Chemnitz nach dem Messer-Mord: „Nazi-Marsch“ oder „Marsch des Volkes“?

Wie sind "Rechte" zu erkennen? An ihrer Hautfarbe? An dem kurzen Haarschnitt? An Tätowierungen? Oder daran, nicht dem typischen Opferbild zu entsprechen? Im Video vom Gedenkmarsch durch Chemnitz sind alte und junge Leute zu sehen, Senioren, Schülerinnen und Schüler, Männer und Frauen, auch Männer mit den zuvor erwähnten "Stigmatisierungs-Merkmalen".
Titelbild
Chemnitz: Am Tatort der tödlichen Messer-Attacke werden Blumen und Kerzen abgelegt.Foto: Screenshot Youtube
Von 27. August 2018

Nach dem gewaltsamen Tod eines 35-Jährigen in Chemnitz in der Nacht auf Sonntag, 26. August, wurde das Stadtfest am Nachmittag abgebrochen. Unter dem Vorwand der Pietät gegenüber dem Verstorbenen wurden die Leute nach Hause geschickt. Später gab man jedoch zu, dass der Abbruch aus Sicherheitsgründen erfolgte.

Am Nachmittag kamen rund 100 Menschen zu einer Spontandemo der AfD. Nach etwa einer Stunde löste sich diese ohne Zwischenfälle auf.

Marsch der „Rechten“?

Eine halbe Stunde später kamen Hunderte Menschen erneut in der Gegend um den Tatort zusammen. Ein Schweigemarsch setzte sich in Bewegung. In manchen Medien wurde von bis zu 1.000 „Rechten“ geschrieben, die durch die Stadt zogen.

Doch wie sind „Rechte“ zu erkennen? An ihrer Hautfarbe? An dem kurzen Haarschnitt? An Tätowierungen? Im Video sind alte und junge Leute zu sehen, Männer und Frauen, auch Männer mit den zuvor erwähnten „Stigmatisierungs-Merkmalen“.

Auf Höhe der Zentralhaltestelle (Langversion Video: ab 6:40 min) riefen Vereinzelte, vielleicht auch wegen der Akustik auf der dort überdachten Wegstrecke, „Wir sind das Volk“, was von Teilen der Demonstranten kurzzeitig aufgenommen wurde.

Plötzlich wurde der spontane Marsch durch Chemnitz von der Polizei blockiert. Im Video sieht man ab Position 10:40 min., dass die Menschen zurückschreckten. Personen brechen zusammen: Reizgas!

Die Demonstranten werden von den behelmten Uniformierten abgedrängt und begleitet.

Schülerinnen schauen sich verängstigt um, auch Senioren sind unter den offiziell geschätzten 800 Personen des Marsches, der zu diesem Zeitpunkt ruhig und friedlich wirkt. Ein „Nazi-Aufmarsch“ ist nicht zu erkennen. Die Teilnehmer stellen eher einen Querschnitt der Bevölkerung von Chemnitz dar.

Das Video endet mit der Rückkehr an den Tatort. Hier wurden auf den großen Blutflecken Blumen und Kerzen abgelegt. Die Menschen bilden einen Kreis darum. Die Szene wirkt nachdenklich, bedrückt.

Hier: Langversion des Marsches durch Chemnitz (22:54 min)

Die Blockade der Polizei wird auf einem anderen Video nochmals deutlich. Es werden Rufe laut: „Lasst uns durch!“ Doch die Polizei hat ihre Befehle …

Es kam zu einer kurzen Eskalation und dem bereits erwähnten Reizgas-Einsatz. Auf Demonstranten wurde eingeprügelt.

Stadtfest-Abbruch: Die Lüge mit der Pietät

Kurz zuvor wurde das Stadtfest abgebrochen, aus Pietätsgründen wegen des Mordes, angeblich und nur ein Vorwand. Man hatte Angst vor den Menschen auf der Straße, vor ihrer Wut nach dem Mord. Die SPD-Oberbürgermeisterin reagierte verärgert auf die Störung ihres Stadtfestes:

Es sollte ein friedliches Stadtfest werden. Wir hatten ja einen besonderen Anlass, den Stadtgeburtstag. Und wenn ich sehe, was sich in den Stunden am Sonntag hier entwickelt hat, dann bin ich entsetzt. Dass es möglich ist, dass sich Leute verabreden, ansammeln und damit ein Stadtfest zum Abbruch bringen, durch die Stadt rennen und Menschen bedrohen – das ist schlimm. Denen, die sich hier angesammelt haben, bewusst auch keine Versammlung angemeldet haben, geht es darum, genau das Stadtfest zu stören, die Situation zu chaotisieren, damit die Menschen noch mehr Angst kriegen und genau das dürfen wir uns nicht gefallen lassen.“

(Barbara Ludwig, OB Chemnitz, Quelle: MDR)

Die Polizei vermeldete in ihrem Bericht vier Anzeigen im „Sachzusammenhang“:

Hierbei handelt es sich um zwei Anzeigen wegen Körperverletzung, eine Anzeige wegen Bedrohung sowie eine Anzeige wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte.“

(Polizeibericht)

OB Ludwig wäre es wohl am liebsten, wenn damit der Fall erledigt wäre. Allerdings wurde bereits internationale Aufmerksamkeit erregt. Die „Washington Post“ schrieb: „Man killed after street festival in eastern Germany“.



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