Wenn die Pflege wegbricht: Angehörige berichten von zunehmender Hilflosigkeit und Verzweiflung

Pflegende Angehörige fühlen sich in der Coronakrise häufig überfordert. Das ist das Ergebnis einer Studie des Zentrums für Qualität in der Pflege und der Berliner Charité, über die die FAZ (Dienstagsausgabe) berichtet.
Titelbild
Eine Frau kümmert sich um ihre Mutter.Foto: iStock
Epoch Times30. Juni 2020

Laut einer Studie des Zentrums für Qualität in der Pflege und der Berliner Charité, über die die FAZ (Dienstagsausgabe) berichtet, gaben 32 Prozent der Befragten an, dass sich die Pflegesituation wegen Corona verschlechtert habe.

Von zunehmender Hilflosigkeit berichteten 29 Prozent, von steigender Verzweiflung 22 Prozent. Auf dem vorläufigen Höhepunkt der Coronakrise trieb fast jeden Vierten die Sorge um, dass die häusliche Pflege nicht mehr zu schaffen sei.

Die Forscher haben zur Zeit des bundesweiten Lockdowns 1.000 pflegende Angehörige befragt. Die Studie macht auch deutlich, warum die Angehörigen so unter Druck geraten sind.

Gewohnte Unterstützung in 81 Prozent der Fälle weggebrochen

Demnach gaben 81 Prozent der Befragten an, dass die gewohnte Unterstützung durch eine Tagespflege-Einrichtung wegen Corona mit einem Mal ganz weggefallen sei; 39 Prozent berichten zudem, dass weitere Gesundheitsdienstleister wie die medizinische Fußpflege die Arbeit eingestellt hätten.

Nach Auffassung von Kordula Schulz-Asche, der pflegepolitischen Sprecherin der Grünen-Fraktion im Bundestag, ist es „fatal“, wenn die pflegerischen Unterstützungsangebote wegfallen. Die Angehörigen stünden dann plötzlich ohne Hilfe da.

„Deshalb machen wir uns dafür stark, dass pflegende Angehörige mit dem Corona-Pflegegeld einen verlässlichen finanziellen Ausgleich erhalten, wenn Betreuungs- und Unterstützungsangebote pandemiebedingt nicht mehr zur Verfügung stehen“, sagte Schulz-Asche der FAZ.

CDU kann sich Lohnersatzleistung vorstellen in Corona-Pandemie

Der Vorsitzende des Gesundheitsausschusses im Bundestag, Erwin Rüddel (CDU), sprach sich ebenfalls für eine solche Lösung aus. „Ich kann mir eine Lohnersatzleistung bei der Pflege vorstellen“, sagte Rüddel der FAZ. Diese solle aber nur während einer Pandemie gelten.

Die Pflegebeauftragte der SPD-Fraktion im Bundestag, Heike Baehrens, verwies auf bereits beschlossene Verbesserungen. Mitte Mai hat der Bundestag entschieden, dass Angehörige bis zu 20 Arbeitstage zu Hause bleiben können, um die Versorgung nahestehender Pflegebedürftiger neu zu organisieren.

Bisher gab es das Pflegeunterstützungsgeld für höchstens zehn Tage. Damit sei es aber nicht getan. „Wir brauchen dringend mehr Angebote im Bereich der Kurzzeitpflege“, sagte Baehrens der FAZ.

Demenzkranke verstehen Hygieneregeln oft nicht

„Pflegende Angehörige tragen oft große Verantwortung für die Gesundheit sowie die emotionale und soziale Situation ihrer pflegebedürftigen Nächsten“, sagte Ralf Suhr, Chef des Zentrums für Qualität in der Pflege. Die Stiftung steht dem Verband der Privaten Krankenversicherung nahe.

Dass insbesondere die Versorgung von Demenzkranken zu Problemen geführt hat, wundert die Direktorin des Instituts für Medizinische Soziologie und Rehabilitationswissenschaft an der Berliner Charité, Adelheid Kuhlmey, nicht. „Veränderungen und Stress, die nun gerade vermehrt auftreten, wirken sich für Menschen mit Demenz nachteilig aus“, sagte sie.

Zudem verstünden viele Demenzkranke die zusätzlichen Hygieneregeln oft nicht, was für pflegende Angehörige besonders belastend sei. (dts)



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