Sabine Lautenschläger räumt Posten bei EZB-Direktorium zum 31. Oktober

Die ehemalige Vize-Chefin der EZB-Bankenaufsicht, Sabine Lautenschläger, verlässt das Direktorium der Europäischen Zentralbank. Sie habe EZB-Präsident Draghi darüber informiert, dass sie vorzeitig zum 31. Oktober ausscheide, teilte die EZB mit.
Titelbild
Sabine Lautenschläger tritt zurück.Foto: Marc Tirl/dpa
Epoch Times26. September 2019

Auslöser waren offenbar Meinungsverschiedenheiten über die ultralockere Geldpolitik der EZB: Die deutsche Notenbankerin Sabine Lautenschläger verlässt vorzeitig das Direktorium der Europäischen Zentralbank rund um EZB-Präsident Mario Draghi. Zu den Gründen machte die Zentralbank keine Angaben – aus Notenbankkreisen hieß es jedoch, Anlass für Lautenschlägers Abgang seien die jüngste Zinsentscheidung der EZB und die Wiederaufnahme milliardenschwerer Anleihekäufe gewesen.

Lautenschläger habe EZB-Präsident Draghi darüber informiert, dass sie vorzeitig zum 31. Oktober aus dem Direktorium ausscheide, teilte die EZB am Mittwochabend in Frankfurt am Main mit. Zum Direktorium zählen neben Draghi fünf weitere Mitglieder. Gemeinsam mit den 19 nationalen Notenbankchefs der Eurostaaten bilden sie den EZB-Rat, das wichtigste Beschlussorgan der Zentralbank, das den geldpolitischen Kurs im Euroraum absteckt.

Lautenschläger gehört dem Direktorium seit Januar 2014 an, eigentlich hätte sie noch bis Ende Januar 2022 bleiben sollen. Wie AFP aus Notenbankkreisen erfuhr, dachte die 55-Jährige schon seit einiger Zeit über einen Rückzug aus dem EZB-Direktorium nach. Die am 12. September verkündeten Entscheidungen der Zentralbank seien dann der „Auslöser“ gewesen.

Schärfe Strafzinsen

An diesem Tag hatte die EZB neben schärferen Strafzinsen für Banken, die überschüssiges Geld bei der Notenbank parken, auch angekündigt, ab November wieder Staatsanleihen im Wert von 20 Milliarden Euro monatlich zu kaufen – und zwar „so lange wie nötig“, um damit das Wirtschaftswachstum anzukurbeln.

Die Zentralbank weitete damit ihre expansive Geldpolitik erneut aus, um die Inflation in der Eurozone näher an das angestrebte EZB-Ziel von knapp unter zwei Prozent zu bringen. Erstmals hatte die EZB 2015 Staatsanleihen von Euroländern aufgekauft, um einer möglichen Deflationsspirale aus sinkenden Preisen und damit auch sinkenden wirtschaftlichen Aktivitäten vorzubeugen.

Dieses Anleihekaufprogramm hatte sie aber im Dezember 2018 eingestellt, nachdem die Gefahr gebannt schien. Vor dem Hintergrund sich eintrübender Konjunkturdaten im Euroraum und angesichts des Handelskonflikts zwischen den USA und China hatte Draghi aber nun bereits im Juni darauf hingewiesen, dass sich die Risiken für das europäische Wirtschaftswachstum wieder erhöht hätten.

Die Entscheidung war dabei unter den 25 Ratsmitgliedern stark umstritten, nach AFP-Informationen stellten sich etwa zehn Ratsmitglieder gegen diesen Kurs. Draghi selbst hatte mitgeteilt, bei der Wiederaufnahme der Anleihekäufe habe es „Meinungsverschiedenheiten“ im Zentralbankrat gegeben. Bundesbank-Chef Jens Weidmann kritisierte in der „Bild“-Zeitung am Tag darauf, die EZB sei „über das Ziel hinausgeschossen“ und warnte vor zunehmenden Nebenwirkungen der expansiven Geldpolitik und den Folgen für Sparer. Auch bei Wirtschaftsexperten und Banken stieß die Entscheidung auf Kritik.

Keine Kursänderung bei EZB

Draghis Nachfolgerin Christine Lagarde, die den Ende Oktober ausscheidenden Italiener an der EZB-Spitze ablöst, hatte bei einer Anhörung vor EU-Parlamentariern Anfang September indes angekündigt, den geldpolitischen Kurs ihres Vorgängers fortsetzen zu wollen. Lautenschlägers Abgang bedeute deshalb auch, dass sie wohl „keine Chance“ gesehen habe, dass es bei der Zentralbank eine Meinungsänderung für eine schnelle Beendigung des Anleihekaufprogramms geben werde, kommentierte Uwe Burkert von der LBBW.

Der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber bezeichnete den Abgang Lautenschlägers als „schweren Verlust“ für die EZB. „Sabine Lautenschläger ist eine Notenbankerin mit Rückgrat, die auch nicht davor zurückschreckt unbequeme Positionen zu vertreten“, erklärte er. Draghi mache seit Jahren eine Geldpolitik, die in Deutschland kaum mehr vermittelbar sei. „Lagarde muss hier in Zukunft einen deutlich inklusiveren Politikansatz verfolgen“, forderte er.

Vor Lautenschläger waren im Jahr 2011 wegen unterschiedlicher Auffassungen über den geldpolitischen Kurs bereits Ex-Bundesbank-Präsident Axel Weber und der frühere EZB-Chefvolkswirt Jürgen Stark von ihren Posten im EZB-Rat zurückgetreten. (afp)



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