Wegen Klimazielen: Grüne wollen mehr staatliche Eingriffe bei der Rohstoffpolitik

Da ein Anstieg des Bedarfs an mineralischen Rohstoffen als wahrscheinlich gilt, werde sich die Abhängigkeit Deutschlands von Geberländern verstärken. Wenn der Staat hier nicht eingreife, könnte es in Zeiten geopolitischer Spannungen zu verheerenden Folgen kommen. Sagen die Grünen.
Grüne wollen mehr staatliche Einmischung bei Rohstoffpolitik
Abbau von Braunkohlevorkommen durch Bergbaubagger. Der Staat will die Rohstoffpolitik ausweiten.Foto: iStock
Von 6. Januar 2023


Nach dem Willen des Bundeswirtschaftsministeriums soll Deutschland unabhängiger von Rohstoff-Importen werden. Deutschland und Europa seien „bereits jetzt sehr stark von einzelnen Ländern abhängig“, heißt es in einem Eckpunktepapier für Rohstoffpolitik des Ministeriums. Hierbei ist Chinas zentrale Rolle in Rohstofflieferketten ein Unsicherheitsfaktor. Aber auch Russland und Südafrika besäßen bei einzelnen Rohstoffen eine beherrschende Stellung.

Neben der Unterstützung der deutschen Wirtschaft nennt das Papier „Wege zu einer nachhaltigen und resilienten Rohstoffversorgung“ auch Klimaziele. Sie zu erreichen, erfordert einen erheblichen Mehrbedarf an entsprechenden mineralischen Rohstoffen und insbesondere an Metallen wie zum Beispiel Lithium, Nickel, Kupfer, Magnesium, Titan, Gallium, Germanium, Seltene Erden und Iridium.

Rohstoffsicherung dient Klimazielen

Mit dem Eckpunktepapier will die Bundesregierung sicherstellen, dass diese Rohstoffe in ausreichender Menge zur Erreichung der Ziele des Pariser Abkommens zur Verfügung stehen.

Laut Fachleuten könnte die Nachfrage nach kritischen Rohstoffen bis 2040 im Bereich der Seltenen Erden um das Siebenfache und für Lithium sogar um das 42-Fache steigen (IEA 2021).

Ähnliche Prognosen traf auch die Deutsche Rohstoffagentur (DERA) für den Anstieg der weltweiten Rohstoffgewinnung. Danach werden für Lithium – je nach Szenario – im Vergleich zur heutigen weltweiten Gewinnung bis zu sechsmal höhere Mengen benötigt (DERA 2021).

Technologien und ihr Rohstoffbedarf. Foto: Bildschirmfoto, Eckpunktepapier bmwk

Starke Abhängigkeit bei Metall und Energie

Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) veröffentlichte kürzlich eine Studie zur Rohstoffsituation in Deutschland. „Deutschland bleibt vor allem bei Metall- und Energierohstoffen stark von Importen abhängig“, betont Sören Henning, Koordinator des Berichts zur Rohstoffsituation.

Die Ausgaben für Rohstoffimporte entfielen im Jahr 2021 mit jeweils circa 49 Prozent zu gleichen Teilen auf Metall- und Energierohstoffe. Die übrigen Einfuhren setzten sich aus Nichtmetallen zusammen. Obwohl sich die Gesamtmenge der importierten Rohstoffe gegenüber dem Vorjahr lediglich um etwa drei Prozent erhöhte, stiegen die Einfuhrkosten um mehr als die Hälfte. Das ist ein neuer Höchststand.

Im Bereich der mineralischen Rohstoffe weist der Bericht für das Jahr 2021 eine deutsche Gesamtproduktion von rund 620 Millionen Tonnen aus (+ 1,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr). Sand und Kies – sowie gebrochene Natursteine – sind dabei mit einem Förderanteil von zusammen mehr als 80 Prozent mengenmäßig erneut die bedeutendsten heimischen Rohstoffe. Die Produktionsmengen für Erdgas, Erdölgas und Grubengas waren mit einem Minus von 0,1 Prozent und Erdöl mit einem Minus von 4,7 Prozent gegenüber 2020 weiterhin leicht rückläufig. Die Braunkohlenförderung im Berichtsjahr stieg hingegen um 17,6 Prozent.

„Die heimischen Rohstoffe stehen am Anfang zahlreicher inländischer Wertschöpfungsketten. Sie verringern die Importabhängigkeit und mindern damit das Risiko unterbrochener Lieferketten“, erklärt Dr. Volker Steinbach, Vizepräsident der BGR und Leiter der Rohstoffabteilung. Das habe man zuletzt während der COVID-19-Pandemie und im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg beobachtet. Mit heimischen Rohstoffen allein kann der Bedarf der deutschen Wirtschaft jedoch nicht gedeckt werden.

Die Kostenerhöhung resultierte in erster Linie aus den gestiegenen Rohstoffpreisen. Zudem führte die Erholung der deutschen Wirtschaft nach der COVID-19-Pandemie und den politischen Maßnahmen zu einem erhöhten Rohstoffbedarf. So verteuerten sich aufgrund der gestiegenen Nachfrage vor allem Industriemetalle, Edelmetalle sowie Kobalt und Lithium, die für die Elektromobilität von Bedeutung sind, im Berichtsjahr erheblich.

Regierung will „drohende Versorgungslücken“ schließen

Zufrieden mit dem Eckpunktepapier zeigen sich die Grünen im Bundestag. Wirtschaftspolitikerin Sandra Detzer lobt die größere Rolle des Staates in den Plänen des Hauses unter Leitung von Robert Habeck.

Wenn der Staat hier nicht eingreife, könnte es gerade in Zeiten geopolitischer Spannungen zu verheerenden Folgen kommen, urteilte Detzer. „Tatsächlich drohen uns noch in diesem Jahrzehnt erhebliche Versorgungslücken.“ Dagegen wolle die Bundesregierung nun erstmals vorgehen. Die vorgelegten Eckpunkte sollen der Wirtschaftspolitikerin zufolge dazu beitragen, eine verlässliche Versorgung in Krisenzeiten zu sichern.

„Die Versorgung mit kritischen Rohstoffen ist elementar für unsere Wettbewerbsfähigkeit und den Weg in eine klimaneutrale Zukunft“, so das Mitglied des Wirtschaftsausschusses. In Deutschland stünden dafür Maßnahmen zum Ausbau der Kreislaufwirtschaft, mehr Ressourceneffizienz, Recycling sowie mehr Lagerhaltung im Vordergrund. Langfristig sei die Kreislaufwirtschaft der einzig klimaverträgliche Weg zu unserer Rohstoffsouveränität, daher hätten die geplanten Reformen vorausschauenden Charakter.

Abhängigkeiten reduzieren

Da ein Anstieg des Bedarfs an mineralischen Rohstoffen als wahrscheinlich gilt, werde sich die Abhängigkeit Deutschlands von Geberländern verstärken, warnt das Ministerium in dem Papier. Diese Abhängigkeit hatte schon die Vorgängerregierung umgetrieben, erst 2020 hatte die letzte Merkel-Regierung eine nationale Rohstoffstrategie verabschiedet.

Mit dem Umbau der Wirtschaft im Rahmen der Energiewende wachse auch der Bedarf an Stoffen wie Lithium, Nickel oder Magnesium und an Seltenen Erden, Gallium und Iridium. „Wir haben gemerkt, dass wir noch nicht das volle Instrumentarium haben“, sagte Franziska Brantner (Grüne), Parlamentarische Staatssekretärin im Wirtschaftsministerium. „Wir müssen stärker präventiv handeln können.“

Dazu könne auch vermehrt heimischer Bergbau gehören, etwa durch neue Verfahren, bei denen Lithium als Nebenprodukt der Geothermie gewonnen wird. Obendrein garantiere er die Einhaltung europäischer Umwelt- und Sozialstandards. „Wenn wir zeigen, dass beides – Abbau und Nachhaltigkeit – geht, eröffnet uns das auch neue Chancen im Ausland“, sagt Brantner. Gerade der Abbau von Lithium steht mancherorts wegen seiner Umweltfolgen in der Kritik.

Recycling fördern

Zunächst aber baut auch das Wirtschaftsministerium darauf, Kreisläufe für die begehrten Rohstoffe herzustellen. Dadurch kann die Industrie sie aus Schrott und Abfällen wiedergewinnen. „Produkte müssen ressourcenschonend, langlebig, reparaturfähig und kreislauffähig gestaltet sein“, heißt es in den Eckpunkten.

Kritische Rohstoffe, die über den Export kaputter Geräte im Ausland landeten, sollten vermehrt in Recyclinganlagen in Deutschland oder Europa umgelenkt werden. Im vorigen Sommer kam eine Studie im Auftrag des Ministeriums zu dem Ergebnis, dass eine aktive Rohstoffpolitik der deutschen Industrie sehr nutzen könne.

Viele der Vorschläge greift das Eckpunktepapier nun auf. So verlangt es einen Fonds, der Unternehmen bei Rohstoffprojekten im In- und Ausland unterstützt. Selbst eine staatliche Notfallreserve für „eng definierte strategische Rohstoffe“ fasst das Ministerium ins Auge. Die zeitlich gestreckte Erhebung von Zöllen und Steuern soll es für Firmen zudem attraktiver machen, selbst Rohstoffe zu lagern. Solche Lagerhaltung könne zumindest kurzfristige Engpässe abmildern.

Auch der Verband Deutscher Metallhändler und Recycler begrüßt das Eckpunktepapier „Wege zu einer nachhaltigen und resilienten Rohstoffversorgung“ des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz. „Das Eckpunktepapier zeigt eindeutig, dass die Rohstoffpolitik einen höheren Stellenwert als in den vergangenen Jahren für die Wirtschaftspolitik Deutschlands bekommen hat“, so der VDM.

(Mit Material von dts)



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