Sechs Länder wollen bei Gebührenerhöhung nicht mitmachen

Im August will die „Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs“ (KEF) ihre Empfehlung für den Rundfunkbeitrag ab 2025 bekannt geben. Derzeit sieht es nicht nach einer Erhöhung aus, auch wenn ARD-Boss Kai Gniffke am liebsten 25 Euro pro Monat kassieren würde.
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Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) mahnt ARD und ZDF seit Jahren zu größeren Sparanstrengungen. Eine Beitragserhöhung ab 2025 will er verhindern – wie fünf weitere Landesfürsten auch. (Archivbild)Foto: John MacDougall/AFP via Getty Images
Von 27. Juni 2023

Die deutschen Haushalte und Unternehmen müssen vorerst keine Beitragserhöhung für die öffentlich-rechtlichen Medien fürchten: Sechs Bundesländer lehnen einen erneuten Aufschlag für ARD, ZDF, das Deutschlandradio und die 16 Landesmedienanstalten klar ab. Das hat der „Evangelische Pressedienst“ (epd) nach einer eigenen Umfrage unter den Landesregierungen bekannt gegeben.

Gegen eine Erhöhung des derzeitigen Monatspreises von 18,36 Euro zum 1. Januar 2025 hätten sich Nordrhein-Westfalen, Bayern, Niedersachsen, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt ausgesprochen.

KEF-Chef Detzel gegen Erhöhung

Die übrigen zehn Länder hätten „mehrheitlich“ darauf verwiesen, erst die Empfehlung der „Kommission zur Überprüfung und Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten“ (KEF) abwarten zu wollen. Diese soll im August 2023 vorliegen. Danach müssen alle 16 Länder entscheiden, ob sie den Vorschlag durchwinken. Eine Erhöhung muss grundsätzlich einstimmig getroffen werden.

KEF-Chef Martin Detzel hatte noch im Mai 2023 in einem Interview mit der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (FAZ) erklärt, dass der Beitrag eher sinken statt steigen sollte: Die Beitragszahler könnten an den Umsatzsteigerungen der Anstalten beteiligt werden. 50 Cent Nachlass pro Monat seien nach Schätzungen denkbar.

Setzt Haseloff sich mit seinen Spar-Appellen diesmal durch?

Der sachsen-anhaltische Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) hatte sich bereits Ende 2020 bei der Debatte um die Beitragserhöhung erfolglos quer gestellt und seine Zustimmung verweigert. Damals wie heute begründete Haseloff sein Nein mit der Auffassung, die Sender gäben zu viel Geld aus und müssten schlicht mehr sparen, insbesondere bei Unterhaltungsangeboten. Zum Sparen hätten auch die Landesregierungen in Bayern und in Mecklenburg-Vorpommern gemahnt, berichtet der epd.

Die niedersächsische Landesregierung vertrete einen ähnlichen Standpunkt: Es wäre ihr lieber, wenn die Sender „zunächst ihre internen Strukturen auf den Prüfstand stellen“ würden. „Vor dem Hintergrund der aktuell laufenden Reformdebatten zwischen den Ländern und den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten“ halte die Regierung Stephan Weil (CDU) „eine Beitragserhöhung ab 2025 nicht für geboten“.

Akzeptanz nicht aufs Spiel setzen

Der nordrhein-westfälische Medienminister Nathanael Liminski (CDU) wolle sogar für einen stabilen Beitrag „kämpfen“. Für ihn stehe das „pflichtfinanzierte System […] zunehmend unter Rechtfertigungsdruck“, zitiert ihn der epd. Immerhin werde das Medienangebot immer vielfältiger, und am Ende hinge die Akzeptanz von Programmen „auch ganz wesentlich“ vom Preis ab.

Für Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) sei die „Akzeptanz bei den Bürgerinnen und Bürgern“ seines Bundeslandes schon jetzt nicht vorhanden, vor allem wegen der „Verfehlungen“ des Rundfunks Berlin-Brandenburg (rbb).

Das Land Berlin zeigte sich nach epd-Angaben „unentschieden“. Man sehe zwar die Notwendigkeit, den Beitrag „möglichst langfristig über 2025 hinaus etwa auf dem derzeitigen Niveau zu halten“, wolle aber dem „staatsferne[n] Verfahren durch die KEF“ nicht vorgreifen.

Verfassungswidrige Abstimmungsverweigerung in Sachsen-Anhalt

Bei seiner ersten Blockade im Dezember 2020 hatte Haseloff sein Landesparlament nach Informationen des „Redaktionsnetzwerks Deutschland“ (RND) gar nicht erst abstimmen lassen, um nicht einen gemeinsamen Standpunkt mit der AfD-Fraktion vertreten zu müssen.

Doch die Abstimmungsverweigerung sah das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) Anfang August 2021 als verfassungswidrig an (Az. 1 BvR 2756/20). Am Ende durfte der „Beitragsservice“ in Köln dann doch 86 Cent auf den bis dahin verlangten Monatsbeitrag von 17,50 Euro draufpacken, und zwar „bis zum Inkrafttreten einer staatsvertraglichen Neuregelung“.

Nach RND-Angaben hatte es davor zuletzt im Jahr 2009 eine Erhöhung gegeben. Damals hieß der Beitragsservice noch „Gebühreneinzugszentrale“ (GEZ), der Beitrag noch „GEZ-Gebühr“. Zwischenzeitlich sank der Beitrag sogar um 50 Cent. Nun soll nach dem Willen der Sendeanstalten also schon nach vier Jahren mehr als 18,36 Euro eingetrieben werden.

Deutlich höheren Finanzbedarf angemeldet

Die neun Landesrundfunkanstalten der ARD, das ZDF und das Deutschlandradio hatten bis April 2023 Zeit gehabt, ihren voraussichtlichen Bedarf für die Beitragsperiode 2025 bis 2028 einzureichen. Nach epd-Informationen seien sie dabei von „Teuerungsraten zwischen 2,16 und 2,71 Prozent“ ausgegangen.

Ginge es nach dem „Deutschen Journalisten Verband“ (DJV) und vor allem nach ARD-Chef und SWR-Intendant Prof. Kai Gniffke, wäre ein deutlich höherer Monatsbeitrag angemessen, um seine ehrgeizigen Pläne meistern zu können. Ihm schwebt offenbar ein Betrag um die 25 Euro vor. Bei aktuellen Gesamteinnahmen für das öffentlich-rechtliche System von derzeit mehr als zehn Milliarden Euro.

Bis zum Ende des Jahrzehnts will Gniffke eigene Streaming-Plattformen aufziehen, die gegenüber Bezahldiensten wie Netflix und Co. konkurrenzfähig sein sollen. Allein für die geplanten Investitionen zur Digitalisierungsoffensive sollen die ARD-Sender einen Bedarf von 330 Millionen Euro angemeldet haben, wie die „FAZ“ schreibt.

Viel Vertrauen verloren

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Deutschland war in den vergangenen Monaten immer schwerer unter Druck geraten: Durch Skandale in mehreren Sendeanstalten verspielten ARD, ZDF und Co eine Menge Vertrauen beim Publikum.

Der Unmut spiegelt sich auch in einer aktuellen Umfrage des Meinungsforschungsinstitutes „Insa“ wider. Demnach finde „eine Mehrheit der Befragten in Deutschland den Rundfunkbeitrag […] ohnehin schon zu hoch“, wie unter anderem der „Münchener Merkur“ berichtete.

78 Prozent der Befragten lehnten eine Beitragserhöhung ab. Nur fünf Prozent fänden sie richtig. 38 Prozent hätten angegeben, am liebsten überhaupt nichts mehr für die Öffentlich-Rechtlichen ausgeben zu wollen. Für 14 Prozent sei ein Monatsposten von unter fünf Euro angemessen, für 18 Prozent ein Betrag zwischen fünf und zehn Euro. Einen Preis zwischen zehn und 18,35 Euro hielten 18 Prozent für annehmbar.



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