Das Bürgergeld steigt – lohnt sich Arbeit noch?

Grünes Licht für eine kräftige Erhöhung des Bürgergelds: Während sich die einen auf mehr Geld freuen, fragen sich die anderen, ob es sich noch lohnt zu arbeiten. Die FDP bringt derweil noch eine weitere Forderung ins Spiel.
5,5 Millionen Bedürftigen erhalten ab Januar im Schnitt rund 12 Prozent mehr Bürgergeld.
5,5 Millionen Bedürftige erhalten ab Januar im Schnitt rund 12 Prozent mehr Bürgergeld.Foto: Monika Skolimowska/dpa-Zentralbild/dpa
Epoch Times14. September 2023

Die mehr als fünf Millionen Bürgergeld-Empfänger sollen zum 1. Januar 2024 im Schnitt rund 12 Prozent mehr Geld bekommen. Das Bundeskabinett hat am Mittwoch in Berlin eine entsprechende Verordnung von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) beschlossen.

Die jährliche Anpassung des Bürgergelds erfolgt auf der Basis von statistisch erfassten Daten von rund 60.000 Haushalten. Es wird ein bestimmter Bedarf unter anderem für Ernährung, Kleidung, Körperpflege und Hausrat festgestellt. So sei der Regelsatz zustande gekommen. In dem aktuellen Betrag von 502 Euro für einen Erwachsenen sind etwa 174 Euro für Nahrung und Getränke, rund 49 Euro für Freiheit/Unterhaltung/Kultur und 45 Euro für Telekommunikation/Post enthalten. Heil hatte die Anhebung bereits Ende August angekündigt. Seitdem wird kontrovers darüber diskutiert.

Arbeiten oder Bürgergeld?

Lohnt sich arbeiten noch, fragen sich einige. Familien, in denen nur eine Person zum Mindestlohn arbeitet und keine zusätzlichen Sozialleistungen wie Wohngeld oder Kinderzuschlag erhält, kann das verfügbare Einkommen tatsächlich geringer sein als das einer Familie, die Bürgergeld bezieht.

Eine Beispielrechnung: Eine Familie (Eltern empfangen Bürgergeld) mit Kind (unter fünf Jahren) erhalte mit der Erhöhung des Bürgergelds künftig nicht mehr 2.050 Euro, sondern 2.296 Euro. Auch die komplette Warmmiete wird vom Staat übernommen.

Zum Vergleich: Der durchschnittliche monatliche Nettolohn für Arbeitnehmer lag laut Statista im Jahr 2022 bei ungefähr 2.245 Euro. Davon müssen noch Wohnkosten bezahlt werden.

Zu viel oder zu wenig – Kritik von verschiedenen Seiten

Kritiker befürchten, dass Deutschland für Leistungsempfänger immer attraktiver werde, während immer mehr gut ausgebildete Fachkräfte das Land verlassen könnten. Der Anreiz, zu arbeiten und sich in den Dienst der Gesellschaft zu stellen, werde damit immer weiter unterminiert.

Auch Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hatte das erst zu Beginn des Jahres eingeführte Bürgergeld immer wieder infrage gestellt. Statt diese Mittel direkt auszubezahlen, sollte man sie zum Beispiel in Fördermaßnahmen in Kitas und Schulen investieren, so Lindner.

Laut CDU-Chef Friedrich Merz gebe es mit der Erhöhung des Bürgergelds ein Problem mit dem Lohnabstandsgebot, nach dem die Sozialleistungen spürbar unter den Löhnen liegen sollen. Arbeitsanreize sollten nicht verloren gehen, Arbeit solle sich lohnen, forderte Merz. Die SPD hält der Union entgegen, dass das Lohnabstandsgebot auch durch höhere Einkommen erreicht werde. Der Mindestlohn sei seit Anfang 2022 prozentual stärker gestiegen als das Bürgergeld.

AfD-Chefin Alice Weidel hatte der Bundesregierung vorgeworfen, „noch mehr Anreize für ungeregelte Einwanderung“ zu setzen. Die Erhöhung des Bürgergelds sei ein „Migrationsmagnet, der noch mehr Einwanderer aus aller Welt lockt“.

Linke und Sozialverbände kritisierten die Bürgergeld-Anhebung dagegen mit Blick auf die hohen Lebensmittel und Energiepreise als zu spät und zu niedrig.

Auch Leistungen für Asylbewerber steigen

Parallel zur Erhöhung der Bürgergeld-Sätze werden zugleich die Leistungen für Asylbewerber nach dem Asylbewerberleistungsgesetz entsprechend der Lohn- und Preisentwicklung im Land jährlich angepasst. „Prozentual genauso wie die Regelsatzanhebung“, teilte eine Sprecherin des Bundessozialministeriums auf Nachfrage mit.

Wer in Deutschland einen Asylantrag gestellt hat, über den bisher nicht entschieden wurde, oder wer eine sogenannte Duldung hat, bekommt kein Bürgergeld, sondern Unterstützung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz.

Nach derzeitigem Stand sind das laut Bundessozialministerium für Alleinstehende 182 Euro sogenanntes Taschengeld. Dazu kommen 228 Euro für den sogenannten notwendigen Bedarf: etwa Ernährung, Unterkunft, Heizung oder Kleidung.

FDP fordert auch Steuersenkungen

Derweil hat die FDP ihre Forderung nach gleichzeitigen Steuerentlastungen weiter bekräftigt. „Berufstätige dürften nicht immer nur zur Finanzierung höherer Sozialleistungen zur Kasse gebeten werden. Auch die Mitte unserer Gesellschaft muss steuerlich entlastet werden“, sagte Generalsekretär Bijan Djir-Sarai der „Deutschen Presse-Agentur“ (dpa). Er sprach sich konkret für eine Anhebung des sogenannten Grundfreibetrags und des Kinderfreibetrags bei der Steuer aus.

Die Freibeträge markieren den Teil des Einkommens, auf den keine Steuer fällig wird. Sie werden regelmäßig nach oben angepasst. Grundlage ist das statistisch berechnete Existenzminimum, also der Mindestbetrag, den Menschen für das Notwendigste zum Leben benötigen. Die Bundesregierung erstellt dafür alle zwei Jahre einen sogenannten Existenzminimumbericht. Auf dessen Basis wurden die Freibeträge in diesem Jahr bereits erhöht. Für das nächste Jahr ist eine weitere Erhöhung geplant. (dpa/afp/dl)



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