Unfälle bei Windrädern – wenn sich „Fiese Fasern“ verbreiten

Kernkraftwerke verschwinden, dafür entstehen immer mehr Windkraftanlagen. Auch hier stellen Unfälle eine Gefahr für Mensch und Umwelt dar. Eine ausgereifte Recycling-Lösung besteht noch nicht.
KKW verschwinden, dafür entstehen immer mehr Windkraftanlagen. Doch auch hier können Unfälle eine Gefahr für Mensch und Umwelt darstellen. Eine ausgereifte Recycling-Lösung besteht ebenfalls noch nicht.
Eine überhitzte und in Brand geratene Windkraftanlage. Dabei kann sich gesundheitsgefährdender Faserstaub ausbreiten.Foto: iStock
Von 22. Februar 2023


Die Bundesregierung will den Ausbau der Windkraft mit vollem Tempo voranbringen. Wie sieht es mit der Sicherheit und der Nachhaltigkeit dieser riesigen Windräder aus? Zu den häufigsten Unfällen an Windkraftanlagen zählen Brände und Abwürfe von Gondeln oder Rotorblättern. Weitere, jedoch seltenere Unfälle sind Turmfälle, tödliche Arbeits- oder Kranunfälle.

Dennoch summieren sie sich auf mehrere Dutzend Fälle im Jahr. 2021 gab es nachweislich 25 Vor- und Unfälle im Zusammenhang mit Windkraftanlagen. 2020 waren 30 Anlagen betroffen, 2022 sogar 50. Das ist ein Brand, Abwurf oder anderer Unfall – teils mit Todesfolge – pro Woche, Tendenz steigend. Unter den weit über 300 dokumentierten Fällen seit der Jahrtausendwende endeten dreizehn tödlich (3,9 Prozent). Zwei derartige Unfälle ereigneten sich erst im vergangenen Jahr.

Eine offizielle Statistik existiert jedoch nicht. Die Daten stammen aus einer von interessierten beziehungsweise besorgten Bürgern geführten Unfallliste, die der Epoch Times vorliegt. Sie beruht auf Zeitungsberichten oder Beobachtungen und ist hier einsehbar.

Es ist jedoch davon auszugehen, dass diese Liste unvollständig ist. So berichtete „Ingenieur.de“ 2014 von zehn Bränden pro Monat, von denen im Regelfall nur einer bekannt werde. „The Telegraph“ schrieb bereits 2011 von insgesamt 1.500 Vorfällen in fünf Jahren – allein in britischen Windparks. Das wären mehr als zwei Brände pro Woche und knapp ein anderer Unfall pro Tag.

Brände erzeugen „Fiese Fasern“

Dabei stellen insbesondere Brände eine häufig unterschätzte Gefahr dar – allerdings nicht wegen des Feuers an sich. Meist können die Flammen nicht auf etwas anderes überspringen, da sich Windräder in der Regel auf freien Flächen befinden. Gefährlich ist hingegen, was an einem Windrad verbrennt und in die Luft gelangt. Herstellerfirmen wie Nordex und Vestas verbauen große Mengen Carbon-Materialien in deren Rotorblättern, um sie leichter und stabiler zu machen. Dabei kommt speziell carbonfaserverstärkter Kunststoff (CFK) zum Einsatz.

Kommt es nun zu einem Brand mit Temperaturen von über 650 Grad, verbrennen die eingesetzten Faserverbundwerkstoffe nicht vollständig. Die Carbonfasern zerlegen sich und erreichen dabei eine gefährliche Größe von wenigen Mikrometern, sodass sie beim Einatmen in die Lungenbläschen eindringen können, berichtete „Wattenrat“. Die Weltgesundheitsorganisation stuft diese sogenannten „Fiesen Fasern“ als möglicherweise krebsauslösend ein.

Windkraftanlagen enthalten viel CFK. So bringt es etwa die Windkraftanlage N117 von Nordex mit einer Leistung von 2,4 MW auf einen Carbonanteil von 5,6 Tonnen in den Rotorblättern. Das geht aus einem Nachhaltigkeitsbericht (Seite 72) der Firma Vestas hervor. „Dewezet“ berichtete sogar von bis zu 60 Tonnen Carbon pro Windrad.

Feuerwehr machtlos

Dr. Christoph Canne, Pressesprecher der Bundesinitiative Vernunftkraft teilte der Epoch Times auf Anfrage mit, dass die Feuerwehr bei einem Brand eines Windrads machtlos ist. Das liegt primär an der Höhe von meist über 100 Metern, auf der sich der Brandherd befindet.

Die Feuerwehr müsse das Windrad abbrennen lassen und könne lediglich Folgebrände durch herabfallende Teile auf den Boden verhindern. „Jeder Brand kann zu einer Verteilung der ‚Fiesen Fasern‘ in die Umgebung führen, sofern in den Rotorblättern CFK verbaut sind“, sagte Canne.

Wie häufig „Fiese Fasern“ bei Windradbränden in die Umwelt geraten, ist jedoch schwierig zu ermitteln, meinte Canne. „Das wüssten wir fallbezogen auch sehr gerne.“ Man könne nicht immer sicher sagen, ob ein Windrad tatsächlich CFK enthält. Die Betreiber geben die Zusammensetzung der Rotorblätter laut „Dewezet“ nur selten preis und stufen die verbauten Materialien oft als Betriebsgeheimnis ein.

Losheim: Windradbrand verteilt „Fiese Fasern“

Canne verwies auf einen laufenden Fall eines Ende 2022 abgebrannten Windrads nahe dem saarländischen Losheim. Die Behörden und Entscheidungsträger haben offensichtlich keine Bedenken über mögliche Risiken für Mensch und Umwelt durch die „Fiesen Fasern“. Deswegen schickte das Aktionsbündnis „Gegenwind-Saarland“ einen offenen Brief an die Ministerpräsidentin des Saarlandes, Anke Rehlinger. Aus dem Schriftverkehr mit den lokalen Behörden ging hervor, dass es sich um das Modell Vestas V90 handelt, bei dem tatsächlich CFK enthalten ist.

In einem YouTube-Video ist zu erkennen, wie sich beim Brand zahlreiche Einzelteile von der Anlage lösen und herabfallen. Der Wind verteilte hierbei auch kleinere Partikel in einem weiteren Umkreis. Die Feuerwehr konnte nur zuschauen und den Bereich weiträumig absperren.

Canne schilderte, wie es zu dem Brand kam: „In Losheim ist der Brand nach Angaben des Betreibers dadurch zustande gekommen, dass die Anlage zu schnell abgebremst wurde.“ Allgemein gebe es verschiedene Ursachen für Brände. Zu empfehlen wäre im Nachhinein ein technisches Gutachten, das die Brandursache identifiziert.

Der von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) vorgestellte „Windausbau-Beschleuniger“ dürfte in den kommenden Jahren die Gesamtzahl der Windanlagen deutlich erhöhen. Dabei sollen Genehmigungsverfahren abgekürzt oder gänzlich ausgesetzt werden.

Angesichts der oben genannten Gefahren, die durch Unfälle bei Windrädern ausgehen, warnte Canne eindringlich. „Diese Beschleunigung ist für Natur- und Artenschutz ein großes Problem. Die gesundheitliche Gefährdung durch ‚Fiese Fasern‘ in Folge eines Windradbrands nimmt grundsätzlich zu, wenn in diesem Land noch mehr Windräder und dazu in kürzeren Abständen zu Wohngebieten errichtet werden.“

Keine finale Lösung fürs Recycling

Defekte oder beschädigte Teile eines Windrades müssen entsorgt werden. Ein „großes Problem“ für das Recycling stellen hierbei laut Canne die Rotorblätter dar. Genau gesagt gibt es momentan hierzu noch keine verbindliche Recycling-Lösung, berichtete kürzlich „Focus“. Dass sich CFK im Allgemeinen und Windkraftanlagen im Speziellen nur schwer in ihre Einzelteile zerlegen lassen, ist jedoch schon länger bekannt. Zudem werden auch bei der Zerkleinerung die gesundheitsschädlichen „Fiesen Fasern“ oder Faserstäube freigesetzt.

Für diese Art Kunststoffe besteht in Deutschland seit 2005 ein Verbot, sie auf Mülldeponien zu entsorgen. Daher landen die Windradflügel derzeit im Ofen und fungieren als Brennstoff für die Zementherstellung. Es ersetzt zwar damit den Einsatz von Schweröl, doch von echtem Recycling kann nicht die Rede sein.

Einer Studie des Umweltbundesamtes zufolge fallen allein in diesem Jahrzehnt beim Rückbau von Windkraftanlagen jährlich etwa 20.000 Tonnen an schwer wiederverwertbaren Rotorblatt-Abfällen an, Tendenz steigend. Dabei befürchten Experten, dass die Rotorblätter mangelhaft entsorgt oder zur Scheinverwertung ins Ausland exportiert werden. So nimmt etwa die USA diesen Sondermüll auf, wo es Deponien für ausgemusterte Rotorblätter gibt.

Die Deponierung ist wiederum mit Umweltfolgen verbunden und die schlechteste aller denkbaren Lösungen. Das sagt Erika Bellmann, Leiterin des Deutschlandprogramms der Bellona Foundation, im Gespräch mit „EnergieWinde“. „Da gibt es Zersetzungsprozesse und Gifte landen im Boden und in der Luft.“



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