Übersterblichkeit 2022 in Deutschland: 51 von 52 Wochen über dem Mittelwert der Vorjahre
Im vergangenen Jahr sind erneut über eine Million Menschen in Deutschland verstorben, das teilte das Statistische Bundesamt am Dienstag (10.1.) mit. Seit Beginn der Datenerfassung vor über 70 Jahren wurde die Millionen-Marke zuvor nur einmal überschritten: 2021.
„Die Zahl der Sterbefälle ist im Vergleich zum Vorjahr […] um 3,4 Prozent oder mehr als 35.000 Fälle gestiegen“, heißt es in der Pressemitteilung aus Wiesbaden. Im Gegensatz zu den ersten beiden Pandemiejahren habe die Sterbefallzahlen damit bei den Frauen (+4,3 Prozent) stärker zugenommen als bei den Männern (+2,5 Prozent) – in den Jahren 2020 und 2021 sei dies umgekehrt gewesen.
Das Statistische Bundesamt stellt zudem fest: „[Der] Anstieg der Sterbefallzahlen geht auch im Jahr 2022 über den Alterungseffekt hinaus.“
Dieser besagt, dass in einer zunehmend älter werdenden Bevölkerung mehr Sterbefälle zu erwarten sind. Dies hat zur Folge, dass seit der Jahrtausendwende jedes Jahr etwa 12.000 Menschen mehr sterben als im Vorjahr. Aufgrund der Art und Weise, wie die Übersterblichkeit definiert und berechnet wird, ergibt sich daraus, dass seit 20 Jahren jedes Jahr etwa 30.000 Menschen mehr „als im Vergleich der Vorjahre“ sterben müssen.
Allerdings, so das Statistische Bundesamt, geht „die Zunahme […] im vergangenen Jahr über den durchschnittlichen Anstieg hinaus.“ Nach „vorläufigen Berechnungen“ könne „nur etwa ein Fünftel des gesamten Anstiegs im Jahr 2022 mit der steigenden Zahl älterer Menschen erklärt werden.“
Ursachen der Übersterblichkeit: Corona, Hitze, nochmal Corona, Grippe
Für die beobachtete Übersterblichkeit verantwortlich sind laut zweier Pressemitteilungen (hier und hier) verschiedene Gründe. Zudem ändern sich diese im Jahresverlauf. Das Statistische Bundesamt schreibt:
„Im Januar und Februar lagen die Sterbefallzahlen fünf beziehungsweise ein Prozent über dem mittleren Wert (Median) der Jahre 2018 bis 2021 für den jeweiligen Monat.“
Anders als „in den meisten vorpandemischen Jahren“, in denen im März die Grippeaktivität und zeitgleich die Zahl der Sterbefälle deutlich zurückgingen, trat dieser Effekt erst verzögert ein. Dadurch lagen „die Sterbefallzahlen im März (+8 Prozent) deutlicher über dem Vergleichswert aus den Vorjahren […] als noch im Februar.“
„Eine Erklärung für die auch im April (+7 Prozent) und Mai (+8 Prozent) noch überdurchschnittlichen Sterbefallzahlen könnten die in dieser Zeit immer noch in größerer Zahl aufgetretenen COVID-19-Todesfälle gewesen sein.“
Auf die auch im Juni beobachtete Übersterblichkeit (+9 Prozent) gingen die Statistiker in ihrem Jahresrückblick nicht ein.
„In den von Hitzerekorden geprägten Sommermonaten Juni bis August lagen die Sterbefallzahlen noch deutlicher über den mittleren Werten der Vorjahre (+9 bis +13 Prozent) als in den Vormonaten.“ Besonders hoch (+25 Prozent) war die Übersterblichkeit in Kalenderwoche 29 (vom 18. bis zum 24. Juli). „In dieser Woche war es außergewöhnlich heiß“, erklärt das Statistische Bundesamt unter Verweis auf den Deutschen Wetterdienst. Doch die Temperaturen können offenbar nicht alle Sterbefälle erklären, denn „die Vergleichswerte wurden jedoch auch in kühleren Wochen innerhalb der Sommermonate zum Teil deutlich überschritten.“ Ende Juli könnte dies auf die COVID-19-Todesfallzahlen zurückzuführen seien, im August nicht.
„Die Sterbefallzahlen lagen im September elf und im Oktober 20 Prozent über dem Vergleichswert der Vorjahre. Die COVID-19-Todesfallzahlen stiegen zwischen Anfang September und Mitte Oktober erneut an – allerdings nicht im gleichen Ausmaß wie die Gesamtsterbefallzahlen.“
„Im November (+7 Prozent) ging die Differenz zum mittleren Wert der Vorjahre und auch die Zahl der COVID-19-Todesfälle wieder zurück.“
„Zum Jahresende im Dezember lagen die Sterbefallzahlen auf Basis einer Hochrechnung wieder sehr deutlich über dem Vergleichswert (+19 Prozent), am deutlichsten in Kalenderwoche 51 (19. bis zum 25. Dezember) mit +32 Prozent.“ In der entsprechenden Erklärung verweisen die Wiesbadener Statistiker auf das Robert Koch-Institut. Demnach „wurde ab November ein Niveau bei Atemwegserkrankungen im Allgemeinen erreicht, das über dem Höhepunkt schwerer Grippewellen der Vorjahre lag. Auch die Zahl der Gestorbenen im Dezember 2022 mit mehr als 110 000 Fällen geht über das von Grippewellen bekannte Ausmaß hinaus.“
Fast jede Woche mehr Tote als in den Vorjahren
Betrachtet man die Sterbefallzahlen etwas detaillierter, nämlich Woche für Woche, zeigt sich praktisch dasselbe Bild: In nahezu jeder Kalenderwoche des Jahres 2022 sind mehr Menschen gestorben als in den jeweiligen Wochen der Vorjahre. Die einzige Ausnahme gibt es Ende Mai. In der Kalenderwoche 21, eine Woche nach dem Ahr-Hochwasser, starben 68 Personen weniger als im Median der Vorjahre.
Zudem fällt auf, dass seit Ende Februar (KW13) die Todesfallzahlen regelmäßig über oder nur knapp unter den Höchstwerten der Vorjahre liegt. Das trifft auch Ende Mai zu: Die Zahl der Sterbefälle in jener Woche liegt lediglich um drei Tote unter dem Höchstwert der vergangenen vier Jahre. Nach einer fünfwöchigen Rückkehr in den „normalen“ Bereich Ende November schossen die Fallzahlen im Dezember wieder über die bisherigen Höchstwerte hinaus.
Dabei fällt ebenfalls auf, dass die Sterbefallzahlen insbesondere im Sommer, aber auch im Herbst, zeitiger und deutlich stärker angestiegen sind als die offiziellen Zahlen der „Corona-Toten“. Nahezu dasselbe Bild zeigt sich auch, wenn man die Bundesländer einzeln betrachtet.
Abwarten statt Nachforschen
In Großbritannien werden auf Grundlage solcher Daten unabhängige Untersuchungen gefordert. – In Deutschland schrieb die „Deutsche Presseagentur“ Mitte Dezember, dass ein Anstieg von plötzlichen und unerwarteten Todesfällen, wie sie Tom Lausen und Martin Sichert vorgestellt haben, methodischen Fehlern unterläge und eine derartige Entwicklung nicht nachweisbar sei. Es handele sich um einen „Methoden-Fallstrick“. In derselben Meldung hieß es jedoch auch:
„Derzeit beobachtet das Statistische Bundesamt tatsächlich wieder eine erhöhte Übersterblichkeit. Diese könne nicht mehr vorrangig mit Corona-Todesfällen erklärt werden.“
Zu weiteren Ursachen lege sich die Behörde nicht fest, man wolle die späteren Ergebnisse der Todesursachenstatistik abwarten. Dass die speziell seit 2021 beobachtete Übersterblichkeit auf medizinische Interventionen zurückgeführt werden könnte, sei unbelegt. „Im Gegenteil: [Sie] trägt dazu bei, Todesfälle zu verhindern. An der Einschätzung ihrer Sicherheit hat das zuständige Paul-Ehrlich-Institut (PEI) nichts geändert. Nach Erkenntnissen der Medizin ist das Risiko […] äußerst gering.“
„Methodische Hinweise“ zur Übersterblichkeit
Mögliche Ursachen, die nachweislich sowohl einen zeitlichen als auch einen geografischen Zusammenhang zeigen, bleiben vom Statistischen Bundesamt unerwähnt – weder in den aktuellen noch in vergangenen Meldungen. Epoch Times berichtete. Jedoch erklären die Statistiker, wie sie zu ihren Daten kommen. In ihren „Methodische[n] Hinweise[n] zu den Sterbefallzahlen für Deutschland“ steht unter anderem:
„Grundlage der Sonderauswertung für das Jahr 2022 sind erste vorläufige Daten (Rohdaten) […] ohne die übliche Plausibilisierung und Vollständigkeitskontrolle. […] Die vorläufigen Sterbefallzahlen beziehen sich auf den Sterbetag, nicht auf das Meldedatum. […] Fälle, für die keine oder unplausible Angaben zum Sterbedatum übermittelt wurden, sind nicht enthalten. Diese Ergebnisse sind noch nicht für den Meldeverzug korrigiert und werden sich voraussichtlich durch Nachmeldungen noch weiter erhöhen.“
Mit anderen Worten, es ist zu erwarten, dass sich die Sterbefallzahlen (geringfügig) erhöhen. Zudem heißt es:
„Ab März 2020 lassen sich die Zahlen nur vor dem Hintergrund der Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie interpretieren. [Die] Maßnahmen und Verhaltensänderungen [können] dafür gesorgt haben, dass weniger Sterbefälle durch andere Infektionskrankheiten wie beispielsweise die Grippe verursacht wurden. […] Rückgänge oder Anstiege bei anderen Todesursachen können ebenfalls einen Effekt auf die gesamten Sterbefallzahlen haben. Über die Häufigkeit einzelner Todesursachen können die Sterbefallzahlen jedoch keine Auskunft geben.“
Das heißt wiederum, wer an Atemwegserkrankungen stirbt, wird nicht an Herzschäden sterben und andersherum, allerdings können das die Statistiker nicht unterscheiden. Zu erforschen, warum die Gesamtzahl der Sterbefälle dennoch steigt, wäre damit Aufgabe anderer.
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