Vollzieht die CDU leise einen Rechtsruck? Junge Union wählt Tilman Kuban zum Bundesvorsitzenden

Wird die CDU unter Neu-Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer wieder offener für konservative Positionen? Bevor sich Tilman Kuban am Samstag in Berlin in einer Kampfabstimmung um den Vorsitz der Jungen Union (JU) durchsetzen konnte, hatte er in seiner Bewerbungsrede auch das Parteiestablishment angegriffen. 
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Der neue JU-Vorsitzende Tilman Kuban spricht auf dem Deutschlandtag des Unionsnachwuchses.Foto: Michael Kappeler/dpa
Von 18. März 2019

Als sich auf dem Bundesparteitag der CDU im Dezember des Vorjahres in Hamburg Annegret Kramp-Karrenbauer in der Stichwahl um den Parteivorsitz gegen Ex-Fraktionschef Friedrich Merz durchgesetzt hatte, fassten Beobachter dies als Ja zum Status quo und als Niederlage der verbliebenen Konservativen in der Partei auf.

Exponenten wie der zuvor seit 36 Jahren als Christdemokrat aktive Unternehmer Martin Herrenknecht traten aus der Partei aus. Einige deklarierte Merz-Anhänger wie der Vorsitzende der WerteUnion, Alexander Mitsch, dachten sogar laut darüber nach, eine neue Gruppierung ins Leben zu rufen.

Mittlerweile scheint die Enttäuschung der ersten Tage fast vergessen zu sein. Bereits im Februar lobte Mitsch unter dem Eindruck der „Werkstattgespräche“ eine neue, verbesserte Gesprächskultur, die Kramp-Karrenbauer und Generalsekretär Paul Ziemiak mittlerweile auch gegenüber der WerteUnion pflegten. Die Union werde, so erklärte Mitsch, „nicht mehr aus dem Kanzleramt regiert“.

Kuban: Flügel stärken statt Gruppen bilden

Nachdem Paul Ziemiak, der die JU zur Königsmacherin auf dem Parteitag gemacht haben soll, ins Amt des Generalsekretärs gewechselt war, musste die Parteijugend ihre Führungsspitze nachbesetzen. Am Samstag setzte sich dabei auf dem außerordentlichen Deutschlandtag in Berlin mit 200 zu 119 Stimmen der 31-jährige Niedersachse Tilman Kuban gegen den drei Jahre älteren Vorsitzenden der JU Thüringen, Stefan Gruhner, durch. Gruhner galt im Vorfeld aufgrund seiner längeren politischen Erfahrung als Favorit.

Mit Blick auf den Mitgliederzuwachs in der WerteUnion, der sich jüngst auch prominente Persönlichkeiten wie Ex-Verfassungsschutz-Chef Hans-Georg Maaßen und Politikwissenschaftler Werner Patzelt angeschlossen hatten, rief Kuban CDU und CSU dazu auf, die neuen Gruppierungen in beiden Parteien überflüssig zu machen. „Unser Ziel muss es sein, die verschiedenen Flügel der Partei wieder zu stärken und jeden davon mit starken Köpfen zu besetzen. Dann braucht es keine Gruppen wie die Union der Mitte oder die WerteUnion. Das muss unser Anspruch sein“, sagte Kuban der „Rheinischen Post“ (Montagsausgabe).

Die eigentliche Frage der Union sei, wie sie wieder an Wahlergebnisse von 40 plus X herankomme. Auch dieser Anspruch müsse formuliert werden. Der Vorsitzende der WerteUnion, Alexander Mitsch, forderte Kuban unterdessen auf, sich vor allem für eine neue Migrationspolitik stark zu machen. „Ich gehe davon aus, dass die JU nun auch sehr intensiv für die dringend notwendige Politikwende, insbesondere in der Einwanderungspolitik, eintreten wird“, sagte Mitsch.

„Aschermittwochsrede“ zur Bewerbung

Dass Kuban die WerteUnion überflüssig machen will, dürfte die Befürworter einer Beibehaltung der progressiven Ausrichtung der Partei wenig beruhigen. Dass er die Protagonisten der WerteUnion nicht als Wortführer einer Interessensgruppe mit Wagenburgmentalität sehen will, sondern in Form von Persönlichkeiten, die sich innerhalb der Partei insgesamt einbringen, deutet eher darauf hin, dass er an Zeiten anknüpfen will, in denen Persönlichkeiten wie Alfred Dregger den rechten Flügel abdeckten.

Auch einigen deutschen Leitmedien schwant Böses: Die „Süddeutsche“ spricht von einer „Bewerbungsrede, die in ihrer Wucht und Rustikalität einem Aschermittwochsauftritt glich“, Das T-Online-Portal schilt Kuban und auch den Rest der JU dafür, dass in den Redebeiträgen nicht nur die „Erderhitzung“ keine Rolle spielte, sondern sogar die Schulstreik-Teilnehmer als „Schulschwänzer“ bezeichnet wurden.

In seiner Rede bezeichnete Kuban sich – auf die Landeshymne seines Heimat-Bundeslandes anspielend – als „sturmfest und erdverwachsen“. Und auch sonst schlug er Töne an, die man aus der Union seit einiger Zeit kaum noch gewöhnt war.

Dass „nicht die Scharia-Polizei und schon gar nicht die linke Intoleranz-Polizei“ in Deutschland den Ton angeben dürften, war da zu hören, und davon, dass man es nicht zulassen werde, „dass Abou-Chaker und seine Clans Taxifahrer verprügeln, unseren Rechtsstaat verhöhnen und Grundwerte mit Füßen treten“.

„Linken Spinnern von der Umwelthilfe entgegenstellen“

Über Juso-Chef Kevin Kühnert, der sich jüngst für Enteignungen privater Wohnungsgesellschaften ausgesprochen hatte, höhnte Kuban: „Kevin, mach dein Studium fertig, dann kannst du dir eine eigene Wohnung leisten.“

Auch Arbeitsplätze und die industrielle Zukunft des Landes wolle er nicht einer alles erdrückenden Öko-Ideologie opfern. Er will stattdessen, dass „diese Autos in Zukunft in Wolfsburg, München und Sindelfingen weiter gebaut werden und nicht in China, Japan oder Korea“. Genau deshalb stelle man sich „den linken Spinnern und Toyota-Heinis von der Umwelthilfe entgegen“.

Die Junge Union wolle künftig auch dagegen aufstehen, wenn „die Linken in unserem Land sich hinstellen und lieber für die Schultoiletten des dritten bis 312. Geschlechts kämpfen“. Aber auch mehr Wertschätzung für die Bundeswehrsoldaten wolle man und nicht, dass diese auch noch dadurch vor Probleme gestellt würden, dass „am Ende die Verteidigungsministerin mehr Kinder als fliegende Flugzeuge hat“.

Einig waren sich am Ende die meisten deutschen Medien, dass die angriffslustige Rede Kubans einen entscheidenden Teil zu dessen Sieg in der Kampfabstimmung um den Vorsitz beigetragen habe. Sollte Kuban den Kurs, den er skizziert hatte, auch in seiner Amtszeit als JU-Vorsitzender beibehalten, hätten die WerteUnion und auch nicht darin organisierte Konservative in der Union einen zusätzlichen potenziellen Bündnispartner innerhalb der Partei.

Meuthen: „Teil der Union versucht sich von Merkel-Politik reinzuwaschen“

Dass die Union nun tatsächlich wieder zu einer Partei werden könnte, in der sich Konservative beheimatet fühlen, bezweifelt unterdessen AfD-Bundessprecher Jörg Meuthen. Auf Facebook erklärt der Europaabgeordnete:

„Hier versucht sich ein Teil der Union reinzuwaschen vom unglaublichen Versagen der eigenen Regierungschefin wie auch der eigenen Partei, die diese Frau nicht rechtzeitig bei ihrem verheerenden Wirken stoppte.“

Tatsächlich grenzte Kuban sich auch gegenüber der Rechten ab, indem er unter anderem forderte, dass er auch künftig in einem Deutschland leben wolle, das „Lust auf Europa“ habe, auch wenn er sich eigenen Angaben zufolge selbst „oft genug über die Brüsseler Bürokraten ärgere“.

(mit Material von dts)



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