CDU-Parteispitze drängt auf Parteiausschluss – Maaßen kontert
Dr. Hans-Georg Maaßen (60, CDU), der ehemalige Präsident des Verfassungsschutzes und heutige Chef des konservativ-liberalen Vereins WerteUnion, geht immer mehr in die Offensive gegen seine Parteispitze.
Nachdem bekannt geworden war, dass CDU-Chef Friedrich Merz seine Niederlage im ersten Parteiausschlussverfahren nicht hinnehmen und Maaßen nun über die zweite Instanz am Thüringer Landesparteigericht abservieren lassen will, kündigte Maaßen seinen Widerstand an.
„Jetzt treibt Merz es auf die Spitze. Er kann mit innerparteilicher Kritik nicht umgehen“, schrieb Maaßen am Nachmittag des 6. November auf X (vormals Twitter). Bei Merz tue sich ein „Abgrund an Charakter“ auf. Denn es sei die WerteUnion gewesen, die Merz seinerzeit bei der Wahl zum Parteivorsitzenden unterstützt habe. Nun sei es umgekehrt ausgerechnet Merz, der das Parteiausschlussverfahren gegen ihn „kaltblütig weiter“ betreibe.
„Ich lag richtig“
Maaßen gab zu bedenken, dass all das, was er „im Migrationsbereich vorhergesagt habe“, auch eingetreten sei:
Ich bin wegen meiner Kritik an Merkels Migrationspolitik von der #CDU diffamiert und bekämpft worden. Ich lag richtig, sie lag falsch.“
Schon der Gang in die erste Instanz des Parteiausschlussverfahrens sei eine „Rufmordkampagne“ gewesen, schrieb Maaßen. Bis heute hätten sich weder Friedrich Merz noch sein Generalsekretär Carsten Linnemann dafür bei ihm entschuldigt. Die beiden seien noch nicht einmal bereit gewesen, überhaupt mit ihm zu sprechen.
Doch Maaßen will sich offenbar nicht mundtot machen lassen. Abgesehen von seinen häufigen Äußerungen auf X tritt er immer wieder in Interviews bei Medien wie beispielsweise „Politik Spezial“, „Hallo Meinung“ oder „Alexander Wallasch“ auf.
WerteUnion-Brandbrief: „Herrschaft des Unrechts“ aufarbeiten, Verantwortliche ausschließen, Wendeparteitag einberufen
Erst am Montagabend erschien im Blog von Alexander Wallasch ein Artikel über den „Brandbrief“, den Maaßen als Chef der WerteUnion an den CDU-Parteichef Merz geschickt hatte. Darin fordert Maaßen Merz auf, fünf Forderungen zu erfüllen. Im Kern geht es dabei darum, die grenzenlose Migrationspolitik zu beenden und jene „Herrschaft des Unrechts“ aufzuarbeiten, die schon der frühere Bundesinnenminister und CSU-Vorsitzende Horst Seehofer in Deutschland erkannt hatte.
Für unausweichlich hält die WerteUnion inzwischen ihrerseits den Parteiausschluss „gegen die maßgebenden Akteure“, nämlich die frühere Bundeskanzlerin Angela Merkel, den Ex-Wirtschaftsminister Peter Altmaier und Ex-Innenminister Thomas de Maizière.
Die Partei solle außerdem „im Rahmen ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit“ die Verantwortung für all jene Schäden übernehmen, welche „durch die Politik der damaligen Parteivorsitzenden“ entstanden seien. Zudem erwarte die WerteUnion, dass Merz einen „Parteitag der politischen Wende einberufen“ werde. Kurz:
Die WerteUnion e. V. als Vereinigung von konservativen und liberalen Mitgliedern der CDU verlangt von Ihnen, Herr Vorsitzender, einen klaren Bruch mit der Merkel-Zeit.“
Maaßen setzte Merz eine Antwortfrist bis zum 14. November.
20 Maßnahmen gegen die „Migrationskatastrophe“
Wie sich der ehemalige oberste Verfassungsschützer der Bundesrepublik eine politische Wende insbesondere in der Migrationspolitik Deutschlands vorstellt, erläuterte er jüngst auf seiner Website. Dort sind seit dem 6. November 20 „Maßnahmen“ aufgelistet, mit denen die „Migrationskatastrophe“ bewältigt werden könnte:
So soll die Bundespolizei beispielsweise sofort die Grenzen sichern und Ausländer ohne Aufenthaltsrecht in Abschiebungshaft nehmen. Asylanträge von Personen ohne gültige Einreisepapiere sollten nicht mehr bearbeitet werden. Bis auf Weiteres dürften auch keine Visa mehr vergeben und keine Familienangehörigen mehr einreisen dürfen. Statt Geld- soll es nur noch Sachleistungen für „Personen mit humanitärem Aufenthaltsstatus“ geben. Asylbewerber und Ausreisepflichtige müssten ihren Lebensunterhalt selbst verdienen. Staaten, die ihre Angehörigen nicht zurücknehmen wollten, sollten die „wirtschaftliche und politische Unterstützung“ der Bundesrepublik verlieren. Und „vom Entzug der deutschen Staatsangehörigkeit bei straffälligen Doppelstaatlern soll großzügig Gebrauch gemacht werden“. So weit die wichtigsten Vorschläge Maaßens.
„Anders als die von Scholz/Faeser und den Ländern wären diese Maßnahmen kein Placebo, sondern ein ‚Wumms‘ “, schrieb der Jurist auf seinem X-Kanal:
Mit Blick auf die aktuelle Notlage müssen die Maßnahmen leider hart und teilweise schmerzhaft sein. Mit Placebos und mit weißer Salbe, werden wir die Migrationskatastrophe nicht bewältigen.“
Merz und Linnemann wollen Parteiausschlussverfahren durchziehen
Eine detaillierte Reaktion von Friedrich Merz und Carsten Linnemann steht noch aus. Allerdings hatten am 6. November mehrere Medien darüber berichtet, dass die CDU-Spitze sich nun doch nicht länger mit ihrer erstinstanzlichen Niederlage im Parteiausschlussverfahren gegen Hans-Georg Maaßen abfinden will.
Nach Informationen etwa der „Berliner Zeitung“ hatte der Parteivorstand „einstimmig“ beschlossen, Beschwerde gegen jenen Beschluss einzulegen, den das Kreisparteigericht Thüringen Mitte Juli 2023 im Fall Maaßen getroffen hatte. Die CDU werde deshalb „in den nächsten Tagen“ vor das Landesparteigericht ziehen. Linnemann sagte nach Informationen der „Tagesschau“:
Wir sind nach wie vor davon überzeugt, dass Herr Dr. Maaßen durch sein Verhalten der Partei schweren Schaden zufügt und dies in eklatanter Weise fortsetzt.“
Juni: Blamage für Parteispitze
Maaßen hatte bereits am 23. Juni 2023 wegen seiner kontroversen Äußerungen Rede und Antwort vor dem Kreisparteigericht stehen müssen. Am Ende kam er allerdings mit einem Verweis davon, einer niedrigschwelligen Ordnungsmaßnahme unterhalb der Verwarnstufe. Außerdem durfte er in der Partei bleiben.
Aufgrund dieser Blamage für die Bundesparteispitze musste der CDU-Generalsekretär Mario Czaja seinen Platz räumen. Er wurde wenig später von Carsten Linnemann ersetzt, dem Chef der Grundsatzkommission. Friedrich Merz, die zweite treibende Kraft im parteiinternen Kampf gegen Maaßen, behielt jedoch seine Funktion.
Maaßen seit Januar Chef der WerteUnion
Hans-Georg Maaßen war erst Ende Januar 2023 zum Chef der WerteUnion gewählt worden. Die Abneigung von Friedrich Merz, Mario Czaja und anderen Spitzenkräften der Union hatte er sich unter anderem mit einem Gastbeitrag für die Schweizer Zeitung „Weltwoche“ zugezogen. In dem Beitrag hatte Maaßen die Politik eines „linken Flügels der CDU“ einer „Ideologie der sogenannten Anti-Deutschen“ zugeordnet.
Die CDU-Spitze sah darin die „Grundsätze und Ordnung der Partei“ verletzt, wie die „Berliner Zeitung“ berichtete: Maaßen habe „immer wieder ‚Sprache aus dem Milieu der Antisemiten und Verschwörungsideologen bis hin zu völkischen Ausdrucksweisen‘“ verwendet.
Zudem hatte das CDU-Präsidium Ende Januar eine „politische Missbilligung“ gegenüber der WerteUnion ausgesprochen. Wer CDU-Mitglied sei, so hieß es damals, könne nicht zugleich Mitglied der WerteUnion sein. Der Verein zählt nicht zu den offiziellen Parteigliederungen.
„Brücken statt Brandmauern“: Die WerteUnion in Thüringen
Erst vor gut zwei Wochen hatte die WerteUnion, die nach ihrem Selbstverständnis eine „Vereinigung von konservativen und liberalen Mitgliedern der CDU“ darstellt, ihre Unterstützung für das neue Bündnis für Thüringen zugesagt. Zu dem Bündnis gehören aktuell die Bürger für Thüringen, die Partei dieBasis sowie die Freien Wähler Thüringen. Deren Mitglieder wollen bei den Landtagswahlen im September 2024 ebenfalls politische Veränderungen herbeiführen, ohne irgendeine politische „Brandmauer“ zu errichten.
Bereits am 24. Oktober war es im Thüringer Landtag zu einem Eklat gekommen: Raymond Walk (CDU), der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses zum Thema „politische Gewaltkriminalität“, hatte eine Sitzung abgebrochen, nachdem der geladene Sachverständige Maaßen in seinem Eingangsstatement den amtierenden linken Ministerpräsidenten Bodo Ramelow und dessen Partei als „Linksextremisten“ bezeichnet hatte.
Zur Person: Hans-Georg Maaßen
Der Rechtsanwalt Dr. Hans-Georg Maaßen (CDU), Jahrgang 1962, war zwischen August 2012 und November 2018 Chef des Bundesamts für Verfassungsschutz (BfV). Seine abweichende Einschätzung zum Protestgeschehen in Chemnitz im Sommer 2018 infolge der Ermordung eines jungen Deutsch-Kubaners durch einen Syrer kostete ihn den Rückhalt von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU): Sie ließ ihren obersten Verfassungsschützer Anfang November in den einstweiligen Ruhestand versetzen.
Seitdem ist Maaßen viel unterwegs auf Vortragsreisen, seit Ende Januar 2023 häufig in seiner Rolle als Vorsitzender der unionsnahen WerteUnion. Dabei prangert er häufig die politischen, gesellschaftlichen und medialen Probleme in Deutschland an.
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion