Schutz bei Genesenen besser als nach Impfung

Wie lang Geimpfte und Genese wirklich geschützt sind, bleibt umstritten. Mehrere Studien konnten bei Genesenen bislang keine Abnahme der Schutzwirkung nachweisen.
Die politische Entscheidung, dass Genesene nur noch knapp drei Monate als geschützt gelten, sorgt vielfach für Unmut und Unverständnis.
Die politische Entscheidung, dass Genesene nur noch knapp drei Monate als geschützt gelten, sorgt vielfach für Unmut und Unverständnis.Foto: Marcus Brandt/dpa
Von 13. Februar 2022

Wie lang der Immunschutz nach einer Corona-Impfung oder Genesung anhält, beschäftigt derzeit Mediziner, Patienten und Politiker gleichermaßen. Die Frage lässt sich mit einem Satz beantworten: Die Wissenschaft weiß es noch nicht, denn die Studien dauern noch an. Im Gegensatz zur nachlassenden Impfwirkung konnten mehrere Studien bislang keinen nennenswerten Rückgang des Immunschutzes bei Genesenen nachweisen.

„Gerade in den letzten Wochen und Monaten [sind] mehrere wissenschaftliche Studien erschienen, denen zufolge Genesene nicht nur mindestens ebenso wirksam vor Reinfektionen geschützt sind wie ausreichend geimpfte oder geboosterte Personen. Der Schutz soll überdies deutlich länger anhalten: je nach Studie, die man konsultiert, wird die Frist auf 8–10 oder sogar 13 Monate beziffert“, fasst Dr. med. Martina Lenzen-Schulte im „Deutschen Ärzteblatt“¹ zusammen.

Bis zum Ende des Studienzeitraums geschützt

Im Rahmen zweier schwedischer Studien an der Universität Uppsala und am Karolinska Institut in Stockholm untersuchten Forscher um Sebastian Havervall einerseits 118 hospitalisierte Corona-Patienten² sowie andererseits über 2.000 positiv getestete Pflegekräfte. Angesichts eines „besonders hohen Expositionsrisikos“ während des Studienzeitraums sei es umso bemerkenswerter, dass Genesene eine „substanzielle Senkung des Reinfektionsrisikos für wenigstens 9 Monate“ erfahren haben.

„Ausnahmslos alle der ehemaligen COVID-19-Patienten und immerhin 96 Prozent der Pflegekräfte entwickelten [Antikörper gegen das Spike-Protein]“, so Dr. Lenzen-Schulte. Und weiter: „Die Nachweise blieben über die Monate der Nachbeobachtung hinweg positiv.“ Zu einem ähnlichen Ergebnis kamen wenige Monate zuvor bereits amerikanische Forscher um Prof. Charles F. Schuler³ von der University of Michigan, die einen „ähnlich guten Immunstatus genesener Pflegekräfte bis zu sechs Monate nach mildem Infekt“ registrierten.

Bereits seit 13 Monaten untersuchen Forscher um Prof. Dr. med. Michael Rothberg⁴ an der Cleveland Klinik Genesene. Demnach betrug die relative Risikoreduzierung 85,7 Prozent und liegt damit im Bereich der Impfungen. Anders als diese habe die Genesenen-Schutzwirkung im Studienzeitraum jedoch nicht merklich abgenommen.

In diesem Zusammenhang ist in allen Fällen davon auszugehen, dass der Immunschutz auch über die Studiendauer hinaus erhalten bleibt. Aufgrund fehlender Daten können bislang jedoch keine Aussagen getroffen werden, die über diesen Zeitraum hinausgehen. Dazu Dr. Lenzen-Schulte: „Die Obergrenze der aktuellen Angaben aus Studien rühren […] nur daher, dass die Gruppen noch nicht länger als etwa ein Jahr nachbeobachtet werden konnten.“

Mindestmenge der Antikörper bislang unklar

Rothbergs Studien stechen insofern heraus, als dass sie nicht nur auf Daten von über 11.000 Genesenen beruhen, sondern dass sich im Studienzeitraum die Chance bot, die Schutzwirkung hinsichtlich verschiedener Coronavirus-Varianten zu untersuchen. Die Daten aus Cleveland belegen dabei, dass die natürliche Immunität nach einer Infektion mit einer der anfänglichen Varianten auch überraschend gut gegen Delta schützte. Die relative Risikoreduzierung lag bei 88,2 Prozent.

Andere Studien beziffern die Schutzwirkung nach Genesung sogar auf bis zu 100 Prozent. Mit anderen Worten, Genesene sind – solange die bisherigen Studien andauern – vor Corona gefeit. Beispiele aus der Praxis belegen, dass es dennoch Reinfektion unter Genesenen geben kann. Diese verlaufen aber im Regelfall mild. Wie gut die Schutzwirkung einer doppelten Genesung ist, ist indes unbekannt, da nicht ausreichend untersucht.

Wie Dr. Lenzen-Schulte weiter berichtet, bemühen sich derzeit mehrere Forschergruppen, „den Verlauf der Antikörpertiter gegen verschiedene Domänen des Virus exakter zu charakterisieren“. Mit anderen Worten, sie suchen nach der Art und Anzahl Antikörper, die einen zuverlässigen Schutz vor Corona bieten. Wie eine Pharmarzeutin gegenüber Epoch Times bestätigte, gibt es dazu bislang keine zuverlässigen Angaben. Aus diesem Grund könne nicht wie bei anderen (Routine-)Impfungen gesagt werden, ab Wert X oder Y ist eine Impfung sinnvoll oder nötig.

Genesenen-Status besser als Impfung

Zwar untersucht und veröffentlicht, aber bislang nicht geprüft, ist eine Studie aus Israel. Darin schreiben die Autoren um Sivan Gazit⁵, dass Genesene im Vergleich zu Geimpften sogar besser geschützt sind. Demnach haben doppelt Geimpfte ein 13,6-fach höheres Risiko einer Durchbruchsinfektion mit der zum Studienzeitpunkt vorherrschenden Delta-Variante. Zusätzlich seien Genesene im Falle einer erneuten Infektion besser vor Hospitalisierung infolge eines schweren Verlaufs geschützt.

Auch der Schutz gegen Omikron sei anhand mehrerer Studien bereits belegt. So berichteten Forscher um Heba Altarawneh⁶ von der Cornell University in Doha, Katar, dass das Immunsystem Genesener sowohl mit den alten Varianten Alpha und Beta, sondern auch mit Delta und Omikron fertig werde. Für die drei erstgenannten liege der Schutz bei etwa 90 Prozent. Lediglich bei Omikron falle der Schutz gegen symptomatische Infektionen auf 56 Prozent. Zum Vergleich, doppelte Geimpfte sind laut britischer Daten⁷ lediglich zu „null bis 20 Prozent“ und Geboosterte zu „50 bis 80 Prozent“ vor Omikron geschützt. Über die Dauer dieses Impfschutzes steht in dem Bericht nichts.

Unter Verweis auf weitere Studien schließt Dr. Lenzen-Schulte daher: „Den Genesenen gebühre […] ein mindestens ebenso freizügiger Status in puncto Zugang zu öffentlichen Events, zum Arbeitsplatz, in Geschäfte und bezüglich Reiseoptionen wie Personen mit entsprechendem Impfstatus.“

Quellen:

(1) Lenzen-Schulte (2022); aerzteblatt.de/archiv/223006

(2) Havervall et al. (2022); doi.org/10.1371/journal.pone.0262169

(3) Schuler et al. (2021); doi.org/10.1128/Spectrum.00087-21

(4) Kim et al. (2021); doi.org/10.1093/cid/ciab999

(5) Gazit et al. (2021); doi.org/10.1101/2021.08.24.21262415

(6) Altarawneh et al. (2022); doi.org/10.1101/2022.01.05.22268782

(7) Ferguson et al. (2021); doi.org/10.25561/93038

Dieser Artikel erschien zuerst in der Epoch Times Wochenzeitung, Ausgabe Nr. 31, vom 12. Februar 2022.



Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion