EU-Urheberrechtsreform: Als nächstes müssen die Regierungen der Staaten abstimmen

Das EU-Parlament hat der viel kritisierten Reform des Urheberrechts zugestimmt, nun müssen die EU-Staaten noch einmal zustimmen. Sagt die Bundesregierung dieses mal "Nein", dann wäre die nötige Mehrheit unter den EU-Staaten unwahrscheinlich.
Epoch Times27. März 2019

Nach der Zustimmung des Europaparlaments zur Reform des Urheberrechts sind nun die EU-Staaten erneut am Zug. Sie müssen dem Kompromiss noch einmal zustimmen.

Dies hatten sie – auch mit einem deutschen Ja – im Februar schon einmal getan. Als möglicher Termin für das neue Votum gilt der 9. April. Die Gegner erhoffen sich, dass die Bundesregierung die Zustimmung dann verweigert. Das gilt jedoch als unwahrscheinlich. Falls die EU-Staaten erneut zustimmen, hätten sie rund zwei Jahre Zeit, die neuen Regeln in nationales Recht umzusetzen.

SPD ruft Regierung auf, nicht zuzustimmen

Der SPD-Europapolitiker Tiemo Wölken rief die Bundesregierung dazu auf, dem Vorhaben nicht erneut zuzustimmen. „Katarina Barley (SPD) als Justizministerin und die Bundeskanzlerin sollten ihre Zustimmung zu der Urheberrechtsreform nun überdenken“, sagte Wölken der „Rheinischen Post“. Durch ein deutsches Nein wäre die nötige Mehrheit unter den EU-Staaten unwahrscheinlich.

Barley hatte am Dienstag das Votum bedauert, aber nicht erkennen lassen, dass sie ihre vorherige Zustimmung zurückzieht. In der ARD verwies die SPD-Politikerin auf die zweijährige Umsetzungsfrist und betonte, alle Beteiligten müssten nun schauen, die Richtlinie so „userfreundlich“ wie möglich umzusetzen, um eine größtmögliche Freiheit im Netz zu erhalten.

Die umstrittenen Upload-Filter

Union und SPD wollen dabei auf sogenannte Upload-Filter verzichten. Diese könnten schon beim Hochladen auf Plattformen wie YouTube automatisch überprüfen, ob Inhalte urheberrechtlich geschütztes Material enthalten – und dieses dann blocken. Weil Kritiker fürchten, dass dadurch auch legale Inhalte aussortiert werden, lehnen Union und SPD Upload-Filter mittlerweile ab.

Gegner der Reform halten eine Umsetzung von Artikel 13 ohne diese Filter nicht für möglich und behaupten, dies käme Zensur gleich.

Die Copyright-Reform soll das veraltete Urheberrecht in der EU ans digitale Zeitalter anpassen und Urhebern für ihre Inhalte im Netz eine bessere Vergütung sichern. Mitte Februar hatten sich Unterhändler des Europaparlaments und der EU-Staaten auf einen Kompromiss geeinigt. Das Parlament hat diesen Kompromiss am Dienstag bestätigt. Im Vorfeld war es jedoch – vor allem in Deutschland – zu heftigen Protesten gekommen. Der Widerstand richtete sich insbesondere gegen Artikel 11 und Artikel 13.

Auch am Dienstagabend gab es in mehreren deutschen Städten spontane Demonstrationen gegen die Entscheidung des Europäischen Parlaments mit insgesamt mehreren hundert Teilnehmern. So kamen in Hamburg nach Angaben von Beobachtern zwischen 200 und 300 Menschen zu einem Protestmarsch zusammen, in Berlin waren es nach Angaben der Polizei rund 250 Teilnehmer.

Vertrauen der digitalen Generation in die Demokratie sei massiv beschädigt

Artikel 11 sieht ein Leistungsschutzrecht für Presseverlage vor. Danach müssen Nachrichten-Suchmaschinen wie Google News für das Anzeigen von Artikel-Ausschnitten künftig Geld an die Verlage zahlen. Artikel 13 nimmt Plattformen wie YouTube beim Urheberschutz stärker in die Pflicht, deshalb befürchten Gegner den Einsatz von Upload-Filtern.

Der CDU-Europapolitiker Axel Voss, der das Vorhaben federführend mit den EU-Staaten verhandelt hatte, versicherte: „Wir wollen nichts abschaffen und nicht mehr filtern.“ Er sagte der „Passauer Neuen Presse“: „Das Internet wird nicht kaputtgemacht.“ Dagegen befand der Journalist und Blogger Sascha Lobo, das Internet werde weniger frei, Kreativen würden große Steine in den Weg gelegt. Lobo beklagte in den ARD-„Tagesthemen“, das Vertrauen der digitalen Generation in die demokratische Politik sei massiv beschädigt worden.

Kleine Unternehmen werden benachteiligt

Die FDP-Europaabgeordnete Nadja Hirsch warf der Bundesregierung vor, sie habe die Interessen von Start-ups verkauft. „Die großen Konzerne wie Google, Facebook und YouTube werden sich technische Regelungen einfallen lassen und leisten können.

Für kleine Internetunternehmen wird das viel schwieriger“, kritisierte Hirsch in der „Passauer Neuen Presse“. Wenig stimmig sei zudem, dass die Koalitionäre für die Urheberrechtsreform gestimmt hätten, in Deutschland aber Uploadfilter ablehnten. „Die Glaubwürdigkeit der Politik hat das nicht erhöht“, sagte Hirsch.

Von Notz: Barley diskreditiert EU aus „wahltaktischen Motiven“

Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz warf Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) im Zusammenhang mit der Urheberrechtsreform eine Diskreditierung der Europäischen Union aus wahltaktischen Erwägungen vor.

Es gehe überhaupt nicht, „dass Justizministerin Barley erst die Urheberrechtsreform in Brüssel mitverhandelt und sich hinterher davon distanziert“, sagte der Grünen-Politiker der „Rheinischen Post“. Wenn Barley sich direkt gegen die Reform und mögliche Uploadfilter gestellt hätte, „wäre das alles so nicht gekommen“, so von Notz.

„Damit diskreditiert sie die Europäische Union aus wahltaktischen Motiven.“ Inhaltlich sagte von Notz zur Urheberrechtsreform: „Ich bin für eine faire Vergütung von Kreativen, aber gegen diese Reform. Denn ich bin sicher, dass sie ihre Versprechen für eine bessere Vergütung von Künstlern und Autoren nicht erfüllen wird.“ (dpa/dts



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