung der Meinungsfreiheit verpflichtet haben, haben sie sich in der Praxis davon entfernt, so ein internes Google-Dokument vom März, das später an Breitbart durchsickerte.

Das Dokument mit dem Titel „Der gute Zensor“ argumentiert, dass die „Technologieunternehmen allmählich von der unvermittelten freien Meinungsäußerung abkamen und zu Zensur und Moderation übergingen“.

Es sind mehrere Wettbewerber wie Gab und Minds entstanden, die von ihrem Engagement für die freie Meinungsäußerung und die Privatsphäre profitieren. Minds hat etwa 200.000 aktive Nutzer pro Monat angezogen, während Gab nur Daten über registrierte Nutzer veröffentlicht hat, von denen es etwa 800.000 gibt. Twitter hingegen hat fast 330 Millionen, was von den fast 2,3 Milliarden monatlich auf Facebook aktiven Nutzern weit in den Schatten gestellt wird.

Das Original erschien in The Epoch Times (USA) (deutsche Bearbeitung von al)
Originalartikel: Despite Stock Woes, Big Tech Toes the Line of Political Correctness



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