„Eine Form der Anarchie“ in Frankreich: Wenn Kriminalität im Migrationsbereich banalisiert wird

Wenn jemand vor Gericht steht und bereits 15 Verurteilungen habe, von denen „keine einzige vollstreckt wurde“, dann ist das ein Problem. Das sagt ein bekannter Rechtsanwalt Frankreichs. Eine bedenkliche Tendenz, die die öffentliche Sicherheit in Frankreich bedroht.
Beamte stehen 2016 am Tatort in Magnanville bei Paris.
Polizeibeamte an einem Tatort in Magnanville bei Paris.Foto: Thibault Camus/AP/dpa
Von 18. November 2023

Junge Richter in Frankreich zeigen eine wachsende Tendenz, Straftaten von Menschen mit Migrationshintergrund zu entkriminalisieren. Der angesehene französische Rechtsanwalt Régis de Castelnau hat in einem Interview mit der französischen Epoch Times diese problematische Entwicklung und ihre Auswirkungen auf das Rechtssystem beleuchtet.

Castelnau sagt: „Es gibt eine Opferideologie – sie sind Opfer eines Herrschaftssystems, sie sind Opfer der Schlepper, sie sind Opfer ihrer eigenen Illusionen, also verfolgt man sie in diesem Fall nicht.“

Für ihn ist dieses Phänomen in ideologischen Sichtweisen und mangelnder Berufserfahrung verwurzelt. „Von dieser ideologischen Sichtweise der Nachsicht gegenüber diesen Tätergruppen müssen wir uns lösen“, sagt er. Ein Einbruch würde beispielsweise als „nichts“ angesehen, egal ob es ein Trauma für die Opfer sei.

Nachsicht gegenüber den Tätern

Diese strafrechtliche Reaktion sei problematisch. Die Frage sei, ob Straftaten, die zur Alltagskriminalität gehören, wie Sachbeschädigung, Körperverletzung oder alltägliche Gewalt, eine schnelle strafrechtliche Reaktion erfordern oder nicht.

Wenn jemand vor Gericht stehe und bereits 15 Verurteilungen habe, von denen keine einzige vollstreckt wurde, dann sei das ein Problem, so de Castelnau.

Die Nichtvollstreckung von Strafen sei Realität. Eine mögliche Lösung wäre der Bau neuer Gefängnisse. Man müsse zumindest den Versuch unternehmen, auch wenn dies neue Schwierigkeiten mit sich bringe, da niemand ein Gefängnis in seiner Nähe haben wolle.

Diese Themen hat Régis de Castelnau, der auch Autor mehrerer Bücher ist und einen Rechtsblog, den YouTube-Kanal sowie die Website „Vu du droit“ betreibt, bereits in mehreren Medien angesprochen. Castelnau wurde 1950 in Rabat (Marokko) geboren. Er stammt aus einer alten Adelsfamilie aus Rouergue. Zwischen 1972 und 2017 führte er seine eigene Anwaltskanzlei in Frankreich, 1988 wurde er als Ritter der Ehrenlegion ausgezeichnet. Er ist bekannt für seine Beteiligung an politischen und rechtlichen Diskussionen sowie für seine Mitwirkung an verschiedenen Medienplattformen.

Die verbotenen Pro-Palästina-Demonstrationen

Kürzlich kam es in Paris zu Demonstrationen zur Unterstützung Palästinas. Die Strategie des Polizeipräfekten von Paris, Gérald Darmanin, war, diese zu verbieten. De Castelnau sieht darin einen doppelten Fehler.

Ein Fehler bestehe darin, die Meinungsfreiheit zu missachten. Das Recht auf freie Meinungsäußerung sei absolut, es sei denn, ein höheres Interesse erlaube ein Verbot, das dann vom Richter überprüft werden könne, so der Rechtsanwalt.

Bei der Demonstration, die unter anderem am 13. November auf dem Place de la République stattfand und an der viele Menschen teilnahmen, seien zwar Slogans gerufen worden, aber die Äußerung dieser Slogans stelle nicht von vornherein eine Störung der öffentlichen Ordnung mit der Gefahr von Zusammenstößen dar.

Der zweite Fehler bestehe darin, dass die französische Regierung Partei ergreife. Sie sage der Bevölkerung, dass sie nicht das Recht habe, Palästina zu unterstützen, und dass die einzige akzeptable Unterstützung die Unterstützung Israels sei, obwohl beide Meinungen vollkommen legal seien.

Das habe „erstaunliche Ausmaße“ angenommen, erinnert er. Beispielsweise habe Senator Karoutchi unter dem Jubel des Senats zur Premierministerin gesagt: „Sie müssen diejenigen, die den Staat Israel nicht unterstützen, streng bestrafen.“

Der Rechtsexperte stellt fest: „Es ist nicht nur nicht erlaubt, Palästina durch Demonstrationen zu unterstützen, sondern man ist unter Strafandrohung auch noch gezwungen, den Staat Israel zu unterstützen.“ In Frankreich, das die größte jüdische Gemeinde in Europa und die größte muslimische Gemeinde in Europa hat, sei dies ein politischer Fehler.

Nationales Bildungssystem: „Praktisch zusammengebrochen“

Der öffentliche Raum werde vernachlässigt, konstatiert Régis de Castelnau – „mangels Mitteln, mangels politischen Willens, mangels Behandlung der Einwanderungsfrage“. Aus Sicht der Verwaltung der öffentlichen Sicherheit sei die Lage mittlerweile „katastrophal“. 

Auch die Schulen seien vernachlässigt worden, so der Rechtsanwalt. Viele Bereiche des nationalen Bildungswesens seien „praktisch verwahrlost“. Es gebe eine ideologische und religiöse Anfechtung und Ablehnung der Unterrichtsinhalte.

Die nationale Bildung ist praktisch zusammengebrochen.“

Innenstädte: „Eine Form der Anarchie“

In den Innenstädten der großen französischen Metropolen gebe es heute neue Formen von Kriminalität. Aufgrund der Vernachlässigung des öffentlichen Raums durch den Staat komme es zur Installation „einer Form von Anarchie“, so der Rechtsexperte. Dies habe sich vergangene Woche im Fall von Argenteuil gezeigt.

Was geschah in Argenteuil? In der Geriatrie des Krankenhauses von Argenteuil wurden eine 93-jährige und eine 95-jährige Frau sexuell angegriffen. Der Täter war ein bekannter Wiederholungstäter. Die 93-Jährige starb innerhalb einer Stunde, die 95-Jährige ein paar Tage später.

„Können Sie sich vorstellen, wie das Lebensende dieser Menschen aussieht, wenn sie von jemandem so angegriffen werden, der ein Wiederholungstäter ist? Und welche Auswirkungen es auf die Familien hat, dass er festgenommen wurde, die Taten zugegeben hat und von der Staatsanwaltschaft wieder auf freien Fuß gesetzt wurde?“

Die französischen Richter sollten nicht unüberlegt vorgehen. Er warnt vor einer „Leichtfertigkeit der Richterschaft gegenüber dem Gerechtigkeitsempfinden des französischen Volkes.“

Für ihn spielt die Ausbildung von Richtern und Staatsanwälte eine große Rolle für den derzeitigen desolaten Zustand der öffentlichen Sicherheit. 

Eine „Zunft, die Moralunterricht erteilt“

Seit 1958 lernt die französische Richterschaft in der „École de la magistrature“ (ENM). Es ist die einzige Ausbildungseinrichtung für Richter und Staatsanwälte in Frankreich, sie befindet sich in Bordeaux und Paris. Jährlich werden etwa 500 potenzielle Richter und Staatsanwälte rekrutiert. 

De Castelnau spitzt zu: Diese Studenten würden in Bordeaux in eine Schule „eingesperrt“, wo sie drei Jahre gemeinsam miteinander verbringen. „Sie treffen sich untereinander, sie heiraten untereinander und dann, am Ende dieser Schule, kommen sie mit 25-26 Jahren mit einer Lizenz zum Richten heraus.“ 

Sie würden sich nur in diesem soziologischen Kontext entwickeln und eine bestimmte Sicht auf die Gesellschaft haben. Er spricht scherzhaft davon, dass sie „alle Abonnenten von ‚Libération‘ und ‚Télérama‘“ sind. Das französische Medium „Libération“ ist bekannt für seine linke politische Ausrichtung, „Télérama“ ist ein französisches Wochenmagazin, das sich auf Kulturberichterstattung spezialisiert hat.

Doch damit wüssten die Absolventen nicht, wie die Gesellschaft funktioniere, auch die Wirtschaftswelt sei ihnen zumeist fremd. Man habe dann „eine Zunft, die sich in einer Art Ghetto befindet und der Ansicht ist, sie habe dem Land Moralunterricht zu erteilen“.

De Castelnau nennt ein Beispiel: Ein Richter äußerte kürzlich in den sozialen Medien eine Meinung, die ziemlich einwanderungsfeindlich war. Er hätte das nicht tun dürfen, da Richter und Staatsanwälte zur Zurückhaltung verpflichtet seien. Er wurde sofort abgesetzt. Andererseits gebe es professionelle Richter, die öffentlich absolut gegenteilige Positionen einnähmen – und dort geschehe nichts. Damit gebe es keine Neutralität.

Es habe eine „Ideologisierung der Justiz“ stattgefunden. Die Justiz sehe sich mittlerweile als politische Macht. De Castelnau ist der Meinung, dass Richtern auch verboten werden sollte, den meist linken Gewerkschaften beizutreten.

Und schließlich sollte zumindest die Hälfte der angehenden Richter und Staatsanwälte aus der Zivilgesellschaft stammen – mit Erfahrungen im täglichen sozialen Leben. Dazu schaut er nach Großbritannien: „Englische Richter sind zum Beispiel Rechtsanwälte, die bereits 15 bis 20 Jahre im Beruf sind. Nur die Besten werden Richter.“

Das vollständige Interview mit Régis de Castelnau kann hier nachgelesen werden.



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