Hundert deutsche IS-Anhänger in irakischer und kurdischer Gefangenschaft – Bundesregierung uneinig über Rückholung

Die Bundesregierung tut sich anscheinend schwer mit den noch rund 100 deutschen IS-Anhängern in irakischer und kurdischer Gefangenschaft. Sowohl das Kanzleramt, das Innenministerium als auch das Auswärtige Amt scheinen unterschiedliche Auffassungen zu haben was mit ihnen geschehen soll.
Titelbild
Ein anscheinend ägyptischer IS-Anhänger, der durch irakische Soldaten in Gefangenschaft genommen wurde.Foto: MOHAMED EL-SHAHED/AFP/Getty Images
Epoch Times1. August 2018

Fast 1.000 deutsche Islamisten zog es in den vergangenen Jahren zur Terrormiliz in den Irak und nach Syrien. Sie wurden zu Kämpfern, Selbstmordattentätern oder Folterern. Auch Frauen, die als Hausfrauen für den Nachwuchs da sein sollten oder als Krankenpflegerin für Kranke und Verwundete eingesetzt waren, waren darunter.

Ein Drittel der ausgereisten deutschen IS-Anhänger sollen sich bereits wieder in Deutschland befinden. Mindestens 150 sollen vor Ort ums Leben gekommen sein. Weitere rund 100 deutsche Dschihadisten, darunter vor allem Frauen und Kinder, befinden sich aktuell in Gefangenschaft der örtlichen irakischen und kurdischen Sicherheitskräfte in Nordsyrien und im Irak. Ein Teil ist vermutlich untergetaucht.

Doch was soll nun mit den rund 100 deutschen IS-Anhängern, die in kurdischen und irakischen Gefängnissen sitzen, geschehen, die sich irakischen oder kurdischen Truppen ergeben haben oder auf der Flucht aufgegriffen wurden?

Bundesregierung sucht nach Lösungen

Die Bundesregierung soll angeblich intensiv nach einer Lösung suchen. Doch, wie aus einem Artikel der „Welt“ hervorgeht, gibt es innerhalb der Regierung unterschiedliche Verständnisse dazu. Sollten alle Islamisten wieder in die Bundesrepublik geholt werden? Sollte man sie lieber der örtlichen Justiz überlassen? Oder soll man ihnen gar die deutsche Staatsbürgerschaft entziehen?

Im Koalitionsvertrag gibt es dazu einen Passus – doch ginge dies nur, wenn die Terroristen neben der deutschen noch eine weitere Staatsbürgerschaft besäßen. Im Koalitionsvertrag heißt es dazu: „Wir werden einen neuen Verlusttatbestand in das Staatsangehörigkeitsgesetz einfügen, wonach Deutsche, die eine weitere Staatsangehörigkeit besitzen, die deutsche Staatsangehörigkeit verlieren können, wenn ihnen die konkrete Beteiligung an Kampfhandlungen einer Terrormiliz im Ausland nachgewiesen werden kann.“

Deutsche IS-Mütter samt Kinder werden in die Bundesrepublik zurückgeholt

Zumindest momentan holt die Regierung Kinder, bei denen die deutsche Staatsbürgerschaft eindeutig belegt ist, aus humanitären Gründen nach Deutschland. In mehr als zehn Fällen soll dies bereits geschehen sein, berichtet die „Welt“. Auch Mütter samt Kindern seien schon wieder ausgeflogen worden.

Doch sei dies wiederum auch ein Schlupfloch für Terroristen. So gibt es den Fall, wo vermutlich eine ganze „IS-Familie“ nach Deutschland einreisen wird, obwohl die Eltern und ihre Kinder keine deutsche Staatsbürgerschaft besitzen. Doch eines der Kinder wurde in Deutschland geboren. Dieses Kind hat Anspruch auf die deutsche Staatsangehörigkeit. Da das Kindeswohl eine Nähe zu den Eltern vorsieht, wird vermutlich daher die ganze Familie wieder in das Bundesgebiet einreisen können.

Bei den deutschen Dschihadisten sieht es anders aus als bei den deutschen Kindern. Hier ist man sich anscheinend nicht so einig.

Ehemalige IS-Kämpfer vermutlich stark radikalisiert

Durch Kriegserlebnisse seien vermutlich viele stark radikalisiert und stellen damit ein Risiko für die deutsche Gesellschaft dar. Wenn zumindest gegen all diese Menschen in Deutschland ein Haftbefehl vorliegen würde, wäre die Situation einfacher. Doch durch die wenigen Informationen, die den hiesigen Staatsanwaltschaften zu den konkreten Beteiligungen der deutschen Dschihadkämpfern an Kampfhandlungen vorliegen, kann anscheinend kein Haftbefehl erlassen werden.

Mit diesem hätten die deutschen Behörden die IS-Kämpfer gleich nach ihrer Ankunft in Deutschland in Gewahrsam nehmen können – jetzt müsste man sie, sobald sie hier ankommen, freilassen. Hinzu kommt dann eine aufwendige und vor allem auch kostspielige Überwachung. Dabei sieht das deutsche Strafrecht schon die Mitgliedschaft in einer terroristischen Organisation als strafbar an.

Einige Ermittler sind der Meinung, dass die an Straftaten beteiligten deutschen IS-Kämpfer auch vor der lokalen Justiz sich zu verantworten hätten. Dies könnte dann allerdings auch zu Todesstrafen führen. Wobei es auch schon Ausländer getroffen hat, berichtet die „Welt“.

Das Auswärtige Amt merkt dabei an, dass grundsätzlich allen deutschen Staatsbürgern, die im Ausland in Haft sitzen, egal warum, konsularische Betreuung zusteht. Und auch eine Rückkehr in die Bundesrepublik muss Deutschen erlaubt sein, schließlich verlange die Bundesregierung von anderen Staaten ja auch, dass sie ihre Straftäter wieder zurücknehmen, so die Welt.

BND führt Befragungen unter Gefangenen durch

Der Bundesnachrichtendienst (BND) sei bereits vor Ort und befrage regelmäßig gefangene IS-Terroristen. Dabei läge der Schwerpunkt allerdings auf Informationsgewinnung und nicht auf Rückholung, schreibt die Welt.

Fest steht, insbesondere für die Kurden ist die Unterbringung, Verpflegung und Bewachung der ausländischen Gefangenen kostspielig und bindet Kräfte. Daher will man sie so schnell wie möglich in ihre Herkunftsländer zurückschicken.

Während Deutschland zögert, haben Russland und Indonesien bereits in größeren Aktionen IS-Anhänger aus Nordsyrien ausgeflogen. Frankreich und Belgien weigern sich hingegen, die radikalisierten Staatsbürger aufzunehmen. Was die Aufnahme von Kindern von Extremisten betrifft, so hat ein belgisches Gericht entschieden, dass der belgische Staat auch keine Verpflichtung sehe, sich um jene Kinder zu kümmern, berichtet die Welt.

Britische Terroristen verloren Staatsbürgerschaft

Großbritannien ging noch einen Schritt weiter und hat zwei IS-Terroristen die einer Gruppe von britischen IS-Terroristen, die mehrere westliche Geiseln gefoltert und getötet haben sollen, so auch den US-Journalisten James Foley, die Staatsbürgerschaft entzogen und sie sozusagen „staatenlos“ gemacht. Zudem signalisierte es, dass es sogar mit einer Auslieferung dieser Terroristen an die USA einverstanden wäre, was dazu führen könne, dass die staatenlosen Extremisten im Gefangenenlager in Guantánamo landen, berichtet die Welt.

Das will die Bundesregierung für die deutschen Gefangenen auf jeden Fall verhindern. (er)



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