LNG als „neue Investitionsruine“? Trittin und Amthor hinterfragen Sinn von Terminal auf Rügen
Die deutschen Gasspeicher haben die 100-Prozent-Marke inzwischen erreicht. Auch die Bundesnetzagentur, die in den vergangenen Monaten wiederholt vom Restrisiko einer Gasmangellage sprach, zeigte sich vor Kurzem bereits erleichtert über die stabile Situation.
Gleichzeitig ist die Auslastung der bestehenden Flüssigerdgas-Terminals mäßig. Umso mehr wächst derzeit die Kritik am geplanten, umstrittenen LNG-Terminal auf Rügen. Die Bundesregierung will damit die Ausfälle von russischem Pipeline-Gas kompensieren.
Trittin: Weitere Terminals nicht nötig
Entgegen dem Kurs der Bundesregierung fand nun auch der Grünen-Politiker Jürgen Trittin kritische Worte. „Man sollte nicht über das Ziel hinausschießen und neue Investitionsruinen schaffen“, so der frühere Umweltminister. Er sieht keinen Grund für weitere Terminals.
Die Gasversorgung Deutschlands ist gesichert. Die Angst-Szenarien, die gerade kursieren, gehen von vollkommen unrealistischen Grundannahmen aus.“
Zudem verwies Trittin darauf, dass LNG-Importe nur einen geringen Teil der deutschen Gasversorgung ausmachen würden. „Insoweit ist ein weiterer Ausbau, so wie in Mukran, weiter sehr zweifelhaft“, so Trittin.
Derzeit befinden sich mit Wilhelmshaven 1, Lubmin 1 und Brunsbüttel drei Terminals an der Nordseeküste Deutschlands im Regelbetrieb, wie NDR berichtete. Bis 2027 sollen nach den Plänen der Bundesregierung sechs weitere Terminals entstehen. Diese befinden sich derzeit in der Planungs- oder Bauphase.
Amthor: Fakten oder Ideologie?
Auch aus der Opposition gibt es Kritik an dem Projekt, für das sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Wirtschaftsminister Habeck (Grüne) mehrfach ausgesprochen haben. Philipp Amthor, CDU-Bundestagsabgeordneter aus Mecklenburg-Vorpommern, sagte dazu: „Bei grüner Energiepolitik stellt sich leider ganz regelmäßig die Frage, ob sich Fakten überhaupt gegen Ideologie durchsetzen können. So auch beim umstrittenen LNG-Terminal vor Rügen.“
Somit zweifelt auch er daran, ob das Terminal noch notwendig sei, nachdem seine CDU-Landtagsfraktion in Mecklenburg-Vorpommern herausgefunden habe, dass in Lubmin in diesem Jahr bislang nur acht Tanker LNG entladen hatten. Amthor forderte damit diejenigen, die „am lautesten für dieses Projekt getrommelt haben“, dazu auf, einen „Nachweis für die Plausibilität der Notwendigkeit der geplanten Investitionen“ darzulegen.
Eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums hält allerdings dagegen. Sie erklärte: „Nach dem ersten überstandenen Winter, der zudem vergleichsweise mild war, dürfen wir nicht nachlassen, die Vorsorge weiter zu stärken.“
Zankapfel Rügen
In der vergangenen Woche traf ein weiterer Brief von der Insel im Bundestag ein, diesmal vom Bürgermeister der Gemeinde Binz, Karsten Schneider, und dem Tourismusdirektor, wie der „Tagesspiegel“ berichtet. Darin schrieben sie:
Das geplante LNG-Terminal auf Rügen ist längst zum Symbol einer faktenfremden, demokratieschädigenden und umweltfeindlichen Politik geworden.“
Gasspeicher bei über 100 Prozent?
Der Füllstand der deutschen Erdgasspeicher liegt laut Bundesnetzagentur aktuell bei 100,15 Prozent (Stand: 14. November 2023). Diese Menge entspricht nach früheren Angaben der Bundesregierung etwa dem Verbrauch von zwei bis drei durchschnittlich kalten Wintermonaten.
Doch wie kann der Speicherstand über 100 Prozent betragen? Laut Speicherverband Ines geben 100 Prozent das Fassungsvermögen von Gasspeichern unter normalen Bedingungen an. Kühlt das Gas ab, sinkt das Volumen, sodass weiteres Gas eingespeichert werden kann. In solch einem Fall überschreitet der Füllstand die 100-Prozent-Marke geringfügig.
Die Gasspeicher gleichen Schwankungen beim Gasverbrauch aus und bilden damit ein Puffersystem für den Gasmarkt. Im Winter nehmen die Füllstände üblicherweise ab, nach dem Ende der Heizperiode im Frühling wieder zu.
Der größte deutsche Speicher im niedersächsischen Rehden verzeichnete einen Füllstand von 99,3 Prozent. Auch EU-weit sind die Speicher fast voll. Laut dem europäischen Gasspeicherverbands GIE lag der Füllstand bei fast 99,6 Prozent.
Der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, äußerte sich kürzlich erleichtert. „Es ist eine gute Nachricht, dass die Speicher nun zu 100 Prozent gefüllt sind. Wir sind viel besser vorbereitet auf den Winter, als wir es im letzten Jahr waren“, sagte Müller gegenüber der Deutschen Presse-Agentur.
Für eine vollständige Entwarnung sei es aber zu früh und er appelliert weiterhin an eine bewusste Nutzung des Brennstoffes. „Wir bitten die Menschen, sich weiter genau zu überlegen, welcher Verbrauch sich einsparen lässt.“ Wer Gas sparsam verbrauche, könne viel Geld sparen.
(Mit Material der Agenturen)
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