Rücktrittsankündigung von Kramp-Karrenbauer sorgt für Diskussion in CDU und CSU: Es droht ein Machtvakuum

Der Rückzug von CDU-Chefin Kramp-Karrenbauer belastet das Verhältnis zur Schwesterpartei CSU, sorgt aber auch innerhalb der CDU für Diskussionsstoff: Wer soll der Nachfolger sein, wann soll die Wahl stattfinden und soll Parteiführung und Kanzlerschaft personell getrennt werden? Es droht ein Machtvakuum.
Der Rücktritt von Kramp-Karrenbauer führt zu einem Machtvakuum.
Annegret Kramp-Karrenbauer hat ihren Rücktritt als CDU-Chefin erklärt.Foto: Michele Tantussi/Getty Images
Epoch Times11. Februar 2020

Der angekündigte Rückzug von CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer belastet das Verhältnis zur Schwesterpartei CSU. Führende CSU-Politiker drängten am Dienstag auf eine raschere Klärung der offenen Personalfragen. Als „abwegig“ und „nicht umsetzbar“ kritisierte CDU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt das Vorhaben Kramp-Karrenbauers, erst in einigen Monaten über Kanzlerkandidatur und CDU-Vorsitz zu entscheiden.

Kramp-Karrenbauer hatte am Montag einen Zeitplan für die Klärung ihrer Nachfolge vorgestellt und dafür die Billigung des CDU-Präsidiums erhalten. Im Sommer soll zunächst der Kanzlerkandidat der Union gekürt werden, dem sie dann auch den Parteivorsitz übergeben will – beim Bundesparteitag im Dezember. Die CSU warnt, dass dieser langwierige Prozess ein Machtvakuum in der CDU öffnet.

„Krisenhafte Situationen bewältigt man nicht durch das Zelebrieren der Krise, sondern durch Handeln“, mahnte Dobrindt. Es gebe bei der CDU eine „offene Führungsfrage“, die einer schnellen Klärung bedürfe. Die Partei müsse „jetzt die Entscheidung treffen, ob sie die Kraft hat, sich zu erneuern“. Je länger die Findungsphase dauere, desto länger sei die Partei der „Häme“ des politischen Gegners ausgeliefert.

Söder: Entscheidung müsse „früher als nur im Laufe des Jahres“ fallen

Auch CSU-Chef Markus Söder drängt die Schwesterpartei, ihre Führungsfrage zügig zu klären. Die Entscheidung müsse „früher als nur im Laufe des Jahres“ fallen, sagte er im Bayerischen Rundfunk.

Jetzt da möglicherweise einen Schönheitswettbewerb zu machen, wer wann wo besser ist, wird nicht mehr Stabilität bringen.“

Für Söder dürfe es hier kein zu langes Verfahren geben, erklärte der CSU-Vorsitzende entsprechend Teilnehmerangaben in einer CSU-Fraktionssitzung im Landtag in München. Zunächst müsse die Frage des CDU-Parteivorsitzes geklärt werden, dann die Kanzlerkandidatur, und zwar zusammen mit der CSU, argumentierte Söder. Diesen Prozess wolle die CSU mitgestalten.

Kramp-Karrenbauer will sich nicht drängen lassen

Kramp-Karrenbauer machte aber klar, dass sie sich nicht drängen lassen will. Bis spätestens Jahresende solle die CDU „inhaltlich, personell und organisatorisch fit“ für den Bundestagswahlkampf 2021 sein, sagte sie der ARD. Sobald ein Kanzlerkandidat oder eine -kandidatin benannt sei, „macht es Sinn, die Ämter auch wieder zusammenzuführen“, sagte sie mit Blick auf den Parteivorsitz.

Der Parlamentsgeschäftsführer der Unionsfraktion, Michael Grosse-Brömer (CDU), mahnte Unterstützung für Kramp-Karrenbauer an. „Solange sie im Amt ist, hat sie die volle Geschäftsfähigkeit“, sagte er. Die CDU müsse die Personalfragen „jetzt vernünftig in Ruhe überlegen“.

Potenzielle Nachfolgekandidaten hielten sich auch am Dienstag mit Wortmeldungen zurück. Ex-Fraktionschef Friedrich Merz, der als möglicher nächster CDU-Chef und Kanzlerkandidat gehandelt wird, will zunächst die Abstimmung mit anderen Interessenten suchen: „Friedrich Merz wird sich natürlich mit allen Beteiligten abstimmen und sich zu gegebener Zeit äußern“, sagte sein Sprecher Armin Peter der Nachrichtenagentur AFP.

Weinberg: CDU brauche „ein Führungsteam, dass die ganze Partei repräsentiert

Für Spitzenkandidat der CDU im Hamburger Landtagswahlkampf, Marcus Weinberg, wäre es „klug und für die Partei wichtig“, dass sich die drei potenziellen Kanzlerkandidaten „schnellstmöglich verständigen“, sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Mittwochsausgabe).

Armin Laschet steht für den liberalen Flügel. Friedrich Merz für den Wirtschaftsflügel. Und Jens Spahn steht für die kommende Generation.“

„Wir brauchen alle“, sagte Weinberg über die drei Politiker, die als wahrscheinlichste Anwärter auf die Kanzlerkandidatur der Union und den CDU-Vorsitz gelten. Die CDU brauche „ein Führungsteam, dass die ganze Partei repräsentiert und gemeinsam Verantwortung übernimmt.“

NRW-Ministerpräsident Laschet, der frühere Unionsfraktionsvorsitzende Merz und Bundesgesundheitsminister Spahn müssten gemeinsam mit den Ministerpräsidenten von Schleswig-Holstein und Sachsen, Daniel Günther und Michael Kretschmer „eine neue Geschlossenheit repräsentieren“, sagte Weinberg weiter.

Vor einer Abstimmung zwischen mehreren Kandidaten warnte er: „Wir können auch beim Parteitag einen Vorsitzenden wählen und werden wahrscheinlich wieder ein Ergebnis von 51 zu 49 Prozent bekommen.“ Das wäre mit Blick auf die Geschlossenheit der Partei im Bundestagswahlkampf „eine große Vorbelastung“.

Auch die Junge Union Nordrhein-Westfalen forderte Laschet, Merz und Spahn auf, die Frage von CDU-Vorsitz und Kanzlerkandidatur untereinander zu klären. „Uns ist wichtig, dass die drei sich untereinander verständigen und einigen. Wir sind auf alle drei angewiesen“, sagte der Vorsitzende Florian Braun dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ (Mittwochsausgabe).

Die drei Männer gehören alle zum CDU-Landesverband NRW. Sie hätten „gemeinsam die Verantwortung, die Union wieder zusammenzuführen – eine offene Auseinandersetzung würde da nicht helfen“, urteilte Braun.

Dobrindt: „Es gibt keine fixe Regel, die sagt, es müsse immer in einer Hand sein“

Die CSU wollte sich am Dienstag nicht Kramp-Karrenbauers Empfehlung zu eigen machen, CDU-Vorsitz und Kanzlerkandidatur in eine Hand zu legen. „Es gibt keine fixe Regel, die sagt, es müsse immer in einer Hand sein“, sagte Dobrindt.

Eine mögliche Mitgliederbefragung wie bei der SPD lehnt Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) ab. Auf dem jüngsten Parteitag in Leipzig hätten 80 Prozent der Delegierten gegen ein solches Vorgehen gestimmt, sagte Bouffier am Dienstag in der HR1-Sendung „Koschwitz am Morgen“. Er fügte hinzu: „Wir möchten nicht den gleichen Zirkus veranstalten wie die Sozialdemokraten. Wir können uns das derzeit nicht erlauben, dass wir uns monatelang mit uns selbst beschäftigen.“

Bouffier, der auch einer der fünf stellvertretenden Bundesvorsitzenden der CDU ist, geht davon aus, dass ein neuer Kanzlerkandidat bereits vor dem kommenden Sommer gefunden wird. Kramp-Karrenbauer selbst hatte vorgeschlagen, diesen dann beim CDU-Parteitag im Dezember bestätigen zu lassen. „Ich glaube nicht, dass wir solange warten, sondern wir werden das schneller entscheiden“, so der hessische Ministerpräsident.

Bouffier: Kramp-Karrenbauer „hat sich in den Dienst der Partei gestellt“

Zum Rücktritt von Kramp-Karrenbauer sagte Bouffier: „Ich glaube, dass sie richtig gehandelt hat. Sie hat sich in den Dienst der Partei gestellt.“ Entscheidend sei jetzt, „dass die Union Geschlossenheit zeigt, dass sie handlungsfähig ist und dass wir möglichst rasch die Dinge klären. Nicht hektisch aber zügig“.

Das müsse man gemeinsam mit der CSU machen, denn man wolle gemeinsam als Union eine Persönlichkeit küren, „die die Partei in den nächsten Bundestagswahlkampf führt“.

CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer hat Forderungen aus der CSU nach einer sehr schnellen Lösung der offenen Personalfragen indirekt zurückgewiesen.

Die CDU sei nicht unter Druck, einen neuen Vorsitzenden zu finden, sagte sie nach Angaben von Teilnehmern in der Sitzung der Unionsfraktion. Kanzlerin Angela Merkel sagte demnach, sie teile die Abgrenzung von Kramp-Karrenbauer und Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus gegenüber der Linkspartei. Die Linke habe nie die Frage beantwortet, ob die DDR ein Unrechtsstaat gewesen sei. (dpa/dts/afp)



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