Erdkern hat nicht aufgehört, zu rotieren

Der innere Erdkern hat aufgehört, zu rotieren. Diese Nachricht schockierte Ende Januar die Welt. Eine Reise zum Mittelpunkt der Erde ist allerdings nicht nötig, denn ganz korrekt ist sie nicht. Der Erdkern dreht sich nach wie vor.
Der Erdkern rotiert mal schneller, mal langsamer als die Erdoberfläche, woraus der Eindruck einer Drehung vorwärts oder rückwärts entsteht.
Der Erdkern rotiert mal schneller, mal langsamer als die Erdoberfläche, woraus der Eindruck einer Drehung vorwärts oder rückwärts entsteht.Foto: iStock
Von 7. Februar 2023

Menschen, die plötzlich zusammenbrechen, Vögel, die orientierungslos gegen Mauern fliegen, und abstürzende Flugzeuge. Das sind die Folgen, als im Film „The Core“ (Der innere Kern) der Erdkern stehenbleibt. Was 2003 auf den Kinoleinwänden zu sehen war, soll nun tatsächlich eingetreten sein: Der Erdkern hat – scheinbar – aufgehört, zu rotieren. Zum Glück zeigen sich die einzigen messbaren Folgen in der Tageslänge, allerdings liegen die Veränderungen im Bereich von Tausendstel Sekunden.

Dennoch sorgte die Nachricht jüngst für Wirbel. Neben verschiedenen Wissenschaftsplattformen griffen auch große Medien wie CNN und „Welt“ die Erkenntnisse zweier chinesischer Wissenschaftler auf. In der Fachzeitschrift „Nature Geoscience“ hatten sie zuvor geschrieben: „Global übereinstimmende Muster deuten darauf hin, dass die Rotation des inneren Erdkerns vor kurzem pausiert hat.“

Nach anfänglicher Verwirrung veröffentlichten die Forscher eine Woche später im selben Medium eine Richtigstellung. Die Rotation, so die Forscher, habe weder vollständig gestoppt noch die Richtung geändert. Der beobachtete Stillstand und die mehrere Jahrzehnte dauernden Veränderungszyklen, in denen sich der Kern manchmal „vorwärts“ und manchmal „rückwärts“ drehe, zeigten sich lediglich, wenn man den inneren Erdkern von der sich ebenfalls drehenden Erdoberfläche aus betrachte.

Wechsel der Rotationsrichtung alle 35 Jahre

Aus dem Weltraum betrachtet ist unsere Erde eine blaue Kugel, die, würde man sie aufschneiden, jedoch alles andere als einheitlich ist. Würde man von Berlin aus einen Tunnel mitten durch die Erde graben, käme man nach etwa 12.700 Kilometern wieder an die Oberfläche. Auf dem Weg dahin würde man sich durch etwa 35 Kilometer Erdkruste graben, den oberen (400 Kilometer) und unteren Mantel (2.500 Kilometer), den flüssigen äußeren (3.000 Kilometer) und festen inneren Erdkern (1.200 Kilometer). Jenseits des Erdmittelpunkts würde man alle Schichten nochmal durchwühlen, um schließlich etwa 1.100 Kilometer südöstlich von Neuseeland mitten im Pazifik wieder aufzutauchen.

Das tiefste jemals vom Menschen geschaffene Bohrloch reicht gerade 12,2 Kilometer in die Tiefe. Aussagen über das Innere der Erde sind entsprechend schwierig und stützen sich im Regelfall auf seismologische Messung, sprich die Auswertung von Erdbebendaten.

Auf Grundlage derartiger Daten aus mehreren Jahrzehnten kommen Yi Yang und Xiaodong Song von der Universität Peking zu dem Schluss, der innere, feste Erdkern habe 2009 gestoppt und drehe sich seither in entgegengesetzter Richtung. Dies wiederhole sich zudem alle 35 Jahre. Unmittelbare und katastrophale Folgen sind daher kaum zu erwarten. Allerdings ist die Dynamik im Erdinneren weitgehend unerforscht.

„Ich denke, wir sind gerade erst dabei, zu beginnen zu verstehen“, sagte John Vidale, ein an der Studie nicht beteiligter Seismologe der Universität von Südkalifornien in Los Angeles. Vermutungen zu den Folgen reichen von kleinen Verformungen der Erdkruste bis zu leichten Einflüssen auf das Klima.

Der Erdkern dreht sich weiter, die Erdoberfläche auch

Würde der Erdkern tatsächlich stehenbleiben, hätte dies mit Sicherheit weitere Folgen für die Erde und ihre Bewohner. Insbesondere ein Polsprung, die Umkehr des Erdmagnetfeldes, könnte eine hochtechnische Zivilisation wie die Menschheit empfindlich beeinflussen.

Der Erdkern hat jedoch keineswegs aufgehört, zu rotieren, stellten die Autoren in ihrer Korrektur richtig. Vielmehr beziehen sich ihre Aussagen auf die relative Rotation von Erdkern und Oberfläche.

Mit anderen Worten: Der Erdkern dreht sich manchmal schneller als die Oberfläche und manchmal langsamer. Dadurch entsteht der Eindruck, dass er sich „vorwärts“ oder „rückwärts“ dreht. Seit 2009 drehen sich Oberfläche und Kern gleich schnell, sodass es „von oben“ wie Stillstand aussieht.

Anders als in „The Core“ ist also keine Reise zum Mittelpunkt der Erde nötig, um den Erdkern mittels Atombomben wieder in Gang zu setzen, sondern lediglich der Wechsel des Bezugspunktes. Vom Mond aus betrachtet drehen sich sowohl Erdoberfläche als auch Erdkern weiter, sogar in dieselbe Richtung.



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