Studie: Einsame Menschen erkranken häufiger an Parkinson

Einsamkeit ist in der heutigen Gesellschaft weitverbreitet. Dies könnte das Risiko für Parkinson erhöhen, heißt es in einer neuen Studie.
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Die Häufigkeit von Parkinson nimmt mit dem Alter zu und steigt ab etwa 65 Jahren stark an. Könnte das an der Vereinsamung im Alter liegen?Foto: DimaBerkut/iStock
Von 19. Oktober 2023

Parkinson ist nach Alzheimer die zweithäufigste neurodegenerative Erkrankung weltweit. Doch vielleicht könnte man ihr sehr einfach vorbeugen, indem man einen Freund anruft oder einen Nachbarn besucht. Das ist zumindest eine der Erkenntnisse einer Studie, die im Oktober 2023 in der Fachzeitschrift „JAMA Neurology“ erschienen ist.

Ärzte wissen bereits seit einiger Zeit, dass Genetik, Toxine und Kopfverletzungen das Risiko für die Entwicklung dieser fortschreitenden Bewegungsstörung erhöhen können. Doch neuen Forschungsergebnissen zufolge gibt es noch einen weiteren entscheidenden Risikofaktor: Einsamkeit.

Den Verfassern der Studie zufolge ist es das erste Mal, dass ein emotionaler Zustand als potenzieller Risikofaktor für diese neurodegenerative Erkrankung nachgewiesen wurde.

Einsamkeit nimmt im Alter zu

Um herauszufinden, ob Einsamkeit mit dem Parkinson-Risiko zusammenhängt, führten Forscher der Florida State University eine große Kohortenstudie durch. Sie analysierten die Daten von fast 500.000 Personen im Alter von 38 bis 73 Jahren aus der biomedizinischen Datenbank und Forschungsressource UK Biobank. Sie enthält umfangreiche genetische und gesundheitliche Daten von mehr als einer halben Million Briten.

Die Autoren verfolgten Gesundheitserhebungen und den Gesundheitszustand über 15 Jahre hinweg. Während dieser Zeit erkrankten über 2.800 Personen an Parkinson. 

Die Teilnehmer gaben selbst Auskunft über ihre Einsamkeit, indem sie die Frage „Fühlen Sie sich oft einsam?“ beantworteten. Die Forscher maßen die soziale Isolation anhand der Häufigkeit von Besuchen bei Freunden oder Verwandten, der Häufigkeit von Freizeit- oder sozialen Aktivitäten und der Haushaltsgröße.

Dabei kontrollierten sie verschiedene Faktoren, von denen bekannt ist, dass sie das Risiko beeinflussen, darunter demografische Faktoren, Diabetes, Gene, sozioökonomischer Status, soziale Isolation, Rauchen, körperliche Aktivität und den Body-Mass-Index (BMI).

Laut den Ergebnissen war Einsamkeit signifikant mit einer späteren Parkinson-Diagnose verbunden. Dies galt unabhängig von Alter, genetischem Risiko und Geschlecht. Die Berücksichtigung von chronischen Erkrankungen wie Diabetes verringerte den Zusammenhang jedoch um 13,1 Prozent.

Bei einer Sensitivitätsanalyse (untersucht Beziehung zwischen zwei Parametern) schlossen die Studienautoren Teilnehmer unter 50 Jahren aus – der Zusammenhang blieb jedoch bestehen. Einsamkeit stand in den ersten fünf Jahren nach Beginn der Studie nicht im Zusammenhang mit Parkinson, wurde aber in den darauffolgenden zehn Jahren zum Thema.

Wie kann Einsamkeit zu Parkinson führen?

Die Häufigkeit von Parkinson nimmt mit dem Alter zu und steigt ab etwa 65 Jahren stark an. Krankenkassendaten zufolge leiden in Deutschland etwa 400.000 Menschen daran. Forscher gehen jedoch davon aus, dass die Anzahl weitaus höher ist, da die Krankheit oft jahrelang unerkannt bleibt. 

Frühere Forschungen stellten bereits einen Zusammenhang zwischen Einsamkeit und kognitivem Abbau, Demenz, Alzheimer-Risiko und einigen schwerwiegenden körperlichen Gesundheitsproblemen her, einschließlich Bluthochdruck und Fettleibigkeit.

Die Autoren der neuen Studie vermuten, dass Einsamkeit das Parkinson-Risiko durch Entzündungs- und Stoffwechselvorgänge erhöht. Stressbedingte Entzündungen könnten die Neuronen im Gehirn schädigen, die Dopamin produzieren, das für eine normale motorische Kontrolle wichtig ist. Im Laufe der Zeit kann dies zur Entwicklung von Parkinson beitragen.

Eine weitere Erklärung ist die Wirkung der sozialen Interaktion auf das Gehirn. Soziale Kontakte stimulieren das Gehirn und fördern die Neuroplastizität. Darunter versteht man die Fähigkeit des Gehirns, Verbindungen als Reaktion auf Lernen oder Erfahrungen zu verändern und neu zu organisieren. Interaktion setzt Chemikalien frei, die neue Neuronen wachsen lassen und möglicherweise vor Neurodegenerationen wie Parkinson schützen.

Einsamkeit ist subjektiv

Einsamkeit sei jedoch nicht immer gleichbedeutend mit sozialer Isolation, sagte Dr. Anissa Abi-Dargham gegenüber Epoch Times. Sie ist Vorsitzende der Abteilung für Psychiatrie und Verhaltensmedizin an der Stony Brook University in New York und war nicht an der Studie beteiligt.

Ihr zufolge sei Einsamkeit eher eine Diskrepanz zwischen dem Wunsch nach Verbundenheit und der Realität. Einige isolierte Menschen könnten sich verbunden fühlen. Auf der anderen Seite: „Menschen können in einer Gruppe sein und sich dennoch einsam fühlen“, meinte sie. Und genau das sei wirklich belastend. Ihren Worten nach sei Einsamkeit subjektiv.

Auch die sozialen Medien würden eine Rolle spielen, denn sie ersetzen reale Beziehungen durch Pseudo-Beziehungen. Dadurch gebe es nicht wirklich eine Person, „die einem extrem nahe steht, der man sich anvertrauen kann und mit der man sich verbunden fühlt“, so Dr. Abi-Dargham.

Die Folgen von Einsamkeit

Überdies können Einsamkeit und soziale Isolation zu einem sitzenden Lebensstil führen, einem weiteren Risikofaktor für Parkinson.

„Einsamkeit steht in einem ähnlichen Zusammenhang wie Rauchen und Fettleibigkeit. Sie erhöht das Risiko von Depressionen, Alkoholabhängigkeit und Demenz“, erklärte Dr. Zehra Ali gegenüber Epoch Times. Sie ist Fachärztin für Alterspsychiatrie am Northwell Staten Island University Hospital in New York.

Außerdem wirke sich Einsamkeit negativ auf die körperliche Gesundheit aus, so die Psychiaterin. Denn sie erhöhe das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, das metabolische Syndrom, koronare Herzkrankheiten und Schlaganfälle, fügte sie hinzu.

Die Beziehung zwischen Einsamkeit und der Parkinson-Krankheit ist komplex und vielschichtig. Der Zusammenhang zwischen den beiden Erkrankungen muss noch weiter erforscht werden. Doch eins ist klar: Soziale Interaktionen und Aktivitäten können dazu beitragen, die körperliche und geistige Gesundheit zu erhalten und das Parkinson-Risiko zu verringern.

Dieser Artikel erschien im Original auf theepochtimes.com unter dem Titel: „Loneliness Linked to Increased Risk of Parkinson’s Disease: Study“ (redaktionelle Bearbeitung as)



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