Vollrohrzucker: Die „gesündere“ Alternative zum weißen Zucker

Zucker ist buchstäblich in aller Munde. Eine weniger süße und traditionell hergestellte braune Zuckerart bietet eine gute Alternative.
Zucker
Vollrohrzucker wird schonend zubereitet und enthält Mineralien und Vitamine.Foto: grafvision/iStock
Von 12. August 2023

Zucker ist aus der Lebensmittelindustrie nicht mehr wegzudenken. Ob Cornflakes, sauere Gurken, Ketchup – viele Produkte enthalten den beliebten Geschmacksverstärker. Doch zu viel Zucker schadet dem Körper und kann zu chronischen Erkrankungen wie Diabetes, Fettleibigkeit und Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen.

Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt eine tägliche Zuckeraufnahme von rund 25 Gramm. Laut dem Statistischen Bundesamt übersteigt der Pro-Kopf-Verbrauch in Deutschland diese Menge jedoch bei Weitem: 95 Gramm ißt jeder Deutsche täglich, das sind 34,8 Kilogramm im Jahr (Stand 2021/22) – über zwei Kilogramm mehr als im Jahr davor.

Auf dem Markt gibt es viele Alternativen zum raffinierten Zucker, die von natürlichen bis synthetischen Zuckerersatzstoffen reichen. Eine solche Alternative ist der traditionell hergestellte braune Zucker, auch Vollrohrzucker genannt – ein traditionelles Süßungsmittel aus Asien und Südamerika.

Vollrohrzucker ≠ brauner Zucker

Er wird schonend zubereitet, wobei der Zuckerrohrsaft gefiltert, eingekocht, getrocknet und gemahlen wird. Bei dieser Herstellung erfolgt keine chemisch-physikalische Raffination, wodurch der Zucker Mineralien, Vitamine, bioaktive Verbindungen, Flavonoide, Phenolsäuren, Aromastoffe und so weiter beibehält. Sie machen je nach Herstellungsvorgang etwa fünf bis zehn Prozent des Vollrohrzuckers aus, der Rest ist Saccharose. (Zum Vergleich: Der typische Haushaltszucker besteht zu fast 100 Prozent aus Saccharose). Das verleiht ihm seine typische Bernsteinfarbe und den malzigen oder karamelligen Eigengeschmack.

Es sollte auch erwähnt werden, dass es verschiedene Arten von braunem Zucker gibt. In diesem Artikel bezieht sich der Begriff auf die traditionelle Form. Der moderne kommerzielle braune Zucker ist oft nichts anderes als raffinierter weißer Zucker, dem Melasse (Zuckersirup) zugesetzt wurde. Auch gibt es den Rohrohrzucker, der nur einmal raffiniert wird und deswegen seine braune Farbe beibehält, allerdings ist er heller als Vollrohrzucker.

Den weißen Zucker gewinnt man, indem man den Saft zuckerhaltiger Pflanzen (oft Zuckerrüben oder Zuckerrohr) eindampft und den dabei entstandenen dickflüssigen Brei in Zentrifugen schleudert. Bei diesem Vorgang werden die Zuckerkristalle von der zähflüssigen Melasse getrennt. Anschließend löst man die Zuckerkristalle auf und lässt sie erneut kristallisieren. Dadurch werden sie sehr rein und weiß. Das ist der raffinierte weiße Zucker, auch Kristallzucker genannt, der überall zu kaufen ist. 

Im Gegensatz dazu ist Vollrohrzucker rötlich-braun, weil er Melasse enthält und gekocht wurde. Er wird in der Regel in Form von festen Blöcken oder groben Partikeln, in Herstellerländern teilweise aber auch in flüssiger Form angeboten.

Vollrohrzucker ist rötlich-braun und hat eine intensivere Farbe als brauner Zucker (links). Foto: iStock

Vollrohrzucker als traditionelles Heilmittel

Das erste Mal gelangte Vollrohrzucker nach dem Eroberungsfeldzug Alexanders des Großen nach Europa. Er war ein teures und seltenes Importgut, das vor allem medizinisch genutzt wurde.

Die traditionelle chinesische Medizin sieht im Vollrohrzucker ein wärmendes und tonisierendes Lebensmittel. In Li Shizhens „Bencao gangmu“ („Das Buch heilender Kräuter“) aus dem 16. Jahrhundert heißt es, dass brauner Zucker „die Milz harmonisiert und die Leber beruhigt“. Laut dem Buch „Truth-Seeking Herbal Foundation“ kann er „das Blut nähren, die Blutzirkulation verbessern und Verstopfungen der Kollateralen [Nebengefäße] beseitigen“.

Eine ähnliche Ansicht vertritt die traditionelle indische Ayurveda-Medizin. Ihr zufolge kann Vollrohrzucker Migräne sowie Hals- und Lungeninfektionen heilen. In der indischen Unani-Medizin, die auf der antiken griechischen Medizin basiert, gilt er als Abführ- und harntreibendes Mittel, Aphrodisiakum und Lungenheilmittel. Außerdem ist er gut für die Leber und wurde traditionell bei abgemagerten Personen zur Gewichtszunahme eingesetzt.

Traditionell wird Vollrohrzucker in Blöcke oder Pralinenform gepresst. Foto: iStock

Positive Wirkungen auf die Gesundheit

Vollrohrzucker ist voll an Nährstoffen. Er enthält mehr Eisen als raffinierter Zucker und auch Selen, das ein Insulinmimetikum ist, also ein Wirkstoff, der die gleiche Wirkung wie Insulin hat. Überdies gehören Mineralien wie Kalzium, Magnesium und Zink zu seinen Inhaltsstoffen. Auch sind verschiedene Antioxidantien wie Syringaresinol, Coniferylalkohol und Sinapylalkohol in ihm zu finden.

Ferner beinhaltet er zwanzig Aminosäuren, darunter Gamma-Aminobuttersäure. Sie ist ein wichtiger Neurotransmitter, der die Neurotransmission regulieren kann sowie die Entwicklung und Entspannung von Neuronen fördern und Schlaflosigkeit und Depressionen vorbeugen kann.

Policosanole sind ebenfalls in Vollrohrzucker enthalten und haben cholesterin- und lipidsenkende Eigenschaften. Die Umwandlung von Zucker in Essigsäure im Magen erhöht die Enzymaktivität, was die Verdauung verbessert und den Appetit anregt.

Tierversuche zeigen, dass Vollrohrzucker die durch Arsen verursachte Chromosomenanomalie in den Zellen wirksam hemmt, was zur Vorbeugung und Behandlung von Arsenikose (Arsenvergiftung) beiträgt.

Laut einer systematischen Übersichtsstudie, in der die Forscher 46 Studien zu Vollrohrzucker analysierten, hat diese Zuckerart viele positive Eigenschaften. Zu den am häufigsten erwähnten gehören:

  • immunologische Wirkungen (26 Prozent aller Studien), 
  • antitoxische und zytoprotektive Wirkungen (22 Prozent), 
  • antikariogene Wirkungen (15 Prozent) und 
  • Wirkungen auf Diabetes und Bluthochdruck (11 Prozent).

Zucker ist kein Grundnahrungsmittel

Unabhängig von diesen gesundheitlichen Vorteilen von Vollrohrzucker sollte nicht vergessen werden: Auch „gesunder“ Zucker bleibt immer Zucker und ist bei übermäßigem Konsum ungesund. 

Der Ökotrophologin Dagmar von Cramm zufolge haben Zuckeralternativen wie Vollrohrzucker aber einen Vorteil: Sie sind viel teurer als der raffinierte Zucker.

„Das führt dazu, dass man sie eher als Gewürz einsetzt und sie zu schätzen weiß, so wie das vor vielen hundert Jahren mit unserem Zucker auch war. Da war er nämlich etwas Kostbares“ und kein Grundnahrungsmittel, so die Ernährungs- und Haushaltswissenschaftlerin in einem Video.

Wer seiner Gesundheit also etwas Gutes tun will, sollte nicht nur zu Zuckeralternativen greifen, sondern den Zuckerkonsum reduzieren oder ganz auf Zucker verzichten.

(Mit Material von Epoch Times US)



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