Energiekonzern EnBW: 410 Milliarden Euro für den Ausbau der Netze

Noch vor zwei Monaten prognostizierten die Netzbetreiber deutlich niedrigere Kosten. Nun nannte eine Projektleiterin der EnBW neue Zahlen. Wie teuer könnte der Ausbau der deutschen Stromnetze wirklich werden?
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Wind- und PV-Anlagen sowie Hochspannungsleitungen. Der Strom muss auch passend transportiert werden.Foto: iStock
Von 25. Mai 2023

Die deutschen Netzbetreiber wollen ihre Stromnetze ausbauen, um für die kommenden Jahre der Energiewende gewappnet zu sein. Nun hat die EnBW in einem Wochenmagazin im baden-württembergischen Karlsruhe-Durlach mitgeteilt, dass der Ausbau voraussichtlich deutlich teurer wird als bisher angenommen.

Die erneuerbaren Quellen liefern zu Spitzenzeiten, also bei sonnigem und windigem Wetter, bereits jetzt einen Überschuss an elektrischem Strom. Diesen müssen die Netzbetreiber dann teilweise ins Ausland abführen. Mit dem fortlaufenden Ausbau von Wind- und Photovoltaikanlagen füllt noch mehr Strom die Netze. Damit diese der zunehmenden Last standhalten und einen sicheren Netzbetrieb garantieren können, ist ein massiver Ausbau der Netze erforderlich.

Kosten mehr als verdreifacht

Noch im März berichteten die Netzbetreiber laut „Handelsblatt“: „Die für das Jahr 2045 neu identifizierten Projekte umfassen Trassenlängen von insgesamt 14.197 Kilometern.“ Davon entfielen 5.742 Kilometer auf Netze an Land und 8.455 Kilometer auf Leitungen zur Anbindung von Offshore-Windparks.

Dafür errechneten die Netzbetreiber Kosten von insgesamt 128,3 Milliarden Euro. 41,6 Milliarden entfielen auf die Leitungen an Land und 86,7 auf das Offshore-Netz. Eine auf „Statista“ veröffentlichte Erhebung ging im März 2021 von Netzausbaukosten von lediglich 16 Milliarden Euro bis 2030 aus.

In dem Durlacher Bericht sprach Constanze Schmidt-Winter jetzt von 410 Milliarden Euro – mehr als das Dreifache der noch im März kalkulierten Summe. Schmidt-Winter ist Rechtsanwältin und Projektleiterin für „Politik Baden-Württemberg und Grundsatzfragen“ bei der EnBW.

Schmidt-Winter sprach zudem von den ehrgeizigen Klimazielen der EnBW. „Die EU will 2050 klimaneutral sein, Deutschland 2045, Baden-Württemberg 2040 und die EnBW 2035“, sagte die Projektleiterin.

Der Energiekonzern EnBW aus Baden-Württemberg.

Der Energiekonzern EnBW aus Baden-Württemberg. Foto: Uli Deck/dpa

Einfluss auf die Politik

Die EnBW Energie Baden-Württemberg AG ist nach Uniper und E.ON das drittgrößte Energieunternehmen Deutschlands. Um ihren Klimazielen näher zu kommen, ist die Politik für die EnBW ein wichtiger Schlüssel. „Die EnBW will ihre Interessen im politischen Kontext durchsetzen“, sagte Schmidt-Winter. „Dazu will sie gesetzliche und regulatorische Rahmenbedingungen schaffen, die sich auf das Geschäftsergebnis der EnBW auswirken.“ Deshalb wirke die EnBW über ihren Politikbereich auf die Politik und die Landespolitik ein.

Die Transformation sei gewaltig. Um bis 2045 Klimaneutralität zu erreichen, gelte es, das Energiesystem umzugestalten. Strom solle zu mindestens 80 Prozent aus erneuerbaren Energien stammen. Zudem sollen Wärmeversorgung (Wärmepumpen) und Transportwesen (Elektroautos) zunehmend elektrisch funktionieren. Wasserstoffbetriebene Kraftwerke, Batteriespeicher und Wasserkraftwerke sollen nach Vorstellung der Betreiber irgendwann die Versorgungssicherheit garantieren. Der Strombedarf wachse von rund 500 Terawattstunden (2021) auf 800 bis 900 TWh in den kommenden Jahren.

Weiter erklärte Schmidt-Winter, dass Batterie- oder Pumpspeicher und regelbare Kraftwerke mit Biogas und Wasserstoff zusätzlich verfügbare Leitung liefern müssten. Für Baden-Württemberg ergebe sich damit ein steigender Bedarf an importiertem Strom aus dem Ausland.

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Zunächst Erdgas statt Kohle

„Die EnBW wird einen Zwischenschritt auf dem Weg zur Klimaneutralität machen und erst einmal auf klimafreundlicheres Erdgas statt Kohle setzen“, so Schmidt-Winter. In den Städten könne künftig die „volkswirtschaftlich günstige Fernwärmeversorgung“ stark ausgebaut werden.

Nicht zuletzt der Ukraine-Krieg habe unter anderem höhere Preise, Veränderungen bei den Gaslieferanten und Insolvenzen bei Anbietern bewirkt. „2021 hat die EU 83 Prozent ihres Erdgases importiert“, sagte Schmidt-Winter. „Etwa 47 Prozent kamen aus Russland, 21 Prozent aus Norwegen, zwölf Prozent aus Algerien, sechs Prozent aus den USA. Im September 2022 stammten 52 Prozent aus den Niederlanden, Belgien und Frankreich und 43 Prozent aus Norwegen.“

Die Projektleiterin ging auch auf die deutsche Gasversorgung ein. Diese sei nach dem milden Winter stabil geblieben, was Hoffnung für den nächsten Winter gebe. „Das ist ein Füllstand von 85 Prozent zum Oktober 2023, 95 Prozent zum November 2023 und 40 Prozent zum Februar 2024“, so Schmidt-Winter.

Quelle: Mitteilungsblatt für Durlach



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