Neuer Ärger mit der Gasumlage – Habeck will nachbessern

Von der umstrittenen Gasumlage würden nicht nur Unternehmen mit hohen Einnahmen profitieren. Eine Ungenauigkeit im Gesetz soll einigen Gashändlern wohl auch einen „doppelten Gewinn“ bescheren. Nun will Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck sein Konzept überarbeiten und kündigt zugleich eine Übergewinnsteuer an.
Titelbild
Robert Habeck im Garten von Schloss Meseberg am 30. August 2022: Der Bundeswirtschaftsminister will bei der Gasumlage nachbessern.Foto: Sean Gallup/Getty Images
Epoch Times1. September 2022

Die umstrittene Gasumlage hat offenbar einen weiteren kritischen Konstruktionsfehler. Die Umlage, die kriselnde Gashändler vor der Insolvenz bewahren sollte, wird nicht nur von Unternehmen in Anspruch genommen, die keine staatliche Hilfe brauchen. Unternehmen könnten sogar versuchen, mit der Umlage Zusatzgewinne zu erwirtschaften, wie es in Branchenkreisen heißt. Die Firmen könnten demnach höhere Kosten in Rechnung stellen, als sie tatsächlich haben.

Dem „Handelsblatt“ (Dienstagsausgabe) ist mindestens ein Fall bekannt, in dem ein Unternehmen dies versuchen will. Die Gasumlage soll Firmen entlasten, die wegen gedrosselter Lieferungen aus Russland anderswo teuer Gas einkaufen müssen, um ihre Verträge zu erfüllen. Dies soll Firmenpleiten und Lieferausfälle verhindern. Wie viel die Unternehmen ausgezahlt bekommen, hängt unter anderem von den aktuellen Monatspreisen ab. Ende August liegt dieser bei rund 300 Euro pro Megawattstunde (MWh).

Gashändler nutzen Lücke im Gesetz aus

„An dem Tag, an dem klar war, dass das Gas aus Russland nicht kommt, wurde teilweise schon Ersatz für die fehlenden Mengen beschafft“, berichtet ein Insider. Zu diesem Zeitpunkt lag der Gaspreis zwischen 130 und 180 Euro pro MWh. Nicht nur könnten sich Unternehmen über günstiges Gas freuen, dass sie jetzt teu(r)er verkaufen können, sie würden durch die Gasumlage auch noch – neben den Beschaffungskosten von damals rund 15o Euro pro MWh – die Preisdifferenz zum aktuellen Gaspreis.

Je höher der aktuelle Monatspreis steigt, desto mehr würde man so an der Gasumlage verdienen. „Das wäre dann ein doppelter Gewinn“, sagen mehrere mit den Vorgängen vertraute Personen.

Ihr Vorwurf bezieht sich auf eine Ungenauigkeit im Gesetz: Denn ob ein Nachweis darüber erbracht werden muss, dass die fehlenden Mengen tatsächlich erst im Oktober gekauft werden, wenn die Umlage offiziell startet, sei im Gesetz nicht klar geregelt.

Der zuständige Trading Hub Europe verweist auf Anfrage lediglich auf Merkblätter im Internet. Dort heißt es: „Am Ende des Umlagezeitraums wird anhand der tatsächlichen Kosten abgerechnet.“ Eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums sagte dem „Handelsblatt“: Entscheidend sei, dass Wirtschaftsprüfer „die entstandenen Mehrbeschaffungskosten auf ihre Richtigkeit überprüfen“ müssten. Auch die Bundesnetzagentur begleite diesen Prozess.

Scholz und Habeck verteidigen Gasumlage

Trotz der anhaltenden Kritik an der Gasumlage wollen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) weiterhin an dem Vorhaben festhalten. Vize-Regierungssprecherin Christiane Hoffmann sagte am Montag, aus Sicht des Kanzlers stehe dieses Instrument „überhaupt nicht infrage“. Es gehe nun nur darum, rechtssichere Präzisierungen zu finden, damit nicht auch Unternehmen von der Umlage profitierten, die keine Hilfe benötigten.

Habeck kündigte am Dienstag neue Voraussetzungen an, die Unternehmen erfüllen müssten, um Geld aus der umstrittenen Umlage zu erhalten. Unter anderem sollten nur Unternehmen unterstützt werden, die für die Gasversorgung in Deutschland relevant seien. Zudem müsse ihr Gasgeschäft im Betrieb eine relevante Größe haben.

Voraussetzung soll auch sein, dass diese Unternehmen auf „Boni und Dividenden“ verzichten, und schließlich müsse es eine völlige Transparenz bezogen auf etwaige Unternehmensbeteiligungen dieser Firmen geben, so der Wirtschaftsminister. Wer sich für die Umlage qualifizieren wolle, müsse seine Bücher offenlegen, erklärte Habeck.

Ampel plant, Übergewinne abzuschöpfen

Unternehmen müssten sich künftig wohl auch auf eine sogenannte Übergewinnsteuer einstellen. Die Ampel-Regierung plant diese zunächst offenbar für den Strommarkt. Die Übergewinnbesteuerung sei aus Habecks Sicht „notwendig, solange wir den Strommarkt nicht reformiert haben“, sagte er am Dienstagmorgen im „Deutschlandfunk“. „Bis dahin … werden die Übergewinne ein Stück weit abgeschöpft“, kündigte Habeck an.

Mit dem Begriff Übergewinnsteuer werden staatliche Abzüge auf Gewinne von Unternehmen bestimmter Branchen bezeichnet, die durch eine Krise – derzeit etwa den Ukraine-Krieg und seine Folgen – deutlich besser verdienen als normalerweise. (dl)

(Mit Material von Nachrichtenagenturen)



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