Wahlbetrug in Bremerhaven? CDU drängt Bürgerin Briefwahl-Service in Grünehöfe auf

"Es gab selbstverständlich keinen Wahlbetrug." Das sagt CDU-Abgeordneter Turhal Özdal. Doch der Staatsanwaltschaft Bremen liegen Zeugenaussagen vor, die ein anderes Bild vermitteln.
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Droht der CDU eine Anklage wegen Wahlbetrug?Foto: Frank Rumpenhorst/dpa
Epoch Times25. Mai 2019

Noch beteuert Mesut E. seine Unschuld und auch sein Schwager, der CDU-Abgeordnete Turhal Özdal, dementiert: „Die Gerüchteküche der AfD. Frank Magnitz hat ja damit Berühmtheit erlangt, dass er alle paar Wochen eine Lüge in die Welt setzt.“

Doch die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Bremen haben ergeben, dass zumindest in acht Fällen der Anfangsverdacht auf Wahlfälschung besteht. Zwei Zeugen haben mit „buten und binnen“ gesprochen.

Laut Christine N. (Name geändert) habe sie ein fremder Mann und eine Frau auf der Straße angesprochen und mit ihr über die Wahl gesprochen.

Es ging um die CDU und darum, dass man diese Partei als Mutter doch wählen muss“, sagt die Zeugin.

Doch sie habe den beiden unmissverständlich klargemacht, dass sie die CDU nicht wählen würde. Doch die beiden hätten nicht lockergelassen, so „buten un binnen“. Schließlich gab Christine N. dem Mann die Vollmacht, dass er die Briewahlunterlagen vom Wahlamt abholen durfte. Wenige Tage später kam Mesut E. zu der Wählerin.

In ihrem Beisein habe Mesut E. den Wahlzettel für die Bremische Bürgerschaft selbst ausgefüllt. „Er hat den Umschlag sogar selbst zugeklebt.“

Lediglich der Wahlzettel für die Stadtverordnetenversammlung und ein Briefwahlformular wurden Christine N. übergeben. Da sie das verdächtig fand, nahm sie dem Mann den Umschlag mit der für die CDU abgegebene Stimme ab, weil sie selbst wählen wollte. Mesut E. solle am nächsten Tag wiederkommen, vereinbarten die beiden.

Das verschaffte der Zeugin Zeit, sich zu erkundigen. Das Bremerhavener Wahlamt sagte zu den Schilderungen von Christine N. „das klingt nicht seriös, da sollten Sie nicht mitmachen“. Daraus schloss die Wählerin: „Besonders interessiert wirkten die nicht.“

Sie rief bei mehreren Parteien an, erreichte aber erst bei der AfD jemanden. Die Partei nahm sich der Sache sofort an. Bremens Landesvorsitzender Frank Magnitz und sein Stellvertreter Thomas Jürgewitz trafen sich mit Christine N. in Grünehöfe, riefen die Polizei und warteten auf Mesut E. Als der auftauchte, schnappten die Handschellen zu.

Kein Einzelfall

Ein weiterer Bürger hatte fast dieselbe Situation wie Christine N. angegeben. Darüber hinaus gibt es sechs Fällen, bei denen die Wahlzettel von Dritten ausgefüllt wurde, so Frank Passage von der Staatsanwaltschaft Bremen.

Besonders auffällig ist die Anzahl der Briefwahl-Vollmachten im Bremerhavener Grünhöfe. Die Stadt teilte mit, dass 42 Prozent aus dieser Region komme.

Özdal Turhal. Foto: Foto AG Gymnasium Melle

Rechtsanwalt Turhal Özdal, der sich um den Sitz in der Bürgschaft bewirbt, erklärt dies mit seiner „Verwurzelung“ in diesem Stadtteil. Mehrere Wahlkampfhelfer würden hier von ihn werben. Sie bieten den Service, die Briefwahlunterlagen mit Vollmachten für die Wähler abzuholen. Er sagte:

Diesen Service haben die Leute auch gerne angenommen.“

Christine N. ist dieser „Service“ hingegen aufgedrängt worden. Allerdings darf sie nochmal selbst wählen. Das Wahlamt hat sie im Wählerverzeichnis zurückgesetzt.

Die anderen Stimmzettel aus den der Staatsanwaltschaft vorliegenden Verdachtsfällen werden regulär berücksichtigt. „Weil bis auf weiteres die Unschuldsvermutung gilt“, teilte die Stadt auf Nachfrage von „buten und binnen“ mit.

Die AfD erinnert in ihrer Presseerklärung vom 22. April 2019:

Vor seinem Wechsel zur CDU 2016 war Özdal auf der Liste der Grünen vom aussichtslosen Listenplatz 9 durch Personenstimmen überraschend auf den Platz 2 vorgerückt und hatte damit für Bremerhaven zwei Türkischstämmige in die Bürgerschaft geschickt. Schon damals kochte die Gerüchteküche über die türkischen Stimmensammler über.“

CDU-Landesgeschäftsführer Heiko Strohmann sagte laut „Weser-Kurier“, dass Wahlen ein sensibler Vorgang seien. Schon der kleinste Ansatz der Beeinflussung über die normale Wahlwerbung hinaus sei „äußerst problematisch“. Sobald die Staatsanwaltschaft ihre Ermittlungen abgeschlossen habe, würde die CDU „sehr klar und deutlich reagieren“. (sua)

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