„Bedeutender Fund“: 70 Milliarden Tonnen Phosphat können ein Rohstoffproblem der EU lösen

Ein Fund in Norwegen lässt aufhorchen. Im Mai meldete Norwegen, dass eine Lösung für Batterien, Solarzellen, Dünger und andere Industrie bei ihnen im Boden schlummert. Der Fund verspricht Vorteile – wenn die Herausforderungen bewältigt werden können.
Phosphat
Ein Blick auf einen Tagebau, der Phosphat abbaut. Norwegen hat einen riesigen, neuen Vorrat entdeckt.Foto: iStock
Von 11. Juli 2023

Norwegen setzt auf Speichertechnologien in Form von Akkus und Batterien. Vor allem LFP-Batterien. Die Abkürzung steht für Lithium-Eisenphosphat. Dabei punktet das Land mit einem neuen Vorkommen von Phosphor, aus dem die Industrie das gesuchte Eisenphosphat gewinnen kann – wahrscheinlich für mehrere Jahrzehnte.

Das Unternehmen Norge Mining schätzte im Mai 2023 das Vorkommen auf ungefähr 70 Milliarden Tonnen phosphathaltiges Gestein, berichtete „The Economist“. Damit verfügt Norwegen über so viel Phosphat im Boden, wie bislang auf der ganzen Welt zusammen bestätigt wurde.

Michael Wurmser, Gründer von Norge Mining, sagte zu dem Fund: „Wenn man etwas von dieser Größenordnung in Europa findet, das größer ist als alle anderen Quellen, die wir kennen, ist das schon bedeutend.“

Phosphat ist ein „kritischer Rohstoff“

Derzeit stammen rund 50 der bisher insgesamt 71 Milliarden Tonnen der weltweiten Phosphatvorkommen aus der Westsahara-Region von Marokko. „Die Europäer hängen [bei Phosphat] zu 90 Prozent von Rohstoffimporten aus dem Ausland ab“, erklärte Wurmser. Die größten Rohstofflieferanten seien bisher China und Russland.

Phosphat ist zudem ein wichtiges Düngemittel – es unterstützt den Zellstoffwechsel – und wird entsprechend für die Pflanzenproduktion benötigt. Wenn die Rohstoffe dafür importiert werden müssen, habe man ein Problem, so Wurmser weiter. Rund 90 Prozent des Rohstoffs kommt bisher bei der Düngemittelproduktion zum Einsatz, daher blieb nicht mehr allzu viel für die Batterieproduktion übrig. Mit dem neuen Fund im skandinavischen Land scheint jetzt dieses Rohstoffproblem gelöst zu sein.

Eine Illustration einer LFP-Batterie. Foto: iStock

Phosphat wird laut „Stern“ in der EU als „kritischer Rohstoff“ eingestuft. Nicht zuletzt, weil etwa China bereits im Frühjahr 2022 angekündigt hatte, die Verfügbarkeit seiner Phosphate für den Weltmarkt einzuschränken. „Kritische Rohstoffe“ sind Rohstoffe, bei denen die Nachfrage sehr hoch ist, das Angebot jedoch die Nachfrage nicht zufriedenstellend bedienen kann.

Bei solchen Rohstoffen ist Europa stark von Importen aus dem Ausland abhängig. Viele Lieferanten in Drittländern haben eine „Quasi-Monopolstellung“, wie es die EU ausdrückt. Zu diesen Rohstoffen gehören neben Phosphor und Phosphorit auch Hafnium, Kobalt, Bauxit, Titan und Lithium. Mit Norwegen hätte die EU einen Partner, der politisch sowie geografisch nähersteht.

Ein Sprecher der EU-Exekutive zeigte sich laut „Euractiv“ erfreut über den Fund. „Die Entdeckung ist in der Tat eine großartige Nachricht, die zu den Zielen des Kommissionsvorschlags zum kritischen Rohstoffgesetz beitragen würde.“

Erste Entdeckung vor fünf Jahren

Tatsächlich machte Norge Mining die Entdeckung im Jahr 2018 auf der Grundlage von Informationen des Norwegian Geological Survey. Die Erzkörper im Boden, die ab 300 Meter unter der Oberfläche begannen, reichen teilweise 4.500 Meter in die Tiefe, wie das Unternehmen herausfand.

Mitgeteilt wurde die geschätzte Menge, auf die sich die Lagerstätte beläuft, laut einem Bericht von „The Economist“ erst im Mai 2023.

„Als wir das entdeckten, haben wir zwei Bohrprogramme in zwei Zonen durchgeführt. Und in diesen beiden Zonen haben wir in einer Tiefe von 400 Metern zwei Weltklasse-Ressourcen gefunden, die zusammen eine Rohstoffversorgung für mindestens 50 Jahre ermöglichen“, so der Gründer.

Derzeit ist es nicht möglich, großräumig bis in eine Tiefe von 4.500 Metern zu bohren. Daher haben die Geologen, die an dem Projekt arbeiten, nur ein Drittel des Volumens der Vorkommen als relevante Ressource in Betracht gezogen. Diese kalkuliert einen Abbau von bis zu 1.500 Meter unter der Oberfläche. Zusammengenommen „sind das mindestens 70 Milliarden Tonnen mineralisiertes Phosphatgestein“, schätzt Michael Wurmser.

Bis die großen Phosphatvorkommen in Norwegen abgebaut werden können, wird es allerdings noch dauern. Von der Entdeckung bis zum kommerziellen Abbau können im Bergbau durchaus bis zu 15 Jahre vergehen. Für Norwegen könnte das Phosphat jedoch – nach Erdöl und Erdgas – die nächste Goldgrube werden.

Genug Phosphat für Solaranlagen der kommenden 50 Jahre

Phosphat wird in der Industrie nicht nur in Batterien verbaut. Auch die Stahlindustrie benötigt diesen Rohstoff ebenso wie verschiedene „Zukunftstechnologien“.

Phosphat kommt bei der Herstellung von Solarzellen und Sonnenkollektoren, für Halbleiter und Computerchips zum Einsatz. – Alles Produkte, die die EU als „strategisch wichtig“ für die Luft- und Raumfahrt, die Verteidigung und den grünen und digitalen Wandel bezeichnet.

Die norwegische Entdeckung könnte die EU beim Import dieser Rohstoffe unabhängig von Drittstaaten machen. Wurmser sagte: „Deshalb glauben wir, dass der Phosphor, den wir produzieren können, für den Westen wichtig sein wird – er verschafft Autarkie.“ Die für die Batterieproduktion benötigten Phosphatmengen sind derzeit relativ gering und werden bis 2050 voraussichtlich nur etwa fünf Prozent des weltweiten Bedarfs ausmachen.

Werden die CO₂-Anforderungen ein Hindernis?

Die Raffination von Phosphor ist ein CO₂-intensiver Prozess. Der größte Teil der Branche konzentriert sich derzeit in China, Vietnam und Kasachstan, sagte Wurmser. „Es gab vor vielen Jahren eine Produktion in den Niederlanden, aber sie haben sie wegen der starken Verschmutzung gestoppt.“ In Europa wird es derzeit nicht produziert.

Laut Wurmser werde Norwegen in der Lage sein, strengere Umweltstandards einzuhalten, während es diese Mineralien ausgräbt und verfeinert. Konkurrenten in Asien hätten deutlich geringere CO₂-Anforderungen als die Länder in der EU. Norwegen werde die Kohlenstoffabscheidungs- und -speichertechnologie anwenden.



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