Spanien: Viel Solarstrom bringt Windräder zum Stehen

Der Ausbau der PV-Anlagen zog vor ein paar Jahren in Spanien kräftig an. Die Stiftung Renovables rechnet nun damit, dass Windkraftanlagen im Sommer deswegen abgeschaltet werden müssen. Die spanische Regierung will aber noch mehr photovoltaische Leistung fördern.
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Arbeiter bauen eine Solaranlage auf. In Spanien können durch die hohe Sonneneinstrahlung in den Sommermonaten teilweise Windräder abgestellt werden.Foto: iStock
Von 30. April 2023

Die Sommerzeit in Spanien ist bekanntermaßen heiß – und sonnenreich. Ideale Bedingungen also für Photovoltaikanlagen. Die jährliche Sonneneinstrahlung liegt hier im Mittel bei rund 1.700 Kilowattstunden pro Quadratmeter (kWh/m²). Zum Vergleich: In Deutschland sind es gerade mal rund 1.000 kWh/m².

Im vergangenen Jahrzehnt stagnierte der Ausbau der PV-Anlagen jedoch aufgrund einer sogenannten Sonnensteuer für mehrere Jahre bei knapp fünf Gigawattpeak (GWp). Im Jahr 2019 schaffte die spanische Regierung diese wieder ab und begann mit einer klaren politischen Richtungsvorgabe, die solare Energieerzeugung zu fördern.

Infolgedessen konnte sich die Solarkapazität innerhalb der letzten Jahre auf knapp 20 GWp im vergangenen Jahr fast vervierfachen, wie die „Welt“ berichtet. Hält das derzeitige Ausbautempo an, wird Spanien sein Ziel, bis 2030 Solarkapazitäten mit einer Leistung von 40 Gigawatt zu installieren, wohl vorzeitig erreichen. Im direkten Vergleich mit Deutschland beträgt die aktuelle installierte PV-Leistung in Spanien aber weniger als ein Drittel. Hierzulande waren laut Statista Ende 2022 bereits 67 GWp in Form von Solaranlagen in Betrieb.

Spanien

Installierte PV-Kapazität in Spanien in Gigawatt. Foto: mf/Epoch Times, Quelle: Welt

Neue Bedingungen auf dem Strommarkt

Die rasant gestiegene Stromkapazität ändert die Situation von Spaniens Energiepolitik und -management. Ismael Morales, Mitbegründer der Stiftung Renovables, setzt sich für einen schnelleren Ausbau erneuerbarer Energien in dem südeuropäischen Land ein. Aufgrund der reichlichen PV-Anlagen fördere Spanien „eine neue Infrastruktur für die Wasserstoffproduktion aus Solarenergie, die in Zukunft Gas als Energielieferant ersetzen könnte“, erklärte Morales.

Seiner Ansicht nach produzieren spanische Solaranlagen in den sonnenreichsten Monaten von Frühjahr bis Herbst bereits so viel Strom, dass Windkraftanlagen mitunter abgeschaltet werden müssen. Ansonsten würde das Stromnetz so hohe Strommengen nicht aufnehmen können.

Dass temporär hohe Energieproduktionen durch PV-Anlagen die bestehenden Netze an ihre Grenzen bringen, erlebte erst kürzlich Polen. Epoch Times berichtete über den Fall, als ein Netzbetreiber sich dazu gezwungen sah, sowohl Solar- als auch Windkraftanlagen für eine bestimmte Zeit vom Netz zu trennen, um eine Überlastung dessen zu vermeiden.

Renovables fordert deshalb nun einen zügigen Ausbau des Stromnetzes und dessen Infrastruktur. Das soll etwa durch eine stärkere Elektrifizierung des Verkehrs (Elektroautos) und höhere Speicherkapazitäten realisiert werden.

Zudem soll der vermehrte Einsatz von Solarenergie für die Produktion von grünem Wasserstoff dienen. Diesen könnte Spanien dann auch an den Rest Europas verkaufen, sofern es die notwendige Infrastruktur dafür gibt.

Weiterer PV-Ausbau in Planung

Da der PV-Ausbau derzeit so rasant vorankommt, hat sich die spanische Regierung ein neues Ziel gesteckt. Bis 2030 sollen insgesamt 60 Gigawatt an erneuerbaren Energien hinzukommen.

Im Zuge seiner Energiewende bereitet das Land gleichzeitig seinen Ausstieg aus der Kern- und Kohlekraft vor. Derzeit tragen Spaniens Kernkraftwerke laut der App Electricity Maps zu gut 17 Prozent der landesweiten Stromerzeugung bei, der Kohleanteil liegt bei 1,3 Prozent.

Um diese Energieträger zu ersetzen, spielen laut der „Welt“ neben der Solarenergie auch Wind- und Wasserkraft weiterhin eine wichtige Rolle. Im vergangenen Jahr stammten 24,9 Prozent des verbrauchten Stroms aus Wind-, 13,2 Prozent aus Solar- und 11,7 Prozent aus Wasserenergie.

Weiterhin Widerstand gegen Solarprojekte

„Erneuerbare ja, aber nicht so.“ Diesen Kampfspruch verwenden seit Monaten Umweltorganisationen und Bürgerbewegungen, die in ganz Spanien gegen die Großprojekte protestieren. Sie meinen, diese seien kaum nachhaltig und weisen auf deren vermeintliche Nachteile hin.

Die deutsche Auswanderin Claudia Scholler führt eine der Protestgruppen an, wie „Costa Nachrichten“ berichtet. Sie verweist auf eine riesige Anlage, etwa 500 Hektar groß, welche in nur 800 Meter Entfernung zum Ortskern von Lucainena entsteht. „Die Starkstromleitung führt ausgerechnet durch ein landschaftlich und ökologisch wertvolles Tal“, kritisiert Scholler. Zudem würden zahlreiche Existenzen gefährdet, da vielen Anwohnern der Ruin droht. „Die betroffenen Menschen sind nicht einmal angehört worden, alle ihre Widersprüche wurden einfach ignoriert“, erklärte Scholler.

Sie selbst habe nichts gegen Solarenergie. Auf ihrem Landgasthaus habe sie selbst eine Solaranlage und schätzt diese sehr. Sie macht sich hingegen Sorgen um die Auswirkungen von Großanlagen auf die direkte Landschaft, auf der diese stehen. „Den Betreibern, ein Investmentfonds aus den USA und ein Installationunternehmen aus Kanada, ist es völlig egal, wie sich ihr Solarpark auf die Flora und Fauna hier auswirkt.“

Auch der ehemals nachhaltige Tourismus leide laut Scholler. Früher habe die Gegend Wanderer und Radfahrer angelockt. „Im Tal wird außerdem eine eco-colmena betrieben, ein ökologischer Bienenstock, dessen Bienen der Lebensraum geraubt wird. Es gibt hier auch eine Bauernhofschule, die nun, wo die Bagger bereits das Terrain für den Solarpark bearbeiten, keine Schulklassen mehr empfängt, weil die Kinder den Staubwolken ausgesetzt wären.“

Das Allgemeinwohl, Rücksicht auf die Natur und Bürgerinteressen müssten im Vordergrund stehen. Die protestierenden Umweltorganisationen und Bürgerbewegungen fordern eine ordnungsgemäße Planung der Anlagen, einschließlich ausreichender Bürgerbeteiligung.



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